Confided ghosts

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Als ich aufwachte, schien Licht von draußen in die Höhle. Ich fühlte mich super. So gut hatte ich lange nicht geschlafen. Obwohl ich mitten in einer Höhle geschlafen hatte. Sachen gibts.

Vielleicht lag es ja aber an Jaden, in deren Armen ich immer noch lag. Ich beobachtete ihn von der Seite. Sein Brustkorb hob und senkte sich. Ganz friedlich lag er da. Ich musste lächeln. Dann befreite ich mich von seiner Umarmung und schlich aus der Höhle.

Ich musste meine Augen kurz abschirmen, um etwas sehen zu können. Ich betrachtete meine Umgebung. Alles wurde von Sonnenlicht ausgestrahlt. Ich rief mich zur Besinnung. Von wegen Sonnenlicht! Mondlicht! Ich schaute  in den Himmel. Und tatsächlich: Von dort oben leuchtet der Mond hell wie eine Sonne auf mich herab. Es ist also doch nicht den ganzen Tag... Nacht?!

Es ist nicht die ganze Zeit dunkel. So.

Ich betrachtete meine Umgebung. Jetzt sah man die Details des Waldes noch viel besser als vorher. Ich musste Jaden wecken. Wer weiß, wie lange es noch so hell ist. Diesen Vorteil musste man doch nutzen.

Da nahm ich auf einmal ein Glitzern aus der Ferne war. Ein Haus? Wasser? Ich lauschte. Und erschrak.

Eigentlich hatte ich das Rauschen eines Bachs erwartet. Nicht, das ich ihn nicht hörte. Aber da war noch etwas anderes. Stimmen. Aber von wem? Wir waren weit vom Rebellenlager entfernt. Ob das... die Anhänger meines Vaters waren? Aber so weit waren wir noch gar nicht gelaufen? Sollte... sollte ich mal nachsehen gehen?

Schließlich siegte die Neugier und ich tat genau das, was ich nicht machen sollte: Ich lief unbewaffnet und ziemlich orientierungslos Richtung Fluss.

Dort angekommen versteckte ich mich hinter ein paar rosa blühenden Büschen und lauschte. Die Stimmen waren nun lauter und verständlicher. Man konnte jedes Wort verstehen.

"Wann sollten wir wieder im Dorf sein?"

"Ich glaub, wenn es dunkel wird, haben die Erwachsenen gesagt."

"Da haben wir ja noch Zeit. Mein Blumenkranz ist noch nicht fertig."

Ich glaubte es nicht. Das waren Kinder! Ich hatte alles erwartet, aber keine Kinder. Von den Stimmen her klang es, als wären sie zwischen vier und zehn Jahren alt. Ich hörte weiter ihrem Gespräch zu.

"Manno. Ich krieg das nicht hin. Blöde Blumen."

"An den Blumen wird das nicht liegen."

"Ach, hör nicht auf ihn. Warte ich helfe dir."

"Danke, Jaden!"

JADEN?!

Langsam hob ich meinen Kopf und traute meinen Augen nicht. Dort saßen vier Kinder im Alter von vier bis zehn und versuchten, Blumenkränze zu flechten! Und einer davon sah aus wie die Kinderausgabe von Jaden! Ich beschloss näher heran zu gehen. Schritt für Schritt tappte ich auf den kleinen Trupp zu.
Und dann trat ich auf einen Ast.

Verdammt! Sowas passierte eigentlich nur in Trickfilmen, oder? Und dann entdecken die bösen Monster einen und kommen langsam auf dich zu und du schreist... und dann wird die Werbung eingeblendet.

Hier gab es aber keine Werbung oder Monster. Die Kinder entdeckten mich noch nicht einmal. Etwas irritiert ging ich weiter bis ich direkt neben ihnen am Flussbett stand. Keine Reaktion. Ich machte mich bemerkbar.

"Äh, hallo?"

Nichts.

"Jaden?"

Rein gar nichts.

"Jaden!"

Ich wollte ihn antippen, aber meine Hand glitt durch ihn hindurch. Ich zuckte verdutzt zurück. Jaden flimmerte auf wie ein Geist. Erst jetzt bemerkte ich es. Er und alle anderen waren durchsichtig! Langsam entfernte ich mich wieder Schritt für Schritt von ihnen. Es war mir zu unheimlich. Viel zu unheimlich.

Da legte sich auf einmal eine Hand auf meinen Kopf.

Erst zuckte ich zusammen, rein aus Reflex. Dann sprach eine Frauenstimme hinter mir.

"Du musst keine Angst haben."

"Hab ich aber.", erwiderte ich und kam mir irgendwie blöd vor. Sollte ich jetzt nicht schreiend wegrennen? Aber da war so ein vertrautes Gefühl tief in mir...

"Es sind nur Geister der Vergangenheit."

"Geister der Vergangenheit?" Jetzt drehte ich mich um. Eine Frau, ebenso durchsichtig wie die Kinder, mit langen, hellblonden Haaren und einem wunderschönen minz-türkisem Kleid stand vor mir. Ich erkannte sie sofort.

"Mutter.", hauchte ich. Sie lächelte mich an.

"Schön, das du mich erkennst." Sie zeigte auf ein kleines Mädchen mit blonden Haaren."Erkennst du sie auch?"

Ich betrachtete das Mädchen. Es hatte die gleiche Haarfarbe wie ich. Auch ihre Nase und das helle, flimmernde Grün ihrer Augen, welches sie unglaublich vertrauenserweckend scheinen ließ, kam mir unheimlich bekannt vor.

"D-das bin ich.", stammelte ich. Ehrlich gesagt wusste ich nicht was mir mehr zu schaffen machte. Das Auftauchen meiner eigentlich toten Mutter oder mich als Mini-Geister-Ausgabe zu sehen. Aber meine Mutter ließ sich nicht beirren.

"Ja,", sagte sie, "das bist du. Mein kleines Mädchen. Du bist so gewachsen." Sie betrachtete mich mit einem traurigem Lächeln. "Ich hätte dich so gern weiter aufwachsen sehen. Doch dein Vater hinderte mich daran."

Jetzt flimmerte der Gedanke in mir auf, dass das alles hier nur ein Fake sein könnte. Allerdings war ich in dem Moment so geschockt, dass ich kein Wort des Widerspruches aus mich heraus bekam. Dafür war das hier zu echt.

"Mein...Vater. Was können wir gegen ihn tun Mutter?" Ich war froh, mein Stottern unter Kontrolle gebracht zu haben.

"Ihr? Gar nichts. Nur du, Luna. Mein letzter Wunsch an deinen Bruder war es, dich zu beschützen. Aber nur du kannst die größte Gefahr, deinen Vater,  aufhalten."

"Ich? Ich kann gar nichts. Außer diese blöden Fähigkeiten habe ich ja noch nicht mal etwas, womit ich mich wehren könnte. Und die weiß ich nicht einzusetzen." Ich hielt den Kopf gesenkt, damit man meine Augen nicht sah.

Meine Mutter lachte. "Komm mal mit."

Sie führte mich flussaufwärts und mit jedem Meter wurden die Kinderstimmen langsam leiser.  Ich nutzte unser Schweigen, um nachzudenken. Geister der Vergangenheit? Heißt das, Jaden und ich haben wirklich als wir klein waren dort gesessen und Blumenkränze geflochten? Heimlich verglich ich die Kinderfotos des Mädchens, welches Jaden durch mich ersetzt hatte, mit meinem Aussehen in dem Alter. Einige Details waren gleich, doch das meiste Verschieden. Wir hätten Schwestern sein können, Halbschwestern vielleicht, aber nie und nimmer ein und dieselbe Person. Ich frage mich, warum das nie jemanden wirklich aufgefallen war.

Mutter lotste mich hinter einen Wasserfall, in eine kleine, feuchte Höhle.
In einer Ecke, nah am Eingang, stand an die Höhlenwand gelehnt ein silber- leuchtendes Schwert mit lila Griff und einem kleinen funkelndem Edelstein daram. Es fiel im ersten Moment gar nicht auf, denn das Schwert sah tatsächlich etwas verloren aus, so einfach an die Wand gelehnt. Ich sah Mutter fragen an.

"Nimm es.", forderte sie mich auf.

Ich tat wie mir geheißen und nahm es in die Hand. Es war gar nicht so schwer wie es aussah und erstaunlich handlich.
"Diese Schwert ist ein altes Familienerbstück und heilig. Ich versteckte es hier, hier war es vor deinem Vater sicher. Ich will, dass du es bekommst."

"D-danke." Na super. Jetzt fing das Stottern wieder an. Ein heiliges Schwert? Warum kam mir das nicht mehr verrückt vor? Ich nahm die Schwerthülle, die neben dem Schwert an die Wand gelehnt hatte, und befestigte sie an meiner Hose. Dann steckte ich das Schwert hinein. So. Dieses himmelheilige Schwert gehörte jetzt mir. Allerdings fühlte es sich aus irgendeinem Grund falsch an, es zu tragen.

"Geh nun zu deinem Bruder. Er sucht dich schon. Und vergiss nicht. Du bist etwas ganz Besonderes. Leugne deine Fähigkeiten und Gefühle nicht. Sie machen dich zu dem, der du bist." Ich drehte mich um, doch meine Mutter war schon verschwunden. Ein paar Sekunden stand ich als Salzsäule erstarrt vor dem rauschendem Wasser des Wasserfalls, dann kam ich in die Realität zurück. Jaden sucht mich? Verdammt, wie lange war ich wohl weg gewesen? Ich rannte hinaus.

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Kapitelname: Vertraute Geister

Nightwatchers - Secret enemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt