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there's a mountaintop that I'm dreaming of / if you need me you know where I'll be - Shotgun, George Ezra

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Florence öffnet die Tür und die kühle Luft schlägt ihr entgegen. Sie trägt nun Harrys schwarzen Pulli und eine viel zu weite Jogginghose, die sie mit der Kordel des Pullis festgebunden hat.

Obwohl es Anfang September und tagsüber noch überraschend warm ist, ist es inzwischen doch kälter, als sie erwartet hat und nun ist sie doch dankbar, dass sie kein anderes Oberteil mehr in ihrem Hotelzimmer gefunden hat.

Ganz automatisch bildet sich bei dem Anblick ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Es ist noch nixhr komplett dunkel geworden, aber schon dunkel genug, dass es schön aussieht.

„Sicher, dass wir hier sein dürfen? Das ist jetzt das dritte ‚BETRETEN VERBOTEN'-Schild, das ich sehe."

Florence verdreht nur die Augen. Harry will sie nur aufziehen und vor allem ablenken, aber es ist so offensichtlich, dass sie sich das Grinsen sowieso nicht verkneifen könnte.

Er hat nicht mehr probiert, sie offensichtlich auf ihre Panikattacke anzusprechen, nachdem sie in ihr Hotelzimmer gegangen sind, worüber Florence auch mehr als dankbar ist. Aber die kleinen, unauffälligen Hinweise entgehen ihr trotzdem nicht. Dennoch reagiert sie nicht darauf. Denn alles, was Florence will, ist diesen unglaublich peinlichen Moment am liebsten einfach zu vergessen.

„Halt die Klappe und ruinier's nicht", grinst Florence und sie weiß, dass es sich komplett bescheuert und viel zu romantisch anhört, aber das hier ist definitiv ihr liebster Platz in ganz San Francisco.

„Was soll ich nicht ruinieren?", jetzt kommt Harry an ihr vorbei und auch wenn er es definitiv schon vor ihr hätte sehen können, da sie nun mit ihren Turnschuhen um einiges kleiner ist als er, und schaut sich um.

„Eh, Florence? Das ist hier ist einfach nur ein Dach", er dreht sich zu ihr um und Florence verdreht nur die Augen.

Natürlich versteht er das nicht.

„Du schaust nicht richtig hin", erklärt sie ihm, stellt den Eimer, der immer neben der Tür steht so vor sie, dass sie nicht zufallen kann und schließt damit auch fast alles Licht aus dem Flur vom Dach aus.

Stolz läuft sie an Harry vorbei und ihr Lächeln wird immer breiter, je mehr sie sehen kann. „Du musst dir das hier anschauen."

Sie hört Harrys Schritte hinter sich und eigentlich will sie seine Reaktion sehen. Aber sie kann ihren Blick einfach nicht davon abwenden. Jedes Mal, wenn sie es sieht, passiert das und Florence erinnert sich zwar nicht daran, wie sie das erste Mal auf diesem Dach gewesen ist, aber sie glaubt auch nicht, dass es einen großartigen Unterschied macht. Denn jedes andere Mal war für sie genauso überwältigend.

Als Florence die ersten Nächte in San Francisco verbracht hatte, war sie traurig gewesen, dass sie keine Sterne mehr sehen konnte. Natürlich hatte sie vorher gewusst, dass man sie in Städten nicht sah, aber was Florence nicht gewusst hatte, war wie sehr sie die Sterne vermissen würde. Sie war es gewohnt, dass man sie durch ihr Fenster sehen konnte und es praktisch nie komplett finster war. Dieses angenehme Licht war jahrelang Teil ihrer Einschlafatmosphäre gewesen und dann war es auf einmal weg gewesen. Anders als die ersten Nächte in Robbies Apartment.

Das erste Mal, dass sie zusammen hier oben gewesen waren, war sie komplett betrunken gewesen und wusste wirklich gar nichts mehr davon. Aber Maisey hatte ihr erzählt, dass Robbie sie auf das Dach geschleift hatte mit den Worten: „Hier das sind die Sterne der Städte."

Und danach hatten sie immer mit offenen Vorhängen geschlafen, damit Florence wenigstens mit den Stadtsternen einschlafen konnte.

Ein klein wenig Trauer mischt sich unter das wohlige Gefühl in ihrem Magen, wenn sie daran denkt. Aber Florence bemüht sich dieses so tief in ihrem Unterbewusstsein zu verstecken, wie ihre Panikattacke vor wenigen Minuten.

Reallife Art // h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt