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Wir saßen gemeinsam auf dem Bett und er erzählte mir alles über sie. Lucille. Und dieses Funkeln in seinen Augen, als er über sie redete, war unbeschreiblich. Scheiße. Und wieder fragte ich mich, was an ihm überhaupt so grausam war. Er war ihr sicherlich am Ende nicht der Mann gewesen, den sie sich gewünscht hatte aber das was sie hatten, war echt gewesen.
Ich legte meine Hand vorsichtig auf seine. "Sie war eine unglaublich starke Frau. Ich hätte sie gerne kennengelernt." Negan nickte nur und nahm meine Hand ohne etwas zu sagen. Hatte ich ihn sprachlos gemacht?
Der Sonnenaufgang leuchtete in hellem Orange ins Zimmer und draußen hörte man schon die ersten Trucks rollen. "Scheiße. Hast du überhaupt geschlafen?" Schmunzelnd lehnte ich mich zu ihm rüber und strich kurz über seinen Handrücken. "Das Böse schläft nie.", flüsterte ich, stand auf und ging zum Fenster. Negan stand nach mir ebenfalls auf. Er zog sich seine Jeans an, die über seinem Sessel lag und schaute zu mir rüber. "Liebes, ich möchte das du dich heute um die-", ich ließ nicht ausreden und hob eine Hand. "Stopp." "Stopp?", wiederholte er sarkastisch. "Stopp. Die Sonne ist gerade erst aufgegangen. Komm mir nicht gleich wieder mit dem Geschäft."  Ich hörte, wie er sich neben mich stellte. "Du hast jetzt einen Platz im Rat und somit auch Verantwortung."
"Wann hast du das letzte Mal gefrühstückt?" "Was?" "Wann du das letzte Mal gefrühstückt hast?" "Ich frühstücke nie." "Gut. Dann frühstücken wir." Ich ließ mich von ihm nicht aufhalten, lief in den Flur und beauftragte einen Savior uns etwas zum essen zu bringen. Im Hintergrund zog sich Negan bereits fertig an. "Ich hab Sachen zu erledigen Athena. Ich hab für sowas keine Zeit." Dann hatte er diese Rechnung wohl ohne mich gemacht. Ich schnappte mir seine Lederjacke und legte sie mir über die Schultern. "Hast du vergessen wer du bist?" Erst jetzt bekam ich seine Aufmerksamkeit. Ich lief durch sein Zimmer, fuhr mit den Fingern über sein Bett, sein Fensterbrett, seine Flaschen Alkohol und über seine Couch bevor ich zu ihm ging und vor ihm stehen blieb. "Du bist Negan. Verdammt, ohne dich läuft sowieso nichts. Und es ist deine Entscheidung, ob du jetzt frühstückst oder nicht. Deine Arbeit kann warten, wenn du es so willst. Scheiße, du bist Negan." Sein Grinsen spiegelte sich in meinem Gesicht wieder. Er fasste seine Jacke, die noch immer auf meinen Schultern ruhte und zog mich daran näher zu sich. "Sag das nochmal." "Du bist Negan, der größte Anführer aller Zeiten.", flüsterte ich eindringlich. Ich fühlte mich so mächtig, als ich das sagte und sein Ego stieg deswegen sicherlich auch ins Unermessliche. Diese Macht, die zwischen uns herrschte, wurde durch die Männer unterbrochen, die das Frühstück brachten. Lachend löste ich seine Hände von der Jacke und grinste ihn an. "Jetzt bleibt dir wohl keine andere Wahl mehr."

Wir hatten tatsächlich zusammen gegessen, viele Worte waren aber nicht gefallen. Er wurde mit der Zeit abweisender. Gerade hatte er mich in meine neue Aufgabe eingewiesen, die auch nur mehr als lächerlich war. "Und du bist dir sicher, dass ich-" "Geh an die Arbeit! Du hast mich heute schon mehr als genug Zeit gekostet." Wow. "Ja, Negan.", sprach ich absichtlich mit purem Sarkasmus und verließ sein Zimmer. Diese Stimmungsschwankungen machten mich fertig. Als hätte er zwei Persönlichkeiten.
Nichtsdestotrotz wollte ich meinen allmächtigen Anführer natürlich nicht enttäuschen. Zurück auf meinem Quartier zog ich mich um und begab mich in den Innenhof. Etwas weiter abgelegen auf dem Gelände, befand sich das Vorratslager. Meine Aufgabe war es, Vorräte zu zählen und mich um die Organisation der Rationsverteilung zu kümmern. Ein paar Arbeiter standen mir zu Verfügung, aber als ich zu ihnen gelaufen kam, erntete ich nur grimmige Gesichter. "Du bist also die Neue." "Ich bin Athena." "Wieso schickt Negan eine Frau? Frauen können so etwas nicht. Sie sind viel zu emphatisch für diesen Job.", dieser eine Mann hob sich von den sechs anderen ab. Wie er redete, ließ mich drauf schließen, dass es ihm nicht gefiel, das eine 'Frau' jetzt seinen Job machte. Ich trat in größeren Schritten an ihn ran und gab ihm einen leichten Schub nach hinten. "Eine FRAU ist jetzt hier, weil ihr MÄNNER es scheinbar nicht hinbekommen habt, alles richtig zu verteilen, oder irre ich mich?!" Und sofort schrumpfte sein Ego. "Ihr kennt mich nicht, ich kenn euch nicht aber wir sind aus demselben Grund hier und wenn wir zusammenarbeiten, kriegen wir das alles wieder hin. Besser und wirkungsvoller als vorher. Also, helft ihr mir?" Alle Sieben schauten sich verdutzt an, nickten mir anschließend aber zu. "Ich will einen genauen Überblick über die Vorräte. Negan sagte mir, dass wir noch höchstens für eine Woche ausreichend Ressourcen haben aber ich will eine genau Zahl! An die Arbeit." Ich klatschte zweimal in die Hände und zu meiner Verwunderung gingen sie direkt an die Arbeit. Zufrieden lächelnd drehte mich um und betrachtete ein wenig die Innenhof. Große, massive Stahlbarrikaden, die vorne an die Beißer-Blockade anschlossen, schirmten das Sanctuary vom Rest der Welt ab.  Uneinnehmbar. "Athena.", riss eine Stimme mich aus meinen Gedanken. Einer der Arbeiter kam zu mir. Ich verschränkte Arme und signalisierte ihm fortzufahren. "Eine Patrouille hat bei der letzten Fahrt ein großes Einkaufszentrum gefunden. Dort könnte es noch einiges an Vorräten geben. Negan weiß davon nichts." Ich zog eine Augenbraue hoch und verdrehte die Augen. "Und wieso nicht?", fragte ich rhetorisch, drehte mich um und trat den Rückweg zu Negan an. Ich hörte nicht mehr, was der Arbeiter mir hinterher nuschelte, aber es war mir egal.
Ich lief die Treppen hoch und zu Negans Zimmer, klopfte und trat ohne zu warten ein. Ich hatte wirklich mit allem gerechnet. Mit allem. Aber nicht damit.
Ich blinzelte einige Male als ich die Tür hinter mir mit einem Knall schloss und griff mir frustriert durch die Haare. "Das nennst du also 'Ich habe Sachen zu erledigen'.", äffte ich ihn wütend nach und stampfte wortwörtlich über den Flur. Dieses Bild hatte sich in meinen Kopf gebrannt. Er über ihr. Die Hände gekrallt in der Matratze. Sein Stöhnen. Ich schüttelte den Kopf wild und lief dabei volle Kanne in Simon. "Pass auf wo du-" Ich schubste ihn von mir weg und lief an ihm vorbei. "In 15 Minuten unten im Hof!", sagte ich noch bevor ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete und sie hinter mir genauso schloss, wie die von Negan.

Butterflies From Hell || TWD NeganWo Geschichten leben. Entdecke jetzt