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Vor einer großen Tür kamen wir zum Stehen. Simon klopfte, öffnete die Tür und deutete mir reinzugehen. Hinter mir schloss er die Tür wieder.
Da stand er. Der große Negan. Seine Lederjacke hing an seinem Baseballschläger und unter seinem weißen T-Shirt zeichnete sich sein muskulöser Rücken perfekt ab. "Pass auf, du sabberst." Ich schenkte seinem Spruch keine Beachtung und sah mich stattdessen in seinem wirklich schönen Zimmer um. Neben seinem grauen Kleiderschrank stand ein kleines Bücherregal, das sofort meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich ließ meine Finger vorsichtig über die leicht verstaubten Buchrücken fahren. "Ich hätte nicht erwartet, dass du liest.", vorsichtig zog ich eins raus. "Tu ich auch nicht.", seine Stimme kann plötzlich von ganz nah und er stellte das Buch in meiner Hand zurück ins Regal, "Das ist nur Deko." Er stand direkt hinter mir.
"Schwarz steht dir ausgezeichnet." Sein Hand fuhr auf einmal durch meine Haare. Ich drehte mich um und räusperte mich. "Ja, danke." Er hatte genau das Grinsen im Gesicht, das ich mir vorgestellt hatte. "Du wolltest das ich herkomme.", wies ich ihn nochmal an, weil es mir so unangenehm war, wie er mich anguckte. "Ja.", jetzt drehte auch er sich um und lief zu einer Art Bar. Er nahm sich zwei Gläser und füllte sie mit Scotch. Wie ich dieses Zeug hasste. "Setz dich." Ohne drüber nachzudenken, setzte ich mich auf die gemütliche Couch und schaute durch das Fenster nach draußen. "Liebes, ich-" "Athena. Du weißt ganz genau wie ich heiße." Er schien verdutzt und gleichzeitig amüsiert darüber zu sein, dass er von einer Frau unterbrochen wurde. "Fein. Athena. Ich will ehrlich zu dir sein. Aber das kann ich nur, wenn du auch ehrlich zu mir bist." Er stellte die beiden Gläser auf den Glastisch zwischen uns und nahm im Sessel Platz. "Ich habe dich nie belogen. Du hast gelogen.", zischte ich, nahm das Glas und kippte die Flüssigkeit sofort runter. "Nennen wir es Notlüge. Ich wollte dich unbedingt kennenlernen." Ich konnte mir mein ironisches Lachen nicht verkneifen. "Du brauchst sicherlich nur irgendwo irgendeine Person, die irgendwas für dich macht." "Das stimmt. Aber nicht dich." Wieder konnte ich nur lachen. "Worauf ich hinaus will ist, das ich dir nicht vertraue.", das Grinsen in seinem Gesicht verschwand schlagartig. "Beruht auf Gegenseitigkeit."
Die Frage stellte sich nur, warum?
Negan trank sein Glas ebenfalls aus, stand auf, füllte es nach und stellte sich an das Fenster. Er schien nachzudenken. Etwas unwohl rutschte ich auf dem sanften Stoff des Sofas leicht hin und her.
"Soll ich gehen?", fragte ich ihn vorsichtig nachdem er nach weiteren zehn Minuten nichts gesagt hatte. Wieder bekam ich keine Antwort aber nur wenige Augenblicke später drehte er sich zu mir um. "Komm mit.", sagte er monoton und zog sich seine Lederjacke über. Ich ging zu ihm, als er mir auf einmal seinen Schläger in die Hand drückte. "Halt sie kurz." "Sie?" "Lucille." Das war ein schlechter Scherz. Dieser Typ war komplett verrückt. Seinem Baseballschläger einen Namen geben.
Er legte sich einen Waffengürtel zusätzlich um sein Becken und nahm mir 'Lucille' daraufhin wieder ab. Ohne noch irgendein Wort miteinander zu reden, liefen wir durchs Sanctuary. Ich blieb dabei eher im seinem Windschatten. Während wir, wo auch immer er hin wollte, hinliefen, reihten sich hinter uns Wachen ein und begleiteten uns nach draußen. Es war bereits dunkel und man konnte kaum was erkennen. Negan schnipste wieder und sofort erstrahlte der Vorderhof im grellen Licht der Baustrahlerlampen. Wir standen auf der Erhöhung vor der Eingangstür des Sanctuarys und hatten Blick auf Negans sogenannte Beißer-Blockade. Er lehnte sich vor und stützte seine Arme auf die Metallstange. Ich war überfragt was er wollte also stellte ich mich neben ihn und schaute, wohin er guckte. Sein Blick war gezielt auf einen Mann gerichtet, der versuchte einen sicheren Platz zwischen den ganzen aufgespießten und angeketteten Beißern zu finden. Erst beim zweiten Blick erkannte ich ihn. Das war der Mann, der Negan geschlagen hatte. "Das ist der Mann, der bei deiner Exekution seiner Freunde ausgerastet ist." "Daryl, richtig. Und? Was fühlst du bei seinem wertlosen, dreckigen Anblick?", Negan richtete sich wieder auf und flüsterte seine Worte mit gehässigem Grinsen in mein Ohr. "Was soll ich fühlen? Ich kenne ihn nicht. Ich habe dich nicht belogen." "Ihr habt miteinander gesprochen."
Ich drehte mich genau zu ihm um und starrte ihm wortwörtlich in die Seele. "Es ist normal und menschlich miteinander zu reden, wenn man das gleiche Leid im gleichen Loch teilt! Und das bedeutet trotzdem nicht, das wir uns kennen." Ich würde den Augenkontakt bei diesem kleinen Machtspielchen definitiv nicht als Erstes brechen, aber dieser Ansicht war er scheinbar auch. "Liebes, du fühlst nicht mal ansatzweise das Leid, was er fühlt." Seine Hand wanderte zu meinem Kinn, sein Blick wurde immer intensiver und seine Stimme tiefer und böser. Er hatte trotzdem keine Chance gegen mich. "Ich weiß. Ich habe aber auch nicht vor dich so zu verärgern um da unten zu enden und Dreck zu fressen." Und mit diesem Satz hatte ich gewonnen. Er hatte damit nicht gerecht, grinste aber zufrieden. "Also gut, vielleicht hab ich mich ja doch in dir getäuscht. Du bist lernfähig." Mit einem halbherzigen Streicheln über meine Wange nahm er Abstand und lief die Treppen runter zum Zaun und machte diesen Daryl runter. Ich atmete tief durch und schloss die Augen. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie angespannt ich gewesen war. Lag vielleicht daran, dass dieses Monster vor nichts zurückhielt und mich, ohne mit der Wimper zu zucken, auf etliche Art und Weisen töten könnte.
Das Geheimnis dem zu entgehen, lag hier scheinbar nur bei der willenlosen Befolgung seiner Befehle und dabei das zu sagen, was er hören wollte. Und das war genau das, was mir lag.

Butterflies From Hell || TWD NeganWo Geschichten leben. Entdecke jetzt