Jaden

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Das Erste, was ich sah, als ich erwachte, war eine grelle Lampe, welche direkt über mir hing.

Das Erste, was ich dachte, war: 'Welcher Idiot hat das Licht angelassen, wie soll man denn da schlafen?'

Dann brachen die Erinnerungen über mich herein wie eine tosende Welle.

Ich habe nicht geschlafen, ich war bewusstlos.

Unsere Mensa wurde gesprengt, die Stadt in Schutt und Asche gelegt.

Marit ist tot.

Anabel wurde erschossen.

...

Wo zur Hölle bin ich?!

Ich versuchte, mich aufzusetzen. Großer Fehler, denn sofort wurde mir wieder schwindelig und ich ließ meinen Kopf zurück auf das Kissen fallen. Liegend versuchte ich mich so gut es ging umzusehen. Das hier war wohl so eine Art Krankenzimmer. Jedenfalls ließen die weißen Wände und die Arztgeräte, die da hinten auf dem ebenfalls weißen Tisch lagen, es vermuten. Ich gab mir einen Ruck und setzte mich erneut mit Schwung auf. Einer Art gepolsterten Koje diente mir als Bett. Man musste sich beim Sitzen ducken, um nicht mit dem Kopf an die Decke zu stoßen. Ich fluchte, weil mir genau dass gerade eben passiert war.

War dass alles nur ein Traum gewesen? Dafür schienen mir meine Kopfschmerzen und das Schwindelgefühl zu groß zu sein. Stöhnend massierte ich mir die Schläfen und überlegte. Das mit dem Traum war gar nicht so weit hergeholt. Vielleicht hatte ich mir den Kopf gestoßen, und zwar heftiger als eben, und war jetzt in einem Krankenhaus gelandet. Allerdings...

Ich betrachtete die Wand zu meiner linken. Irgendetwas stimmte da nicht. Sie war irgendwie... nicht so glatt wie alle anderen Wände hier im Raum, sondern eher... na ja, buckelig. Ich ging rüber und strich mit der Hand über die Fläche. Sie war kalt und fühlte sich an wie... Stein! Die Wand bestand aus einem einzigen, riesigem, weiß angestrichenem Steinblock! Aber mit zwei Meter hohen, ungeschliffenen Steinblöcken baute man doch kein Haus. Befand ich mich vielleicht... unterirdisch? Aber Krankenhäuser haben doch keine Keller? Und wenn doch, dann behandeln sie doch bestimmt nicht ihre Patienten da unten. Nein, ich konnte mich nicht in einem Krankenhaus befinden...

Aber wo war ich dann?

"Ah, du bist aufgewacht, Kleine!", sagte auf einmal eine Stimme hinter mir. Ich wirbelte herum, bereit, einen möglichen Gegner anzugreifen. In der Tür stand der Soldat, welcher Anabel und mir geholfen hatte, zu entkommen. Zwar hatte es bei Anabel nicht viel gebracht, aber ich wäre ohne ihn bestimmt schon längst tot. Erst jetzt merkte ich wie ziemlich kalt mich Anabels Tot eigentlich ließ. Aber warum?

Ich schüttelte den Gedanken ab und wandte mich an den Soldaten. Dabei merkte ich, wie verwirrt ich eigentlich noch war.

"Ja...ja, ich bin aufgewacht..."

"Und?"

"Was und?"

"Wie geht's dir?"

Ich überlegte. Meine Freunde sind vorhin umgebracht worden, mich hätte man selbst fast gekillt und vor einigen Minuten war ich hier allein in diesem verwirrend eintönigem Zimmer aufgewacht, ohne die leiseste Ahnung zu haben, wo ich bin, dazu kamen höllische Kopfschmerzen, mehr als leichter Schwindel und ein unangenehmes Ziehen im rechten Bein. Also:

"Na ja, so schlimm ist es nicht."

"Na, dann ist ja gut. Ich dachte nur, so etwas wie vorhin erlebst du auch nicht jeden Tag. Aber rennen kannst du gut."

Er grinste mich dämlich an. Erst jetzt hatte ich die Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten. Der Mann hatte schwarze kurze Haare, war ungefähr eineinhalb Köpfe größer als ich und auch gar nicht so viel älter. Sechzehn, siebzehn Jahre vielleicht. Er hatte relativ große braun-graue Augen und seine Gesichtsform war eher...eckig. Unter dem rechten Auge hatte er eine kleine Narbe und man sah ihm wirklich an, dass er ein Soldat war. Durch seinen kräftigen Körperbau sah er auf dem ersten Blick auch viel älter aus, als er wahrscheinlich ist.

Nightwatchers - Secret enemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt