☆ Es tut mir Leid ☆

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Sicht: Manuel

Tim und ich saßen auf seiner Couch. Es war schon recht dunkel und es regnete auch etwas. Ein typischer September Abend in Köln halt.

Wir diskutierten gerade über die Uni. Es war nicht das erste Mal, dass wir uns darüber unterhielten, aber heute war es kein richtiges Gespräch.
Tim wirkte nervös. Die letzten Tage verhielt er sich schon so angespannt und distanziert. Er schob das immer auf das anstehende Praxissemester, aber ich bezweifelte, dass ihn das wirklich so sehr aus der Bahn werfen kann.

,,Was ist eigentlich los?", fragte ich ihn etwas aufgebracht. Meine Besorgnis kam immer mehr hoch. So langsam bekam ich das Gefühl, dass er nicht unbedingt über das Studium reden wollte. Irgendetwas anderes bedrückte ihn.

Auf meine Frage hin seufzte er, spielte an seiner Hand herum und sah mir erst gar nicht in die Augen. ,,Ich weiß nicht, wie ich damit anfangen soll...", antwortete er dann. Kurz schluckte er, richtete seinen Blick dann wieder zu mir. Er drückte Dringlichkeit aus, was in meinem Kopf sofort für das Klingeln von Alarmsirenen sorgte. So dringlich war noch nie sein Blick, es musste also wirklich etwas markerschütterndes für ihn sein.

,,Ich hab kaum mehr Zeit für dich und obwohl ich schon so viel ins Lernen investiere, komme ich kaum hinterher! Wir machen kaum mehr was zusammen!" Er gestikulierte verzweifelt, raufte sich die Haare. Sein Anblick machte mich fertig.

Er zeigte zu seinem Zimmer. ,,Meistens sitze ich hier oben, versuche alles irgendwie zu lernen und demnächst muss ich auch noch Unterrichtsstunden vorbereiten! Ich- Ich pack das alles nicht!" Niedergeschlagen legte er sein Gesicht in seine Hände und beugte sich nach vorne, so dass seine Ellenbogen auf seinen Knien abgestützt waren. Ich hatte ihn noch nie so erlebt.

Ich rutschte näher zu ihm, legte mitfühlend eine Hand auf seinen Arm. Er wirkte plötzlich so weit von mir entfernt. Und das machte mir verdammt viel Angst!

,,Ich bin ein schrecklicher Freund! Manu wann waren wir zuletzt weg? Wann sind wir das letzte Mal ausgegangen? Wann hatten wir das letzte Mal einen entspannten Abend?", sagte er nun. Sein Gesicht hatte er wieder hochgehoben und sah mich zutiefst traurig und entschlossen an. Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte.

Kennt ihr diesen Moment, in dem man einzig anhand des Blicks eines Menschens seine nächste Handlung erkennt? So einen Moment hatte ich zu dem Zeitpunkt. Ob es so besser war oder nicht, kann ich nicht ganz sagen. Das einzige, was ich sagen kann ist, dass ich so oder so die nächsten Tage wie ein seelenloser gewirkt hätte.

Voller Hoffnung, ich könnte diesen umwerfenden Jungen noch irgendwie umstimmen und sein Vorhaben verhindern, sprach ich zu ihm mit beginnender bebender Stimme: ,,Ich kann mit dir lernen! Ich kann öfter zu dir kommen! Ich kann wenn es nötig ist, zu dir ziehen! Es gibt immer einen Ausweg." Einige Tränen stiegen mir in die Augen und ich lehnte mich vorsichtig an den Dunkelblonden. Dieser lächelte freudlos und löste sanft meine Umklammerung. ,,Es tut mir Leid, Manu." Er sah mir direkt in die Augen. Auch seine füllten sich mit Tränen, aber er ließ sie nicht fließen. Ihm fiel es schwer, weshalb ich mich fragte, warum er uns dann nicht noch eine Chance gab. Ich fragte mich, ob er wirklich ein so rational denkender Mensch war. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, mir Rosen in meiner Lieblingsfarbe zu kaufen! Niemals könnte er so rational denken.

,,Ich kann nicht der sein, der ich gerne für dich sein würde, aber vielleicht kann das ein anderer?", meinte er wehmütig. ,,Vielleicht kann ein anderer dir das geben, der sein, den du verdienst. Denn du verdienst einen Freund, der nicht nur Zeit für sich nimmt, sondern sich auch ausreichend um dich sorgt. Nicht so wie ich." Tim grinste selbstironisch, was er zwar oft tat, aber es war nicht so humoristisch wie sonst. Man sah ihm an, dass er nicht stolz auf sich war, eher im Gegenteil; er würde sich am liebsten selber schlagen.

Die Uni verändert einenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt