Manu ist anders

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Sicht: Patrick

Der Sommer ist schrecklich, aber wenigstens muss ich mittlerweile nicht mehr in der Küche schwitzen, sondern darf mich mit den Kunden zum Mitnehmen herumschlagen. Der ständige Kundenkontakt ist zwar auch nicht ohne, aber der heiße Dampf bei ohnehin schon viel zu hohen Temperaturen ist kaum aushaltbar.

Der Juli ist heißer als der Juni und ich fieberte auf die 16 Uhr hin. Meine Arbeitszeit begann seit ein paar Wochen schon um 8 Uhr morgens, aber dafür hatte ich dementsprechend früher frei. Meistens verbrachte ich die gewonnene Zeit mit Manu und häufig auch zusammen mit Maudado und Zombey.

Wir hatten uns heute wieder zu viert für nachher verabredet. Ich wollte uns Eis fertig machen und dann wollten wir Mario Party spielen. Manu und ich haben es schon so oft gespielt, dass wir Zombey und Maudado in so gut wie allen Minispielen haushoch abzogen. Im Grunde genommen ist der Kampf um Platz 1 in den Minigames nur ein Fight zwischen ihm und mir.

Ich hatte mit meinem Chef schon abgesprochen, dass ich gerne Eis mitnehmen würde und es schon bevor die Arbeit anfing zur Seite gelegt, damit ich es jetzt nur noch mitnehmen brauchte. Ich verabschiedete mich von meinen Kollegen und quetschte mich aus der Tür, in der eine lange Schlange an Kunden stand, heraus. Sofort hielt ich nach dem Braunschopf mit grünen Augen Ausschau. Er wollte mich zu seiner und Zombeys Wohnung begleiten. Endlich entdeckte ich ihn. Er stand nicht weit von der Tür entfernt und unterhielt sich mit zwei großen Männern, beide waren ungefähr so groß wie Maudado. Einer war dunkelblond und der andere braunhaarig. Unbeirrt ging ich auf sie zu. Manu bemerkte mich und machte direkt Platz für mich, sodass ich mich zu ihnen stellen konnte. Ich grüßte in die Runde, wurde zurückgegrüßt und schon stellte Manu uns gegenseitig vor: „Tim und Dario, das ist Patrick. Patrick, das sind Tim und Dario." Es war einer dieser Momente, wo man nicht wusste, ob man sich die Hände reichte oder nicht, doch zum Glück entschieden wir uns simultan dafür, es sein komplett zu lassen und bei einer verbalen Begrüßung zu bleiben. Wir tauschten die üblichen Floskeln wie „Schön dich kennenzulernen" aus und das wars.

„Tim und ich sind, äh", Manu sah kurz zu dem Dunkelblonden, als würde er sehr vorsichtig mit seiner Wortwahl sein wollen. „Wir sind alte Freunde aus der Schulzeit noch."
Tim kratzte sich daraufhin am Kopf und erst jetzt bemerkte ich, dass seine Hand vorher mit der von Dario verschränkt war. Sie sind wohl zusammen.

„Ja, nur durch das Studium haben wir nach und nach den Kontakt zueinander verloren", erzählte der Dunkelblonde, mit einen betont traurig wirkenden Gesichtsausdruck in Richtung Manu zeigend. Der funkelte ihn an, stimmte aber mit einem Brummen zu. „So ist das mit guten Schulfreunden manchmal, nicht wahr?", meinte er dann. Ich nickte. „Ich hab auch nur noch mit ein paar Kumpels aus der Schule wirklich engen Kontakt, aber ist ja cool wenn man noch in derselben Stadt wohnt. Da kann man sich ja das ein oder andere Mal noch per Zufall über den Weg laufen." Ich erhielt Zuspruch und unmittelbar danach beendete Manu das Gespräch damit, dass wir uns ja wegen der Eisbechern beeilen müssten. Wir verabschiedeten uns und ich hätte nicht verwirrter sein können. Manus Drang aufzubrechen glich fast einer Flucht.

„Wart ihr früher eng befreundet?" Er vermied es, zu mir zu gucken, als hätte ich ihn bei irgendwas ertappt und er fuhr sich durch seine langen Haare. „Ähm, ja, waren wir", antwortete er nuschelnd.
„Ist irgendwas passiert zwischen euch, ein Streit oder sowas oder warum hat das eben sich so angespürt als hätten du und Tim aufeinander losgehen können?" Ich lachte ein bisschen, um die Stimmung nicht zu vermiesen, aber das war sowieso egal, denn Manu blockte das Thema ab, indem er meinte, dass das eine lange Geschichte sei, die er mir irgendwann anders mal erzählen könne.

Wir schwiegen den restlichen Weg zu ihm. Ich wollte ihn nicht stören, weil er so nachdenklich wirkte. Ob er daran dachte, was auch immer zwischen ihnen passiert ist? Wenn ich ehrlich war, dann interessierte es mich schon, was gewesen ist, aber ich wollte nicht respektlos sein, also sagte ich nichts. Er würde mir schon was sagen, wenn es wichtig wäre und er wollen würde, dass ich davon erfuhr.

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