What makes a murderer

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Jaden fand es nicht ungewöhnlich, dass ich unserer verstorbenen Mutter begegnet war. Er sagte nur trocken, er hätte "mit so etwas gerechnet". Dennoch hatte er das ohne viel Freude gesagt. Ich denke, er wäre Mutter gern auch noch mal begegnet. Doch ich ging nicht weiter auf das Thema ein. Wir mussten weiter.                                                                       
Inzwischen war es wieder dunkel geworden. Wir folgten dem plätschernden Fluss. Er hatte in der Dunkelheit ein gespenstiges Leuchten angenommen und drohte jeden in seinem tiefschwarzen Sud zu verschlucken, der ihm zu nahe kam.

Ob darin Fische leben können? Mir ist kalt.

Ich schlang die Arme wärmend um mich. Das Schwert baumelte an meiner Hüfte und schlug mir immer wieder gegen mein Bein. Ich hatte Jaden gesagt, das ich keine Kampferfahrungen habe und mit diesem Ding überhaupt nichts anfangen kann.

"Doch das kannst du.", hatte er daraufhin etwas barsch geantwortet. "Das wirst du auch merken, wenn du es wirklich brauchst. Wie mit deinen Kräften. Wenn du sie kontrollieren kannst, wirst du auch dieses Schwert zu führen wissen. "

"Ich glaube, ich will es gar nicht führen können, geschweige denn benutzen.", hatte ich erwidert. Danach hatte ich eigentlich eine Antwort von Jaden erwartet. Doch er hatte nur bitter vor sich hingestarrt. Ich denke, heute ist einfach nicht sein Tag. Doch das machte auch mich richtig nervös. Ich hatte gehofft, ich kann mich mit ihm vernünftig unterhalten. Mit Betonung auf vernünftig.
Nach gerade mal einer Stunde kontinuierlichen Schweigens war es mir dann zu blöd. Ich setzte mich auf einen Findling nahe einer Tanne und schwieg. Jaden blieb stehen, sah mich mit einem überrascht-genervten Gesicht an, seufzte und setzte sich dann mir gegenüber auf einen Baumstumpf.

"Was ist los?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Nichts? Gut dann können wir ja weiter, oder?"


"Nein.", sagte ich etwas entschlossener als ich beabsichtigte. "Es... macht einfach keinen Spaß mit jemandem zu laufen, der die ganze Zeit vor sich hinglotzt als wäre er stinkwütend auf mich."
Jaden nickte nur. Wahrscheinlich hatte er das längst bemerkt, schließlich konnte er ja... Gedankenlesen? Blutbändigen? Beides? Ich komme mir langsam wirklich vor wie in einer schlechten Werwolf-Wattpad-Story.

"Tut mir leid", hob Jaden an. "Ich..." Er brach den Satz mit einem Seufzen ab. "Gott, wir klingen irgendwie wie ein altes Ehepaar, oder?"

Hä? Wollte er jetzt ablenken, oder... Doch bei diesem Gedanken merkte ich auf einmal wie Recht er hatte. Ich prustete los. Er lachte mit.


"Genau! Wir sind ein uraltes, miesepetriges Ehepaar, das sich im Wald verlaufen hat!"


"Im Wald verlaufen? Das haben wir doch nicht wirklich, oder?" Unsicher sah ich Jaden an.


"Na ja..." Unsicher fuhr sich mein Bruder mit der Hand in den Nacken. "Ungefähr hier beginnt der Teil des Waldes in dem weder du noch ich je waren. Einfach aus dem Grund, weil man vom Dorf aus Stunden gebraucht hat um hierher zu gelangen. Aber wenn wir dem Fluss folgen, kann uns nichts passieren. Eigentlich."


'Eigentlich!', äffte ich ihn Gedanken nach. "Na gut. Wenn du das sagst." Ich musste wieder an die Sache mit dem Ehepaar denken. Ich konnte einfach nicht anders und prustete los.

"Oho, oho, was seh ich da? Ein verliebtes Ehepaar!"


Jaden grinste schief. "Das wird mich jetzt ewig verfolgen, oder?"


"Wahrscheinlich." Ich stand auf. Jaden musterte mich kurz. Dann sagte er:
"Singen kannst du aber wundervoll, Brigitte!"


"Schleimer! Aber trotzdem danke für das Kompliment, Günther!"


"Günther? Na warte! Dich krieg ich!"


Ich quiekte. Jaden und ich jagten uns durch den Wald. Immer wieder schrie er 'Gleich hab ich dich, gleich hab ich dich!' aber ich war schneller und wendiger. Einmal wich ich einem Baum aus und Jaden lief voll dagegen. Ich starb fast vor Lachen.

Doch dann machte sich auf einmal ein mulmiges Gefühl in mir breit. Unsicher schaute ich mich um. Ich kannte dieses Gefühl...

Wir werden beobachtet! 

Ich wusste nicht, von was genau und ob Jaden es auch wusste. Ich verhielt mich einfach unauffällig. Bis Jaden auf einmal auf mich zu lief und sich regelrecht auf mich stürzte. Wir rollten uns im Laub herum bis wir von einem Baum gebremst wurden. Jaden hob den Kopf und flüsterte:
"Wir werden beobachtet."
"Auch schon mitgekriegt.", zischte ich zurück.
"Pssscht! Verhalt dich einfach normal."
"Normal? Du erdrückst mich gerade! Geh von mir runter!"
Jaden ignorierte meinen Befehl. "Hast Du dein Schwert noch?"
Ich tastete nach meinem Schwert.
"Natürlich!...Hast du auch eine Waffe?"
Jaden erhob sich und reichte mir die Hand.
"Ich hab doch gesagt, ich kriege dich!" Er half mir hoch und drückte mich an sich. Dabei flüsterte er: "Ja, ich habe einen Dolch im Rucksack." Er ließ mich los und rief übertrieben laut: "Wollen wir verstecken spielen? Ich zähle zuerst!" Dann drehte er sich um und hielt sich wie ein kleiner Junge die Augen zu.

Langsam verstand ich was er von mir wollte. Wir sollten uns aufteilen. Musste Jaden deswegen so ein Affentheater veranstalten? Ich sah mich nochmal um, dann lief ich etwas tiefer in den Wald hinein. Als ich weit genug weg war, zog ich mein Schwert aus der glänzenden Hülle.
"Na los, zeigt euch..."


Ich wurde zum Adler. Nichts in meiner Umgebung entging mir. Ich schloss die Augen. Was hörte ich? Sind hier irgendwo Schritte, knackende Äste oder vielleicht sogar Atem zu hören? Da. Blätterrascheln. Direkt vor mir. Und hinter mir? Neben mir auch? Bevor ich vollends umzingelt bin, öffne ich die Augen wieder. Tatsache. Vor mir steht ein Busch. Und hinter mir. Und neben mir auch. Eben standen die noch nicht da, das schwöre ich! 

Sie versteckten sich in rennenden Büschen?  Wenn, wer auch immer sie waren, meine Verfolger sich so offensichtlich tarnten, konnten sie nicht sehr gefährlich sein. Ich legte mein Schwert auf den Boden und hob die Hände wie bei einer Kapitulation.

"Ich werde euch nichts tun, wenn ihr mir nichts tut. Und jetzt kommt endlich raus."
Diese Worte wirkten Wunder. Aus jedem Busch kamen eins, zwei Köpfe hervor. Sie waren gerade mal so groß wie ein kleiner Softball und grasgrün. Ihre Augen waren kugelrund und sie hatten große Ohren, die aussahen wie Blätter. Eigentlich waren sie ziemlich niedlich. Aber sie wirkten doch sehr schüchtern.
"Nix tun du uns willst?", fragte einer mit kirschroten Augen und trat vor.
"Nein, wirklich nicht.", antwortete ich in einen beruhigendem Tonfall. Auch wenn in meinem Hinterkopf Gedanken rumorten wie: Wieso spricht der wie Meister Yoda? und Gott, sind die niedlich!


"Aber Schwert du hast. Irgendjemandem wehtun du willst.", meldete such jetzt ein anderer zu Wort.
"Nein... Also nicht wirklich. Ich meine, nicht jetzt." Ich hockte mich vor den Beiden auf den Boden. "Ich bin Luna. Und ihr?"
Bei meinem Namen zuckten einige erst zurück. Dann traten alle vorsichtig, aber respektvoll aus ihren Verstecken hervor und unringten mich. "Dann unsere Retterin du bist.", sagte jemand.
"Retterin? Nein also... Das müsst ihr falsch verstanden haben... äh..." Ich stand auf. "Wie gesagt: Mein Name ist Luna. Und... Wer seid ihr?"
Die kleinen tauschten unsichere Blicke miteinander, nickten dann und einer trat vor.
"Wir sind Waldgeister. Wir wachen über die Bäume, die Blumen und die Tiere des Waldes!"
Wow, endlich mal einer der einen grammatisch richtigen Satz auf die Beine stellt. Ich kniete mich wieder auf den Boden.
"Waldgeister. Aha. Klar, was auch sonst. Und, äh... Wie kommt ihr darauf das ich eure...'Retterin' bin?"

"Weil Mutter es ihnen erzählt hat.", antwortete eine vertraute Stimme. Ich sah auf. Jaden kam aus dem Wald. Neben ihm her liefen auch  Waldgeister. Es mussten ungefähr sechs sein. Ein siebter saß sogar auf seiner Schulter. Ich grinste.
"Da hast du deine Verfolger!", rief ich ihm zu.
"Unterschätze sie nicht! Sie können echt gefährlich werden! Und ausserdem...", Jaden ließ den Waldgeist auf seiner Schulter runter, "werden sie uns helfen, unseren Vater zu finden."


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Kapitelname: Was einen Mörder ausmacht

Sorry das ich so lang nicht mehr geupdatet hatte, ich war längere Zeit nicht da!!





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