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(Ich würde euch sehr empfehlen, beide Lieder beim Lesen anzuhören (das zweite ab der Stelle an der es eingefügt ist). Ich hätte vermutlich jedes Kapitel mit Taylor Swift Songs schmücken können, aber das wollte ich niemandem antun)

tonight I'm gonna dance for all that we've been through / but I don't wanna dance if I'm not dancing with you - Holy Ground, Taylor Swift

19:23

Sie sind zwanzig Minuten zu spät, als sie das Zimmer verlassen. Aber 20 Minuten sind eine gute Verspätung. Denn niemand hätte es ihnen abgekauft, wenn sie pünktlich unten gewesen wären. Florence kann sich nicht an eine Veranstaltung erinnern, an der sie nur zwanzig Minuten zu spät waren.

Und Harry sieht ziemlich fantastisch aus in seinem Anzug. Florence hat ihn vorher noch nicht gesehen, doch trotzdem hätte sie ihr gesamtes Geld darauf verwettet, dass es kein einfacher schwarzer Smoking ist, den Mrs. George verlangt hat. Und sie hätte gewonnen (auch wenn die Wettquoten nicht auf ihrer Seite gewesen wären). Der Anzug ist weiß und ist mit unterschiedlichen schwarz-weißen Blumenprints bestickt.

Obwohl er gekauft wurde, um die Veranstaltung ins Lächerliche zu ziehen, muss sich Florence auf die Lippe beißen und dabei ihren frisch gezogenen roten Lippenstift zerstören, als er in dem Anzug aus dem Badezimmer kommt.

Er sieht unglaublich gut aus!

Die Maske, die die Hälfte seines Gesichts verdeckt ist komplett schwarz, abgesehen von der einen kleinen roten Blume neben seinem rechten Auge.

Sie passt zu ihrer eigenen, die blutrot ist abgesehen von der kleinen weißen Rose neben ihrem linken Auge.

"Können wir?", fragt Harry und greift nach ihrer Tasche, die nun komplett vollgestopft aussieht und ihr Handy ist noch nicht einmal drin.

"Kannst du das vielleicht nehmen?", fragt sie und es ist eine Verantwortung mit der sie sich nicht sicher ist, ob sie sie ihm geben will. Aber viel anderes bleibt ihr womöglich nicht übrig. Denn alles, was in der Tasche ist, will sie ihm noch viel weniger zeigen. "Aber nicht stalken."

Florence hat die Nachrichten, die alle noch auf ihrem Handy eingetrudelt sind, selbst nicht mehr angeschaut. Sie weiß, dass es nichts Gutes sein kann.

Harry schüttelt nur grinsend den Kopf, bevor er es entgegen nimmt und in sein Jackett gleiten lässt. "Meinen Rucksack lass ich einfach hier, oder?"

Florence nickt und checkt ihr Aussehen ein letztes Mal im Spiegel. Das Lächeln auf ihren Lippen sieht so echt aus, dass sie sich sicher ist, das niemand erkennen wird wie falsch es ist.

Lustig, oder? Wie schnell man beide Extremen faken kann. Lachen und Weinen, so perfektioniert, dass niemand sich vorstellen kann, dass sie falsch sind.

"Du siehst gut aus", sagt er und sie kann sein Lächeln im Spiegel sehen. Die Augen verdrehend dreht sie sich zu ihm um und hält ihm den Arm hin. Es ist unnötig das zu sagen. Ein belangenloser Akt der Höflichkeit an seinem besten Tag. Sie weiß, dass und er weiß, dass sie es weiß.

"Du willst, dass ich's noch mal durchgehe, oder?", Harry sagt das, als würden sie sich schon ewig kennen. Und nicht gerade zum ersten Mal und auch gleichzeitig zum letzten Mal miteinander einen Abend verbringen. Er sagt es mit dieser Selbstverständlichkeit, die Florence nur von sich selbst kennt. Unwillkürlich fragt sie sich, ob sie bereits auf ihn abfärbt, oder ob er immer so ist.

Denn auch wenn sie es keiner Menschenseele sagen würde, sie kann ihn überhaupt nicht einschätzen. Harry hat diese trauriger Junge Ausstrahlung, als würde er eine dunkle Wolke mit sich herumtragen. Doch dann reißt er seine unwitzigen Witze, die ihm nicht stehen und hat dieses Selbstbewusstsein in Klamotten, die nicht ihm gehören und absolut idiotisch an ihm aussehen sollten.

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