Thoughts of similar minds

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Wir brauchten nicht lang, dann hatten wir Jaden gefunden. Er stand etwas abseits des Geschehens und sprach mit Ana's Vater. Als er mich sah, breitete er die Arme aus und ich lief hinein.
"Hey Luna! Und, hattest du Spaß?" Er hockte sich hin und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
"Ja!", gab ich zurück und wischte mir über die Stirn. "Schlafen wir heute hier?"
Anscheinend etwas verwirrt über meinen plötzlichen Themawechsel antwortete er: "Ja... woher weißt du das?"
"Warum?", fragte ich, statt ihm zu antworten.
Er strich mir eine Sträne aus dem Gesicht. "Gefällt es dir hier nicht?"
"Das beantwortet nicht meine Frage."
Jaden seufzte und fuhr sich durch die Haare, was gleichzeitig blöd aber auch irgendwie niedlich aussah. "Ich... die Truppe von Waldgeister die uns hier hergebracht hatte, haben herausgefunden, dass man schon nach uns sucht. Beziehungsweise Vaters Leute." Er seufzte. "Ich dachte, es ist sicherer wenn wir für einen Nacht hier bleiben."

Ich nickte zögernd. Ich wusste wieder nicht was genau ich fühlen sollte. Ein Mann, der mein Vater sein soll. Und er sucht uns. Nicht, weil er sich Sorgen macht. Nein, so ist er nicht. Er ist böse. Er will uns aus dem Verkehr ziehen. Jedenfalls Jaden. Mich will er nur, um auch meine Kräfte zu haben. Er will, das ich die Seite wechsel. Böse werde. Oder will er mich umbringen, weil ich nicht mehr beeinflussbar bin? Ich bin schließlich vierzehn und keine sechs mehr. Will er mich wirklich töten? Ich wusste es nicht. Ich kannte ihn nicht.
Aber war das jetzt gut oder schlecht?

Ich war nun den Tränen nahe und ließ mich gegen Jaden fallen. Etwas unbeholfen fing er mich auf und umarmte mich.
"Keine Angst, Luna. Er kriegt dich nicht."
Das es nicht das war, was mich so aus der Fassung brachte, erzählte ich ihm nicht. Noch nicht.

Auch Ana machte sich jetzt Sorgen über mich. Sie führte uns zu unserem Zimmer, welches ganz oben im Palast war, und fragte mich noch hundertmal, ob es mir wirklich gut ginge. Ich bejahte jedes mal. Foreè lief die ganze Zeit mit gesenkten Lidern neben uns her (oder hatte er die Augen ganz zu? Ich wartete die ganze Zeit, ob er gegen einen Baum läuft). Oben angekommen schob Ana uns in das Zimmer.
"Und pass ja auf sie auf", sagte sie noch zu Jaden. Mit 'sie' meinte sie mich. "Auf mich muss man nicht aufpassen...", murmelte ich, während ich mich mit starrem Blick im Zimmer umschaute. Aber Ana war längst draußen.
Jaden stellte seinen Rucksack auf einen kleinen Holzstuhl. Das Zimmer war viereckig, ungefähr 7*6 Meter groß mit einem schmalen Windfang, in dem ich immer noch stand. Als ich aus ihm hinaus trat, sah ich noch eine kleine Tür, rechts von mir. Das Bad, vermutlich. Das einzige Fenster hatte kurze weiße Großmuttergardinen und keine Rollos, dafür waren links und rechts von ihm zwei große, dunkle Tücher aufgehängt. Die Einrichtung war eher spärlich. Neben dem Holzstuhl stand nur noch ein riesiges Himmelbett und zwei kleine Nachttische im Raum, und eine Lampe baumelte von der Decke. Jaden ließ sich auf die violett bezogene Decke des Bettes fallen. "Ein Himmelbett, cool. Himmlisch."

Ich schmunzelte, streifte mir meine Jacke und das Schwert ab, schmiss sie auf den Stuhl und legte mich neben ihn. "Ja. Besser als jedes Vier-Sterne-Hotel."
"Bitte? Was ist ein..."
"Kennst du nicht."
Jaden gab keine Antwort, sondern seufzte nur tief und schloss die Augen. Wir schwiegen für eine kleine Weile.

"Ich hätte dich nie in diese Welt bringen dürfen.", brach Jaden schließlich das Schweigen. Ich sah zu ihm auf, sofern das im Liegen möglich war.
"Also mir gefällt es hier."
"Das mag sein. Bis jetzt ist es ja auch noch nicht gefährlich geworden.". Er machte die Augen auf. Sie flackerten unschlüssig.
"Und selbst wenn, wenn du mich nicht hierhergebracht hättest, hätte ich dich nie kennen gelernt. Oder jedenfalls meine Erinnerungen wieder bekommen.", erwiderte ich etwas trotzig.
"Das wäre dir doch egal gewesen. Du würdest ja nicht mal von meiner Existenz wissen." Jadens Stimme klang traurig. Ich spürte einen Kloß in meinem Hals.
"Jaden..." So gern hätte ich etwas erwidert, das ihn aufmuntern würde. Aber die Worte ergaben sich einfach nicht. Ich hätte ihn auch einfach umarmen können. Aber auch das schien unmöglich. Es war, als wäre er auf einmal ganz weit weg. Und wieder schossen mir Tränen in die Augen.

Ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen. Einen Schluchzer unterdrückend, sah ich zum Fenster hinaus. Der Mond hatte sein sonnenähnliches Strahlen längst verloren. Silbern durchdrang sein Licht die Fensterscheibe und leuchtete mich herausfordernd an. 'Was ist?' , schien er zu sagen, 'Warum sagst du nichts?'
Ich seufzte und erhob mich. "Ich geh Zähne putzen."
"Mmh", brummte Jaden nur. Im nächsten Moment stand ich schon im Bad.

Es war ein sauberes kleines Zimmer mit weißen Kacheln und einem Waschbecken mit Spiegel. Erst, als ich vor ihm stand, ging mir auf, dass wir ja gar keine Zahnbürsten mithatten. Also spülte ich meinen Finger ab und benutzte ihn als Zahnbürste. Dann wusch ich mir meine Arme und Beine und mein Gesicht, so gut es eben ging. Schade, dass es hier keine Dusche gab. Die hätte ich jetzt gut gebrauchen können.
Als ich wieder hinausging, lag Jaden oben ohne und schon mit aufgeschlagener Decke im Bett. Seinen Pullover hatte er neben den Rucksack geworfen. Er lächelte mich müde an. Ich lächelte wahrscheinlich genauso müde zurück.
"Dafür, das wir keine Zahnbürsten mithaben, warst du ganz schön lange im Bad.", sagte Jaden. Ich zuckte mit den Schultern und legte mich neben ihn, deckte mich aber noch nicht zu. Wir schwiegen wieder eine Weile. Dann ergriff ich schließlich das Wort.

"Wenn du mich nicht wieder hierhergebracht hättest, müsstest du das ganze jetzt alleine durchziehen."
Jaden nickte. Doch bevor er noch etwas dazufügen konnte, sprach ich weiter.
"Und rein theoretisch gesehen, hast du mich ja gerettet, denn wenn du mich nicht mit in deine... Rebellenbasis genommen hättest, hätten Vaters Leute mich entführt und mit hierhergenommen. Fazit: Ich wäre so oder so in meiner Heimat", das Wort betonte ich ganz besonders, "gelandet. Punkt."
Jaden nickte abermals, diesmal aber etwas vorsichtiger. "Stimmt. So hatte ich das noch gar nicht betrachtet."
"Siehste!", gab ich zurück, rollte mich herum, legte mein Arm um seine Taille und meinen Kopf auf seine Brust. "Und jetzt schlaf, du philosophierender Halbidiot!"
Jaden legte erst seinen Kopf schief, nahm dann meine Hand und nahm mich auf einmal fest in den Arm. Sein lautes Auflachen trug eine seutliche Spur Erleichterung in sich.
"Gott, Luna!!". Er drückte mich noch etwas fester an sich. "Wenn ich dich nicht hätte!"
Ich erwiderte seine Umarmung. "...würde in 5 Nächten wahrscheinlich die Welt untergehen. Ich liebe dich auch."
Und so schliefen wir dann ein. Ganz friedlich, so als würden wir uns schon ewig kennen, hörten wir gegenseitig unserem Herzschlag zu.


Doch die Ruhe hielt nicht lang an. Nach nur ungefähr zwei Stunden Schlaf wurde ich von einem ohrenbetäubendem Knall geweckt. Sofort saß ich aufrecht im Bett. "J-Jaden?
Hast du das gehört?"
"Ja." Mein Bruder saß bereits alarmbereit neben mir. "Hab ich. Und es bedeutet nichts Gutes."

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Kapitelname: Gedanken ähnlicher Köpfe

Nightwatchers - Secret enemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt