kapitel 04

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Okay, Korrektion: Ich träume definitiv nicht. Nicht einmal in meinen schlimmsten Albträumen stinkt es so sehr wie in dieser Holzhütte. Ich gebe mir Mühe, meine Nase nicht zu rümpfen, weil das unhöflich wäre.

Von außen hat das Teil vielleicht klein ausgesehen, aber von innen offenbart es doch noch ziemlich viel Raum. Zumindest hat es eine Theke und vereinzelt stehen sogar Leute herum. Oder wohl es steht eher genau ein Typ herum. Ich verkneife mir mein Seufzen. Kerle sind echt ätzend, aber das wissen sie vielleicht ja sogar selbst. Zumindest kann ich mir nicht vorstellen, dass sie es nicht tun, nach all dem Mist, den sie anstellen.

Er spricht gerade mit der Frau an der Theke und ich nehme mir die Zeit, ihn zu mustern. Die Alternative wäre wohl, dem üblen Geruch ohne Ablenkung ausgesetzt zu sein.

Er sieht schon nicht schlecht aus. Zumindest hat er einen großartig gebauten Rücken. All die Muskeln, die durch das pfirsichfarbene Shirt durchschimmern, während er gestikuliert, bestätigen das nur. Oh Mann, wieso sehen Kerle teilweise nur so gut aus?

Ich seufze leise und versuche möglichst unauffällig durch die Hütte zu trotten und mich umzusehen. Prospekte und irgendwelche Karten können bestimmt nützlich sein. Auch wenn ich weder eine Orientierung noch einen Kompass habe. Okay, ich gebe ja zu, dass eine Karte mir absolut rein gar nichts nützen würde.

Also spiele ich mit dem Saum meines rosafarbenen T-Shirts herum und stelle mich hinter dem Typen in die Reihe. Er labert und labert und labert. Da ist ja sogar die Country-Musik, welche aus den Lautsprechern dröhnt, beschäftigender und erträglicher. Gott, wie viel muss man eigentlich wissen? Wenn es so viel ist, wie der Kerl zu wissen fordert, ist das vermutlich viel zu kompliziert für mich.

Ich rolle beinahe schon mit den Augen, als der Kerl sich plötzlich umdreht und an mir vorbei in eine Ecke der Hütte marschiert, während seine Hände zu Fäusten geballt sind. Aha. Scheint eine nette Konversation gewesen zu sein.

„Guten Morgen", begrüßt mich die Dame an der Theke ungeduldig und winkt mich mit einer Hand näher heran, um mich inspizieren zu können.

„Du bist bestimmt hier für die Schnitzeljagd, nicht wahr?"

Ich nicke knapp und beiße mir etwas unsicher auf die Lippe. Was muss ich hier eigentlich alles tun?

„Name?"

„Audrey Dillon."

Ich hoffe mal, dass Page meinen Namen angegeben hat und nicht den eigenen.

„Aha...mhm, okay."

Die Frau beginnt halbwegs mit ihrem Computer zu sprechen und ich verziehe mein Gesicht. Wunderbar. Das ist total unheimlich.

„Angemeldet von Page Campbell?"

Ich nicke und sie beginnt, ihre Tastatur zu verprügeln. Und damit meine ich nicht, dass sie die Tasten zu fest drückt oder so, sie schlägt mit der Faust regelrecht rein und mein Mund klappt auf. Das habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen.

„Oh Schätzchen, das sollte dich nicht wundern. Teilweise bringt man die Dinge zum Laufen, indem man ihnen einen Ruck gibt", kommentiert sie meinen Gesichtsausdruck und ich gebe mir Mühe, meinen Mund wieder zu schließen, auch wenn ich noch immer verdutzt bin. Wie soll etwas wieder funktionieren, wenn man es zerstört?

„Ahhh da bist du ja! Drei Wochen soll deine Tour werden?"

Ich möchte die Frage bejahen, allerdings kommt mir die Dame zuvor.

„Wunderbar. Auch wenn du ein wenig spät dran bist, Schätzchen."

Ich spiele mit dem ABCD-Armband an meiner Hand herum und lasse eine Augenbraue in die Höhe wandern.

„Was soll das heißen?", will ich wissen.

„Nun die meisten haben schon vor einer Woche mit der Jagd begonnen. Aber der kleine Aggressivling da in der Ecke hat denselben Fehler wie du gemacht und sich ein wenig später angemeldet. Naja, vielleicht schafft ihr es ja, noch einen Trostpreis zu ergattern."

Sie schenkt mir ein erfreutes Lächeln und ich lasse mich beinahe davon anstecken. Vor allem, weil ich es witzig finde, dass sie über den Kerl ablästert, wenn er uns doch sehr wohl hören kann. Sein abfälliges Schnauben bestätigt diesen Verdacht nur.

„Viel Glück auf jeden Fall und hier sind die Sachen und Informationen, die du brauchst. Es hat jeweils Lichtungen, teilweise sogar mit Dach, wo du dein Zelt aufstellen kannst. Es gibt überall Flüsse und Brunnen mit Trinkwasser und Waschmöglichkeiten. Zudem hast du am Anfang - ungefähr für die ersten hundert Kilometer oder so - einen Geländewagen von uns zur Verfügung. Schäden werden von dir bezahlt, also mach nichts kaputt."

Sie reicht mir einen Stapel von Mappen und ich gebe mir Mühe, mein Gesicht nicht zu verziehen, während ich versuche, den ganzen Kram in die Hände zu nehmen, sodass nicht alles herauskracht. Himmel, das ist so eine Unordnung! Zu allem Übel winkt die Dame auch noch den Kerl heran, sodass der mir jetzt im Nacken sitzt, was mich nur noch mehr stresst.

Ich drehe mich um, genau in demselben Moment, indem auch der Kerl zu dem Tresen herantritt, stoße mit ihm zusammen, sodass mir das ganze Zeug aus den Händen fällt.

Ich stöhne genervt auf, der Typ flucht aufgebracht.

„Hättest du nicht ein wenig aufpassen können?", fährt er mich an, hilft allerdings, meine Sachen aufzusammeln, während die Dame amüsiert lacht. Naja, immerhin jemand findet die Situation witzig.

„Ich habe leider keine Augen im Hinterkopf, also habe ich ja nicht ahnen können, dass du einen Unfall bauen möchtest", motze ich zurück und reiße ihm einige Papiere aus der Hand, ehe er sie mir nett übergeben kann. Teilweise bin ich definitiv ein Kind. Ich wünschte, dass es mich kümmern würde.

Der Kerl schnaubt und ich sehe ihm möglichst nicht in das Gesicht, weil ich ahne, dass er wundervoll aussieht.

„Nun, danke", murre ich und richte mich wieder auf, nachdem wir alles wieder aufgesammelt haben.

„Schon okay", meint er und richtet sich ebenfalls auf, würdigt mich allerdings keines weiteren Blickes. Nachdem die Höflichkeiten getan sind, existiere ich für ihn also gar nicht mehr. Interessant.

Ich schnaube, wünsche der Frau noch einen schönen restlichen Tag und verlasse dann die Stinke-Hütte, vor welcher Page schon auf mich wartet.

„Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb du so aufgebracht aussiehst?", will sie wissen und mustert mich besorgt. Ich schüttle knapp den Kopf.

„Okay. Ich habe schonmal dein Zeug aus dem Kofferraum geladen. Bist du bereit, Aud?"

Ich seufze und nicke. Ja, ich bin wohl bereit.

„Wenn etwas nicht...gut geht...kann ich dich dann erreichen?"

Page nickt und zieht mich eine Umarmung, die ich kräftig erwidere. Ich kann nicht fassen, dass ich das tue und so lange allein zu sein, wird bestimmt schwer, vor allem, da ich sonst nie allein bin.

„Benutz einfach dein Walkie-Talkie und sag, dass man mir welche Nachricht auch immer überbringen soll. Und du kannst das immer tun, egal wie es dir geht, okay? Dafür muss es dir nicht schlecht gehen. Informier mich auch, wenn du einfach jemanden zum Reden brauchst, ja?"

Ich nicke ein weiteres Mal und löse mich schließlich aus den Armen meiner besten Freundin.

„Ich glaube, dass der Spaß jetzt beginnen kann«, sage ich und merke, wie sich ein unsicheres Grinsen auf meinen Lippen breitmacht. Das ist sowas von verrückt. Immerhin wird es so auch spannend sein.

Ohhh wer ist wohl der Typ „der Aggressivling", welcher so einen schönen Rücken hat 😏?

Erste Eindrücke von ihm? Oder von der Dame an der Theke?

Seid ihr auch gespannt auf die Schnitzeljagd, welche nun endlich losgeht?

Wie wirkt Audrey bisher auf euch?

Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat 🥰
Ich wünsche euch allen ein schönes Osterwochenende und (falls ihr Ferien habt) auch schöne Ferien 🐣🌼
Bis zum nächsten Kapitel

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