Der 31. Mai

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Sicht: Bergi

Ich machte mich bereit zu klingeln. Mein Finger zitterte leicht, als ich die Taste drückte und auf das Surren wartete. Nervös zupfte ich an meinem Hemd herum. Ich ließ es locker über meine Jeans hängen und hatte eine normale Jacke an, kein Sacko oder so. Das Hemd trug ich eigentlich nur, weil mir ein einfaches Shirt zu underdressed vorkam und Hemden eigentlich nie verkehrt sind. Hemden kann man einfach so unterschiedlich tragen und sie wirken dadurch so anders.

Meine Hemd-Gedanken wurden von dem Freigabeton der Tür gestört. Mein Kopf fühlte sich wie Watte an, während ich die Stufen erklomm. Mit jedem Schritt bin ich ihm näher.

Seit dem Date hatten wir uns nur noch ein paar Male gesehen, aber nicht wirklich lange. Es kam einfach immer was dazwischen.

Dario stand in der Tür zu seiner Wohnung. Er wurde rot und begann zu strahlen, sobald er mich sah. Mir ging es genauso. Die Watte in meinem Kopf manifestierte sich auf eine seltsame Weise; sie war immer noch weich, aber viel dichter, sorgte für mehr Chaos in mir.

Wir umarmten uns – Er drückte mich feste an sich, ich drückte ihn feste an mich. „Alles Gute, Dario!" Jetzt dauerte die Umarmung eine Sekunde zu lang um nur unter Freunden zu sein, was es nur noch trauriger machte, als Dario sich von mir löste. Aber einen nächsten Drücker von ihm bekam ich kurz danach, als ich ihm sein Geschenk überreicht hatte.

Er führte mich in seine Wohnung. Direkt gegenüber der Tür war eine Wand, an der die Garderobe befestigt war und den kurzen Gang, den sie bildete, führte in die Wohn-Ess-Küche. Die Wohnung war nicht gerade groß, aber gemütlich und das liebte ich. Wohnungen oder Häuser müssen nicht groß sein, damit ich sie mag.

„Mach's dir auf dem Sofa bequem", bat mich Dario. „Ich hole uns was zu trinken. Erstmal Wasser, nehme ich an?"
„Ja, bitte!"
Er kam schnell wieder und setzte sich neben mich. Sein Geschenk hatte er auf dem Couchtisch abgestellt. Aber das schien ihn eher weniger zu interessieren.

„Also", sagte ich.
„Also", wiederholte er, lächelnd.
„Dein 20. und du feierst mit mir alleine, mit einem Glas Wasser."
Dario lachte und spielte mit seinem Zeigefinger. „Sieht so aus, was?"

Ich sah ihn einfach nur an, dachte darüber nach, wie schön er ist und wie verrückt er mich macht. Er wurde rot, was mich grinsen ließ.
„Lach nicht so!", bat Dario, selber lachend.
„Wenn du jedes Mal so rot wirst, wenn ich dich angucke – was soll ich dann machen?"
Er zuckte mit den Schultern und kratzte sich am Arm. „Vielleicht solltest du mich dann nicht mehr so angucken, ganz einfach."
„Okay, dann schau ich dich nicht mehr an."
Ich drehte mich etwas von ihm weg, nahm einen Schluck von meinem Wasser und sah zur Decke. „Besser?" Meine ernste Miene zerfiel innerhalb von Sekunden und ich musste lachen. Es war einfach nicht möglich, nicht zu lachen oder zumindest zu grinsen und zu lächeln.

Dario seufzte: „Du bist echt unverbesserlich, Tim."
Ich drehte mich wieder zu ihm. „Aber das liebst du an mir, oder?"
Wieder lachte er. „Natürlich!"

Als er aufhörte zu lachen sahen wir uns in die Augen. Er errötete erneut, sah aber nicht weg.
„Du bist echt süß, wenn du so rot wirst."
Er begann zu grinsen, sah noch immer nicht weg.
Mein Herz schlug schneller. Ich rückte etwas zu ihm, beugte mich nach vorne. Seine Augen weiteten sich, doch er wich nicht weg. Wir waren uns ganz nah. Ich sah ihm nochmal in die Augen, ehe ich meine schloss und ihn küsste.

Ich legte meine Hand an seinen Hals und er fasste sie mit seiner. Sanft erwiderte er den Kuss, beförderte mich damit auf Wolke 7.
Wir lösten uns, strahlten den jeweils anderen an.

„Hey", murmelte ich, nach ein paar Sekunden oder Minuten oder Ewigkeiten der Stille.
„Hey", murmelte er zurück.

Jetzt beugte er sich zu mir und küsste mich. Der Kuss ging länger als der andere und meiner Meinung nach hätten wir auch gar nicht erst aufhören müssen. Aber Sauerstoffbedarf ist leider ein Ding.

Die Uni verändert einenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt