Eros

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Sicht: Manu

Nach Silvester wurde es Zombey zu viel und er schleppte mich gemeinsam mit Maudado in einen Club. Er meinte, dass ich mal wieder außerhalb von den Lesungen unter Leute müsse und ich endlich wieder etwas Spaß haben sollte.
Dass ich erst an Weihnachten meine Familie gesehen hatte und die ja wohl auch Leute sind, ließ er nicht gelten. Dazu kam, dass ich die meiste Zeit in meinem Zimmer verbringe. Ich sollte mal wieder ausgehen.

Um ehrlich zu sein, war ich nicht wegen der Trennung die ganze Zeit in meinem Zimmer, sondern eher, weil ich zu faul bin, um rauszugehen und ich mich aufs Lernen fokussiert habe. Immerhin sollte ich ja auch meine neu gewonnene Zeit als Single ja dann auch irgendwie nutzen, oder?

Jedenfalls war ich über Tim so gut wie weg. Ich war in so einer Phase, wo ich nichts von ihm hören wollte. Von ihm persönlich hörte ich ja sowieso nichts mehr. Da war das dann auch nicht allzu schwer.

Für eine neue Beziehung war es zu früh. Das hatte auch Micha zum Glück direkt verstanden, während er mich in den Club drückte. Er meinte auch, dass er mir nicht direkt den nächsten Typen andrehen wollte, wie er es nannte, sondern dass ich einfach nur etwas Spaß haben sollte. Feiern, leben und neue Leute kennen lernen - das sollte ich heute tun.

Im Club spielten relativ gute Lieder, was zwar schonmal gut war, aber es nervte mich auch. Wären sie schlecht gewesen, hätte ich eine Ausrede dafür gehabt, nicht zu tanzen oder den Club wieder zu verlassen.

„Lasst uns erstmal was trinken, ja?", schlug Micha vor. Maurice und ich willigten ein und schon standen wir an der Bar. Wir standen da, tranken unsere Getränke und als wir sie ausgetrunken hatten, standen wir immer noch da. Maurice und Micha sahen zur Tanzfläche und irgendwie fühlte ich mich wie das dritte Rad am Wagen. Das war ich doch auch oder nicht?

„Geht doch ruhig tanzen", meinte ich zu den zwei lächelnd, „Ich setz mich da hinten in die Ecke, da ist's ruhig und ihr könnt mich trotzdem noch sehen." Ich zeigte auf die Sitzecke, die ich meinte und nachdem ich sie überzeugte, dass es für mich wirklich kein Problem war, ließen sie mich gehen und bewegten sich auf die Tanzfläche zu.

Erleichtert setzte ich mich hin und sah der Menge beim Tanzen zu. Sie tanzten, eng aneinander, bewegten sich zur Musik, lachten und küssten sich. Letzteres taten zwar nicht alle, aber doch einige. Manche hätten dafür auch ruhig auch woanders hingehen können.
Aus der Richtung der Toiletten hörte ich ein Schluchzen und Weinen. Dazu eine Stimme, die wohl auf die weinende Person versuchte einzureden.
Weil ich von Geheule schon genug hatte, sah ich mich lieber wieder weiter um.

Auf einmal hatte ich mit einem Rotschopf Augenkontakt. Schnell sah ich zur Seite, doch trotzdem kam er auf mich zu. „Darf ich mich zu dir setzen?", fragte er höflich. Ich sah ihn an. Er lächelte nur leicht, seine Haare hingen ihm etwas ins Gesicht, weil er eine dieser typischen 2000er Emo Frisuren trug. Allerdings passte er sonst nicht so ganz ins Emo-Schema. Keine Piercings, kein Eyeliner und auch seine Kleidung passte nicht wirklich. Er mochte wohl einfach diese Frisur.

Ich nickte und machte etwas Platz, sodass er sich neben mich setzen konnte. „Ich bin Eros", stellte er sich vor. Eros... So hieß doch der Gott der Liebe!
„Manuel", antwortete ich knapp und fügte direkt noch hinzu: „Deine Eltern mussten dich wirklich lieben; warum nennt man sein Kind sonst bitte nach dem Gott der Liebe?" Eros lachte etwas und zuckte mit den Schultern. „Ach, ich hab aufgehört mich darüber aufzuregen, dass ich nicht wie jeder andere Lukas oder Leon oder Jonas heiße. Man gewöhnt sich dran, weißt du?" Da hatte er wohl recht. Aber sobald man die griechischen Götter im Geschichtsunterricht durchnimmt, wird es doch etwas unangenehm.

„Lieber Eros als Kevin", meinte er noch grinsend. Da stimmte ich ihm nickend zu. Der Name Kevin hatte nun wirklich keinen guten Ruf. Schade, eigentlich.

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