Mir ist bewusst, wie falsch das gerade ist, dass ich meinen Redeschwall nicht stoppen kann. Es sollte nicht ausschließlich um mich gehen, Vincent und ich müssten abwechselnd über unsere Gefühle sprechen, aber die Worte sprudeln nur so aus mir heraus. Ich laufe über vor Schmerz, den ich irgendwie versuche, in sinnvolle Sätze zu verpacken, bis ich nicht mehr weiß, worüber ich eigentlich noch rede. Paris Namen auszusprechen tut unfassbar weh, aber er rollt noch immer über meine Lippen als wäre nichts geschehen. Das Stechen im Herzen setzt erst danach ein, dafür dann aber in voller Intensität.
„Weißt du was?", unterbricht mein Kumpel mich irgendwann. Ich kann nicht genau sagen, wie lange am Stück ich geredet habe. Auf jeden Fall war das zu viel. „Du bist ein schlechter Freund", nimmt Vincent kein Blatt vor den Mund.
„Ich –", setze ich zu einer lahmen Verteidigung an. Er erhebt sich, schwankt ein wenig, dann bleibt er stabil vor mir stehen.
„Ich werde mich in meinem Schlafzimmer einschließen", verkündet er. Mit dem Zeigefinger deutet er auf die Flasche Cognac, die wir vorhin angebrochen haben und die inzwischen halbleer ist. „Damit. Aber ohne dich." Vincents Zeigefinger schwenkt vom Cognac rüber zu mir. „Du quatschst mich nämlich zu Tode und wenn ich tot bin, kann ich keinen Alkohol mehr trinken. Und bevor du was dazu sagst: Nein. Das wäre überhaupt nicht besser so für mich. Es wäre beschissen. Ich müsste wieder an meine Ex-Freundin denken, wenn ich nicht trinken würde und das würde mich noch trauriger machen."
„Wenn du tot bist, denkst du an niemanden mehr", lasse ich eine sachliche Bemerkung fallen.
Vincent zieht die Augenbrauen zusammen und schielt auf mich herab.
„Ich sollte wohl auf dich hören. Im An-niemanden-mehr-Denken bist du echter Fachmann, was, Dag?"
„Whynee, jetzt warte", versuche ich ihn aufzuhalten, aber er sucht das Weite und die Tür zu seinem Schlafzimmer knallt hinter ihm zu.
Da sitze ich. Allein auf der Couch meines besten Freundes, der nicht mit mir reden will, weil ich ihn echt enttäuscht habe.
Kurz keimt Hoffnung in mir auf, als die Tür rechts von mir wieder aufgeht.
„Ich wollte nicht mit der Tür knallen", stellt Vincent klar, bevor er sie ein zweites Mal schließt. Diesmal leise. Und endgültig.Anklopfen hilft nicht.
„Vincent", rufe ich. „Das ist doch albern, komm da raus."
„Warum muss ich denn dabei sein, wenn du deine Monologe führst?", schallt es von drinnen zurück.
„Weil du mein Freund und für mich da bist?", formuliere ich den Fakt als Frage.
„Einseitig funktioniert das aber nicht", grummelt Vincent .
„Ach, komm. Was soll ich deiner Meinung nach denn dagegen tun, dass ich mich wie ein Häufchen Elend fühle?"
„Dag?"
Seiner Stimme nach zu urteilen muss er direkt hinter der Tür stehen.
„Ja?"
„Ich liebe dich wie einen Bruder. Aber bitte verpiss dich. Du könntest deine Scheiße bei mir abladen, wenn ich gerade den Kopf dafür freihätte. Ich hab aber eigene Kacke an der Backe und für die hast du den Kopf nicht frei. Du redest an mir vorbei und ich kann nichts dazu sagen, weil meine Hirnwindungen so verklebt sind von irgendwelchen dummen Gedanken und Erinnerungen an Charlotte, dass ich dir nicht mal zuhören kann. Ich geb mir Mühe, deine Geschichte mit Pari nachzuvollziehen, aber ich schaff's einfach nicht."Ich lehne mich mit dem Rücken gegen die Tür und seufze.
„Wo soll ich denn hin damit, wenn nicht zu dir?"
„Kein Plan, Alter. Ich weiß auch nicht, wo ich mit meinem Liebeskummer hinsoll, außer zu dir."
Ich sollte mich tatsächlich auf den Weg machen. Wir können uns nicht unterstützen, wozu also der Aufwand?
„Ist beschissen zurzeit", gebe ich ein finales Statement ab.
„Ich weiß auch nicht, wieso Frauen so anstrengend sein müssen."
Ich lache leise.„Whynee?"
„Hm?"
„Ich liebe dich."„Du bist auch die Liebe meines Lebens, Bruder. Aber hast du nichts aus dem Dilemma mit Zwerg Nase gelernt? Wirf besser nicht mehr mit solchen Geständnissen um dich. Nicht jede Olle nimmt das so gut auf wie ich."
Ich schließe die Augen, aber das Lächeln breitet sich trotzdem auf meinen Zügen aus.
„Tschüss, Vincent", verabschiede ich mich.
„Morgen rufe ich dich an, wehe du gehst nicht ran", droht er.
„Wenn ich nicht rangehe, musst du dich wohl zur Abwechslung mal zu mir bequemen."
„Lass mich nicht hängen, Dicka, sonst bin ich sauer auf dich."
„Bist du nie. An manchen Tagen meckerst du, an anderen nicht und die letzteren sind mir lieber."
„Verpiss dich endlich."
„Bis morgen!" Ich ziehe die Wohnungstür hinter mir zu.
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Escape the Friendzone
Fanfic~ Auf der Suche nach uns selbst, kann uns niemand begleiten. ~ Pari hat Dag in die Friendzone abgeschoben. Oder zumindest hat sie es versucht. Denn er hat sie einfach stehenlassen und nun herrscht Funkstille zwischen den beiden. Dag hat genug von Pa...