7. Kapitel: "Alle meine Freunde raten, dich mir aus dem Kopf zu schlagen."

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Die Treppen hoch zu ihrer Wohnung im Dachgeschoss sind mir noch vertraut. Ich war zweimal hier, einmal zur Einweihungsparty ihrer WG und das zweite Mal, als der ganze Wahnsinn mit ihr seinen Anfang nahm. Als Mika mir die Tür öffnet, blinzle ich überrascht. Mit ihm habe ich nicht gerechnet. Urplötzlich schießen mir Paris Worte durch den Kopf, dass ich nichts verwechseln soll; dass ich nicht ihr Typ bin, er hingegen schon. Er ist hochgewachsen, hat blonde Haare, grüne Augen und die Aura der Sympathie wabert um ihn. Nicht zu Unrecht, er ist tatsächlich ein netter Kerl. Scheinbar kann er das besser nach außen transportieren als ich.
„Hey, Alter", besinne ich mich und begrüße ihn mit einem Handschlag. „Das ist deins." Ich gebe ihm sein T-Shirt. „Ich hab's gewaschen", füge ich noch hinzu.
„Danke, Mann", meint Mika. Er mustert mich und ich versuche den Anflug von Mitleid in seinem Blick zu ignorieren. „Wie geht's?", fragt er.
„Beschissen", erwidere ich ehrlich. „Hey, ich hab noch was für Pari dabei. Hab ich zu Hause im Flur gefunden."
„Ich kann's ihr weiterreichen", schlägt er hilfsbereit vor, doch ich schüttle den Kopf.
„Nichts für ungut, ich überreiche es ihr lieber selbst ..." Ich durchstreife mit den Augen den Flur hinter ihm, bevor ich Mika wieder fragend ins Gesicht schaue. „Wo ist sie? Sie hat mich doch unten reingelassen." Es nervt mich, dass Pari mich so auflaufen lässt. Traut sie sich nicht jetzt mal mehr, mir gegenüberzutreten?

„Was willst du mir geben?", erklingt ihre Stimme auf einmal und ich sehe, wie sie schüchtern den Kopf durch die angelehnte Tür ihres Zimmers reckt. Ihre Haare sind nach dem Föhnen voluminös, ihr Fuß mit den weiß lackierten Nägeln ist nackt und der Anhänger der filigranen Goldkette, die sich um ihren Hals windet, verschwindet in ihrem Ausschnitt. Das Holz der Tür verdeckt ihre pure Schönheit und ich schlucke unwillkürlich. „Ich bin gerade im Bademantel von der Dusche zur Tür gehetzt. Darf ich mich vielleicht noch anziehen?", fragt sie mich abgehetzt. Ihr Kopf verschwindet wieder, die Tür lässt sie einen winzigen Spaltbreit offen. Ich höre ihren Kleiderschrank klappern.
Knapp zwei Minuten später hat sie ihre braunen Haare zu einem tief liegenden Pferdeschwanz zusammengebunden und steht in einem Kleid vor mir, dessen grüner Farbton verwaschen wirkt. Die Ärmel erinnern an die Blätter von großen Zimmerpflanzen und der v-förmige Ausschnitt gibt etwas mehr von ihren Brüsten preis, als ich gerade zu ertragen bereit bin. Ihre Wangen glühen rot und ihre Lippen glänzen verführerisch. An ihren geschwungenen Wimpern kleben die Reste schwarzer Mascara in kleinen Klümpchen. Ihre Kaminfeuer-Augen haben nichts von ihrer schwindelerregenden Wirkung auf mich eingebüßt. Eine Skepsis-Falte bildet sich zwischen ihren akkurat gezupften Brauen. Mir wird heiß, ich sollte aufhören, sie so anzustarren. Deshalb taste ich in der hinteren Tasche meiner Jeans nach dem Fund, den ich gemacht habe und halte ihr das rote Höschen vor die Nase. Ihre Miene verfinstert sich schlagartig.

„Der lag hinter der Kommode", zeige ich auf den Tanga. Pari sieht kurz zur Seite, die Lippen fest aufeinandergepresst.
„Super, und warum zeigst du mir den?", fragt sie und schaut mir dabei bemüht fest in die Augen.
„Das ist doch deiner", sage ich, will ihn ihr überhelfen, aber sie tritt einen Schritt zurück.
„Nein, das ist nicht meiner. Viel Glück bei deiner Suche nach der Höschen-Cinderella, ich bin's jedenfalls nicht." Sie wendet sich ab. Ich werfe Mika einen hilfesuchenden Blick zu, aber der zuckt lediglich ratlos die Achseln.
„Wem soll der denn sonst gehören?", rufe ich, bevor Pari sich in die Küche verziehen kann.
Ihre Hand erstarrt auf der Klinke.
„Tut mir leid, da fragst du die Falsche. Vielleicht gehört er Monika oder Julia oder Paula", zählt sie bissig irgendwelche Frauennamen auf, die ihr in den Sinn kommen und ich rolle mit den Augen.
„Ich hatte nichts mit 'ner anderen,"
„Dann ist das deiner?", fragt sie mich spitz.
„Willst du mich verarschen? Du hast einen, der sieht genauso aus", sage ich und betrete unaufgefordert die Wohnung.
„Wow, okay", murmelt Mika, der sich wohl gerade entschieden hat, dass er doch nicht wissen möchte, was seine Mitbewohnerin so drunter trägt. „Das ist mein Stichwort, ich bin dann mal weg. Ich stand eh schon viel zu lang hier, macht das unter euch aus." Er verschwindet in sein Zimmer und ich folge Pari indes in die Küche.

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