Der Weg über die Steinstufen des Tempodroms runter zur S-Bahn macht mich kirre. Eine Welt bricht in mir zusammen, aber im Außen bleibt alles unverändert. Im Gegensatz zu sonst stolpere ich eher vor mich hin, als zielstrebig zu laufen. Jeden Moment müsste mir der Boden unter den Füßen wegbrechen. Wieso bin ich unvollständig und kaputt, aber alles um mich herum ist ganz? Die Wut macht mich zittrig, meine Fäuste sind geballt und ich muss einen düsteren Anblick abgeben; zumindest wenn man der Mutter mit dem kleinen Mädchen an der Hand Glauben schenken darf, die ihre Tochter schützend näher zu sich zieht, kaum dass unsere Blicke sich gekreuzt haben. Woher soll sie wissen, dass ich gut mit Kindern kann? So sehe ich schließlich nicht aus. Aber ich sehe ja auch nach nichts aus, was ich bin. Zu viele Tattoos, zu viele Muskeln, um nicht grobschlächtig rüberzukommen.
Ich könnte mich um ein Lächeln bemühen. Sie anzulächeln hat mir bei Pari immer geholfen. Mein Lächeln war der einzige Fuß, den ich je bei ihr in die Tür kriegen konnte ... Bringt mir jetzt nur nichts mehr. Die Frau und ihr Kind sind weg. Die Tür ist zu. Genau wie bei Pari.
Was ist das für eine krude, abgefuckte Scheiße, warum glaubt eigentlich jede Frau, dass sie sowas mit mir anstellen könnte und ungeschoren davonkommt? Ich höre Vincent in meinem Kopf schon höhnen: „Weil du's ihnen tatsächlich durchgehen lässt, Diggi, du bist zu gut für diese Welt." Er hat ja recht damit. Ich führe keine Rachefeldzüge, gegen niemanden. Pari hat keine Vergeltung von meiner Seite zu befürchten, aber Vergebung sollte sie ebenso wenig erwarten. Gerade jetzt, in diesem Moment, fühlt es sich an, als ich könnte ich ihr das nie verzeihen.
Freunde bleiben ... Das ist kein Vorschlag, das ist ein Schlag ins Gesicht mit dem Vorschlaghammer.
Aus Versehen, weil ich nicht darauf geachtet habe, wohin ich gehe, remple ich auf der Treppe nach oben zu den Gleisen einen Typen an, der nur ein paar Jahre jünger als ich ist. Er erkennt mich, ich sehe es in seinen Augen aufblitzen und verfluche wieder mal die Berühmtheit, die Vincent und ich uns über die Jahre schleichend aufgebaut haben. Manchmal hat man einfach nicht die Nerven, mit Fans auf der Straße zu quatschen. Heute ist der falsche Tag dafür – Heute ist der falsche Tag für alles.
Ich drängle mich an dem jungen Mann vorbei und ziehe mir die Kapuze meines Hoodies über den Kopf. Hoffentlich redet er sich schnell ein, die Begegnung mit mir wäre Einbildung gewesen. Mit einem Satz springe ich durch die Türen der Ringbahn, die sich gerade schließen, dann falle ich mit den Rücken gegen das Fensterglas, schließe die Augen und atme aus. Ich versuche mich zu beruhigen, aber es fällt mir unfassbar schwer, meine überschäumenden Emotionen in den Griff zu kriegen. Allen voran diese Wut, die mich antreibt und aufstachelt, mich verleiten will, die Scheibe, gegen die ich mich lehne, mit der bloßen Faust zu zertrümmern. Wenn der in mir keimende Hass auf Pari wenigstens die Liebe zu ihr auslöschen würde, wäre mir wahrscheinlich längst geholfen. Denn könnte ich sie hassen, wäre sie mir wenigstens irgendwann egal. Geduld war noch nie meine Schwäche. Aber Hass ist eben auch nicht das einzige ist, was ich in Bezug auf Pari empfinde.
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Escape the Friendzone
Fiksi Penggemar~ Auf der Suche nach uns selbst, kann uns niemand begleiten. ~ Pari hat Dag in die Friendzone abgeschoben. Oder zumindest hat sie es versucht. Denn er hat sie einfach stehenlassen und nun herrscht Funkstille zwischen den beiden. Dag hat genug von Pa...