12.Kapitel

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Nach etwa 15 Minuten war das Motel erreicht.
Die Sonne ging unter, doch tiefschwarze Wolken verdeckten den Abendhimmel, sodass von dem orange- rosafarbenem Schauspiel, das sich sonst am Himmel abspielte, nichts mehr zu sehen war.
Dean hatte schnell die Tür zu ihrem Zimmer erreicht und suchte in seinem Jackett nach dem Türschlüssel.
„Und morgen können wir dann gleich ins Departement gehen und ein paar weitere Informationen einholen", meinte Sam.
Dean hatte seinen Schlüssel gefunden und legte sich beim Reinkommen direkt auf sein Bett.
Sein Bruder setzte sich an den Schreibtisch, wo noch immer sein Laptop lag.
„Cass, Bier...bitte."
Dean fühlte sich zu müde, um vollständige Sätze zu bilden und wäre am liebsten gleich eingeschlafen.
Seine Schuhe hatte er ausgezogen und mittlerweile hatte sein Freund ihm die kalte Flasche in die Hand gedrückt und sich auf das Sofa gesetzt.
„Gut und jetzt lasst uns mal schauen, was in dieser Kiste ist."
Der Regen fing an auf die Gebäude der Stadt zu stürzen und leises Donnern hallte durch die Landschaft.
Der Winchester saß noch immer auf seinem Bett, hatte den Metallkasten herausgeholt und auf seine Matratze gestellt.
Gerade als Sam etwas sagen wollte, klopfte es an der Tür.
Sam und Dean schauten sich fragend an.
„Hallo? Sind Sie da?", kam es von draußen.
Nachdem die Kiste sicher unter dem Bett verstaut worden war, ging Sam zur Tür, um sie aufzuschließen.
Die Tür öffnete sich mit einem kaum merklichen Knarren und verharrte dann in weit geöffneten Angeln.
Ein klitschnasser Sheriff stand vor ihnen und schaute bettelnd wie ein Hund nach drinnen, um dem Regen zu entkommen, der sich über das kleine Dorf Coral ergoss.
Die neongrüne Jacke hatte den jungen Mann kaum vorm Wetter geschützt.
Nachdem Mr. Churom eingetreten war, seine Jacke an den Kleiderständer gehängt hatte und die Tür wieder zugeschlossen wurde, schaute er die FBI-Agenten entsetzt an.
„Guter Gott, wie sehen Sie denn aus? Sie sollten wirklich in ein Krankenhaus!"
Der Sheriff hatte die Blutergüsse beim Reingehen nicht bemerkt.
„Oh, das...Ja, eine lange Geschichte", meinte Cass, der seinen Trenchcoat mittlerweile auch aufgehängt hatte, um die Couch nicht dreckig zu machen.
„Sie hatten einen Autounfall, oder nicht? Sie sollten wenigstens bei unserem Hausarzt Williams vorbeischauen."
Der Sheriff hatte sich an die Heizung gelehnt.
„Woher wissen Sie das?"
Sam hatte die Jacke seines Anzugs mittlerweile auch aufgehängt und nur Dean saß noch mit schmutzigem Jackett auf seinem Bett.
Der Sheriff kratzte sich verlegen am Kopf.
„Wir haben Ihr Auto gefunden und haben Sie daraufhin gesucht, aber Sie waren nicht im Motel und an ihr Telefon sind Sie auch nicht gegangen, deswegen haben wir gewartet. Ihr Auto ist gerade dabei, in die Werkstatt abtransportiert zu werden."
Dean riss seine Augen wieder auf.
„Wehe, die fassen meine Baby an! Ich werde morgen persönlich kommen und sie reparieren."
Mr. Churom schien ein bisschen überrascht über Deans plötzliche Reaktion.
„Wenn Sie meinen. Ich werde das meinen Kollegen weiter geben. Hier die Adresse."
Der Sheriff legte einen Zettel auf den Tisch, an dem noch immer Sam saß.
„Aber, bei allem Respekt, Sir. Sie sollten sich vielleicht erst von ihren Verletzungen erholen.
So ein Erlebnis kann sehr schockierend sein. Sie hatten wirklich Glück, dass Sie nicht schlimmer verletz wurden."
„Wir haben schon Schlimmeres erlebt. Sie müssen sich also keine Sorgen machen", meinte Sam.
„Es tut mir wirklich leid um ihr Privatauto, aber sehen sie's positiv,. Bei einem Dienstwagen müssten Sie jetzt einen Bericht schreiben", versuchte der Sheriff, Dean wieder aufzumuntern.
„Also ich denke, ich werde dann mal wieder nach draußen gehen. In den Regen... und die Dunkelheit."
Der Sheriff war kein bisschen wild darauf, das warme Zimmer zu verlassen, aber letztendlich zog er sich die Jacke an und watschelte nach draußen in den Regen zurück.
Ein paar Augenblicke dauerte es, bis nichts mehr vom neongrünen Anorak mehr zu sehen war und Dean wieder anfing zu sprechen. „Mann, sag mal, is diese Kiste verflucht oder werden wir einfach wirklich immer dabei unterbrochen, wenn wir sie öffnen wollen?"
Erneut holte er den Kasten aufs Bett.
Einen Augenblick schaute er sich um und wartete darauf, dass auch diesmal jemand unterbrechen würde, aber da war nichts.
Nur Regentropfen, die von draußen an die Fensterscheibe schlugen, waren zu hören und ab und zu das Pfeifen des Windes.
„Trommelwirbel, bitte...und im Kasten ist..."
Dean stoppte.
„...jede Menge Papierkram", setzte er etwas enttäuscht fort.
Sam war mit seinem Stuhl neben Deans Bett gerutscht, um den Inhalt zu sehen.
„Wieso sollte jemand einen Haufen Papier in einer Kiste unter seinem Boden verstecken?"
Dean trank einen Schluck aus seiner Flasche und schaute sich die Zettel an.
Ein älteres Foto, welches bereits Kaffeeflecken hatte, hielt der Jäger zwischen seinen Händen.
Ein alter Mann schaute ihm aus der Vergangenheit entgegen.
Die anderen beiden Personen waren seine Ehefrau und, wie Dean vermuten würde, Lora selbst, als sie etwa 13 oder 14 Jahre alt war.
Keiner von den dreien schien besonders glücklich zu sein.
Die Frau hatte ein dunkel angelaufenes Auge und der Vater war nicht einmal auf die Idee gekommen, in die Kamera zu lächeln, vom Mädchen ganz zu schweigen.
„Wow, die sehen ja glücklich aus", sagte Dean sarkastisch und legt das Bild wieder zurück in die Kiste.
Sam hatte sich derweil den Rest der Unterlagen angeschaut, auch wenn das Wort ‚überflogen' wohl besser passen würde.
Eine Postkarte, ein Liebesbrief, ein Kalender.
Sam stoppte.
Erneut schaute er sich den Kalender an. Ein paar Geburtstage waren eingetragen, Verabredungen und weiteres, aber eine Sache beschwor Sams Aufmerksamkeit.
Der letzte Dienstag war rot eingekreist.
„Leute, Lora ist doch am Dienstag gestorben, oder?"
Sam wartete nicht auf eine Antwort.
„Glaubt ihr, sie hat gewusst, dass sie sterben wird?." Er hielt den kleinen Kalender nach oben, damit auch Castiel ihn sehen konnte.
„Hey, Sammy, schau mal." Dean drückte Sam einen anderen Papierzettel in die Hand
„Ist das nicht die selbe Immobilienfirma, für die Zoeys Ex uns gehalten hat?"
Sam nahm den Immobilienvertrag in die Hand.
„Ja, das ist eine recht kleine Stadt, deswegen gibt es wahrscheinlich nur ein oder zwei. Nichts besonderes."
Sam wollte den Vertrag gerade wieder zurück in die Kiste packen.
„Allerdings ist es eine Gemeinsamkeit der Opfer. Als ich mir letztens die Ackten der Anderen durchgelesen hab, stand dort auch etwas zu der Firma. Ich hab mir nicht viel dabei gedacht, schließlich hat bestimmt die Mehrheit, der Stadt mit denen einen Vertrag.
Da wir ja sowieso keine wirklichen Hinweise auf sonst irgendetwas haben, schadet es ja nicht mal vorbei zu schauen."
Sam zuckte gedankenversunken mit den Schultern. Wirklich viel erwartete er von dem Ansatz aber nicht.

Der Morgen war gekommen und von draußen hörte man die Vögel zwitschern.
Das Sonnenlicht fiel durch die Schlitze des Vorhangs in das Zimmer und beleuchtete den Boden.
Es dauerte ein paar Momente, bis Dean die Augen öffnete und ihm die Sonne entgegen strahlte.
Sein Haar stand in alle Richtungen.
Noch immer verschlafen schaute er sich im Zimmer nach seinem Bruder um.
Schnell zog er sich seine üblich Alltagskleidung an und verschwand im Badezimmer.
„Sam!"
Dean schaute sich im kleinen Motelzimmer um.
„Wo is er denn jetzt schon wieder hin?", murmelte Dean zu sich selbst.
Nur einen kurzen Augenblick später öffnete sich die Zimmertür.
„Dean! Ohh...schon wach? Ich hab mir schon Sorgen gemacht, dass ich einen Eimer Wasser brauchen würde, um dich zu wecken", witzelte Sam, als er seinen Bruder sah.
„Wie hätte dir ein Eimer Wasser dabei geholfen, Dean zu wecken?"
Cass war hinter Sam aufgetaucht und schaute den Winchester fragend an.
Castiels Frage blieb unbeantwortet und Sam drückte seinem Bruder einen Kaffee in die Hand.
Ein paar Minuten später saßen sie draußen auf einer Bank in der üblichen Morgenkälte.
Dean holte den kleinen Zettel, den Mr. Churom hinterlassen hatte, aus seiner Jackentasche.
„Ich werde gleich mal bei dem Laden vorbeischauen, wo mein Baby hingebracht wurde.
Das Reparieren sollte nur ein paar Tage dauern, mit ein wenig Hilfe vielleicht ja sogar weniger."
Dean hatte gerade seinen Kaffee fertiggetrunken und stand auf.
„Du willst nicht mit Observieren kommen?"
Sam trank einen Schluck aus seinem Becher.
„Du willst den Wagen gleich heute reparieren? Ist es nicht besser, mit der Reparatur bis zum Abschluss des Falls zu warten?"
„Um den ganzen Tag zu Fuß zu gehen in einer Gegend, in der mehr als die Hälfte der Häuser außerhalb der Stadt steht? Nein, danke."
Dean rieb sich die Hände, um ein bisschen Wärme in die Finger zu bekommen.
„Wieso eigentlich der Observierung-Quatsch? Sucht doch einfach dieses Kind, das aussieht wie Pumuckl. So viele kann es in der Stadt doch gar nicht geben."
Dean warf den leeren Plastikbecher in den Mülleimer und wandte sich anschließend wieder seinem Bruder zu.
Der Morgennebel war heute außergewöhnlich dünn und nicht ganz so kalt wie normalerweise.
„Dean, die Millers sind eine hochangesehene, große Familie. Wenn sie wirklich die Werwölfe sind, die wir suchen und sie herausfinden, dass wir sie verdächtigen, dann müssen wir uns gegen sechs reinblütige Werwölfe wehren. Da kann man nicht vorbereitet genug sein."
Sam hatte seinen Kaffee ausgetrunken.
„Ich stimme Sam zu. Wenn wir sechs Monster zu bekämpfen haben, schadet es nicht, sie zu beobachten."
Cass hatte sich neben Dean gestellt.
Der Trenchcoat war so sauber wie immer und der Wind zog an den Ärmeln.
„Und sollten sie nicht die Werwölfe sein, die wir suchen? Wenn das wieder nur irgendein Trick ist? Ihr könnt euch meinetwegen in der Kälte davorstellen und nach irgendwas Auffälligem schauen. Ich reparier derweil meinen Wagen."
Dean fühlte sich noch immer schuldig wegen Zoey.
Keiner seiner Gedankengänge konnte ihm verraten, wieso er das gemacht hatte.
„Die zwei von gestern haben doch von ihrem Vater geredet und gesagt, dass die Kiste wichtig ist. Der einzige Hinweis in der Box, der uns weiter gebracht hat, war, dass sie einen Immobilienvertrag mit denselben Leuten gemacht hat, wie auch die anderen als sie in die Stadt gezogen sind.
Die Millers sind ein Familienunternehmen. Das ist der beste Hinweis, den wir haben und auch, wenn sie nicht die Werwölfe sind, stehen sie irgendwie mit all dem in Zusammenhang", sagte Sam.
„Das mit Zoey war Pech, Dean. Egal, wer versucht hat, ihr den Mord in die Schuhe zu schieben, es hat nicht geklappt.
Und das ist alles, was zählt", versuchte er, seinen Bruder aufzumuntern.
Die Vögel zwitscherten noch immer und die Kälte blieb unbeachtet von den dreien.
„Du verstehst das nicht. Ich hätte fast einen Menschen umgebracht. Einen unschuldigen Menschen! Wegen Indizienbeweisen. Ich hab keine Ahnung, was da mit mir los war!" Dean war aufgebracht.
Er wollte nur sein Auto reparieren und diesen Fall lösen, um endlich zurück nach Hause fahren zu können und diese beschissene Woche zu vergessen.
„Gut, beobachtet ihr diese Immobilienheinis und sagt mir Bescheid, falls ihr ganz zufällig seht, wie einer von denen einen Menschen tötet, damit ich vorbeikommen kann, in Ordnung? Ich auf jeden Fall werd jetzt erstmal mein Baby wieder in Ordnung bringen."
Dean machte sich auf den Weg zur angegebenen Adresse.

Zögerlich bog Dean in die Auffahrt der Werkstatt und warf noch einen kurzen Blick auf den Zettel.
Oberhalb war das Haus relativ klein und schnucklig anzusehen. Blumentöpfe mit knallbuntem Inhalt schmückten das Gebäude und Efeu rankte sich bis zu den Balkonen im ersten Stock hoch.
„Kann ich Ihnen helfen?"
Ein dunkelhaariger, stämmiger Mann kam um die Ecke.
Er war einen halben Kopf größer als Dean und hatte eine grüne Latzhose mit einem einfachen, weißen Shirt darunter an.
Der Dunkelhäutige reichte Dean die Hand.
„Sie müssen der Pechvogel mit dem '67er Chevrolet Impala sein?", begrüßte der Fremde Dean.
„Ja, der muss ich wohl sein", stimmte der Winchester zu und schüttelte dem Latzhosen-Mann die gereichte Hand.
Schnell wurde er eine Treppe runtergeführt, in die Tiefgarage des Hauses.
Es war ein großer, lichtdurchfluteter Raum.
An der Seite waren Parkplätze für Autos, die jedoch nur zu einem Drittel belegt waren.
In der Mitte des Raum war ein Hebebühne, um die Unterseite des Autos besser bearbeiten zu können.
„Machen Sie sich keine Sorgen, ich hab ihr Auto nicht angefasst...Aber wenn ich Sie wär, würde ich mir nicht allzu große Hoffnung machen. Der Wagen ist wirklich hinüber, es wäre wohl kostengünstiger, sich einen Neuen zu kaufen."
Der große Mann kratzte sich am Kopf und begutachtete das alte Auto von allen Seiten.
Dean widmete diesem Gedanken nicht mal ein Fünkchen Aufmerksamkeit.
„Glauben Sie mir, sie hat schon Schlimmeres durchgestanden."
Die rechte Beifahrertür war noch immer als Einzelteil anzusehen, der Rest des Wagens war verbeult und die Windschutzscheibe noch immer in Scherben.
„Ok, wenn sie es unbedingt reparieren wollen, können Sie das gerne hier tun. Die nächste Woche hab ich eh Urlaub und die Kosten der Materialien können Sie mir am Ende gutschreiben."
Der Mann dachte einen kurzen Moment nach.
„Ich werd' nicht mehr! Ich hab ganz vergessen, mich vorzustellen. Ich bin Gaston Balewa. Schön, Sie kennenzulernen. Sagen Sie mir einfach, wenn ich irgendwie helfen kann!"
Der ältere Mann machte eine Umdrehung und ging durch eine Eisentür, die wohl hoch in das Haus führte.
Der Winchester beachtete ihn gar nicht mehr und hatte sich bereits ganz und gar seiner Arbeit gewidmet.

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Schönen Sonntag, ich hoffe ihr habt einen guten Start in die Nächste Woche.

Eure Lighthous42 :D

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