Sechs

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(V/N) POV:

Es war kalt geworden, die Bäume schüttelten ihre bunten Blätterkleider ab und machten sich bereit für den Winter. Auch der Volleyballclub der Aoba Johsai High machte sich bereit. Bereit für den Vorentscheid des Frühlingstuniers.

Die Nerven lagen blank, weshalb unsere Trainer sich entschieden, die erhitzten Gemüter mit einer Runde Dauerlauf abzukühlen. Und schon liefen wir unsere gewohnte Strecke, über matschige Fußwege, vorbei an Menschen die verzweifelt ihre Regenschrime an sich drückten, weil es so stürmte.

Erst liefen wir alle in einem Pulk, doch nach der Hälfte der Strecke fiel ich immer weiter zurück. Ich hatte mich erkältet und meine Lunge brannte wie Hölle. Ich wurde immer langsamer und schaute verzweifelt meinen immer kleiner werdenden Teamkameraden hinterher. Doch vor mir sah ich, dass Oikawa stehen geblieben war und sich mit den Armen auf seinen Beinen stütze. Langsam schloss ich zu ihm auf und genoss es wieder atmen zu können. Als ich nun neben ihn stand, sah ich sein schmerzverzerrtes Geischt.

„Hey was hast du denn?", fragte ich ihn verwirrt. Erschrocken schaute er zu mir auf und schrie:" Nichts! Lauf weiter, ich komm gleich." Dann humpelte er davon, kam aber nicht besonders weit und brach vor einem Baum zusammen. „So eine Scheisse", murmelte er und hielt sich sein rechtes Knie. Besorgt stürze ich zu ihn. „Oikawa was hast du den?", kreische ich schon fast panisch. Man ich kannte das nicht von ihm und die Anderen waren schon gefühlt meilenweit weg.

Immer noch mit schmerzverzerrtem Gesicht, lehnte er sich an den Baum. Mit einer Hand hielt er sich sein Knie, während er mit der Anderen versuchte sein Gesicht zu verstecken. Doch ich sah wie dicke Tränen über seine Wangen rollten. So eine Scheisse, murmelte er unentwegt. Ich ging nun vor ihm auf die Knie, um mir sein Bein anzuschauen, doch er nahm seine Hand nicht weg.

„Bitte geh einfach", flehte der Braunhaarige. „Nein ich bin dein Teamkamerad! Ich bin für dich da", schreie ich ihn schon fast an. Der Braunhaarige schüttelte leicht den Kopf, es liefen ihn immer noch unentwegt Tränen über die Wangen. Hatte ich ihn jemals weinen sehen?

Nun nahm er die Hand von seinem Knie und verwirrt starrte ich darauf. Er hatte unter seiner weißen Shorts eine lange schwarze Leggins an und eindeutig konnte ich erkennen, dass da an seinem Knie was nicht stimmte. Es sah aus, als würde die Kniescheibe rechts daneben liegen.

„Was zum Teufel", brachte ich nur heraus. Oikawa legte nun schnell wieder seine Hand darauf. „Mir ist die Kniescheibe rausgesprungen. Das hatte ich vor drei Jahren schonmal", zischte er. „Und das tut so scheisseweh", jammerte er.

Aus schmerzverzerrten Augen schaute er mich an. Oh Gott, ich musste etwas tun. Panisch durchwühlte ich meine Taschen, natürlich hatte ich es nicht mit. „Hast du dein Handy mit?", fragte ich ihn. Er schüttelte nur den Kopf, legte diesen zurück an den Baum und schloss die Augen. Sein Atem ging stockend, und ich konnte nur dämlich in Dreck sitzen und Tooru anstarren.

Es war arschkalt, kleine Wölkchen bildeten sich an seinem Mund, als er ausatmete. Dann fing es an zu schneien, große Flocken fielen auf uns nieder. Ich konnte ihn hier auf gar keinen Umständen sitzen lassen. Er würde sich in der Kälte noch den Tod holen.

„Tooru du musst aufstehen, du erkältest dich noch", jammerte ich. Der Große schüttelte nur den Kopf. „Ich kann nicht mit den Knie", flüsterte er. Immernoch hatte er die Augen geschlossen, aber immerhin weinte er nicht mehr. „So erkältet, wie du bist, gehörst du ins Bett", stellte er nun fest. Hatte er das echt mitbekommen? Er hatte mich doch in der letzten Zeit immer links liegen lassen.

„Ja, aber du bist hier zusammen gebrochen, nicht ich", jammerte ich immer noch verzweifelt. Ungewollt schwang in meiner Stimme so viel mit, dass wohl deswegen Oikawa die Augen öffnete und mich ansah. Eine heiße Träne rollte mir die kalte Wange herunter. Man, ich bin doch sonst nicht so sensibel! Schnell wischte ich sie weg. Nun setzte der Wuschelkopf ein besorgten Blick auf. „Hey, du weinst immer nur wegen mir", sagte er traurig. Betreten schaute ich zu Boden.

„Die Schmerzen haben schon nachgelassen und schau," Oikawa hielt seine Handfläche mir entgegen „der erste Schnee des Winters und das erlebe ich mit dir."

Verwundert schaute ich ihn an, er musste wohl weggetreten sein. Kann man so schlimme Schmerzen haben, dass man nicht mehr man selbst war?

„Tooru kannst du aufstehen? Ich schaffe dich zurück", sagte ich trocken. „Ich kann es mal versuchen", antworte er und lächelte mich leicht an. Dann nahm ich seine Hand, die er mir noch entgegen streckte und zog ihn mit Schwung hoch.

Mit zu viel Schwung, denn Oikawa fiel mir in die Arme und hielt sich an mir fest, weil er ja nur ein Bein belasten konnte. Erschrocken atmete ich laut ein. Seine Hände waren um meinen Oberkörper geschlungen und seine Wange lag nun auf meiner Schulter. Mein Herz fing an wie wild zu rasen und seine Haare kitzelten leicht meine kalte Wange.

„(V/N)-chan, du bist immer so stürmisch", nuschelte er und kicherte leise. Oh Gott, er ist echt nicht mehr Herr seiner Sinne. Nun hebte er seinen Kopf und schaute mir tief in die Augen. Seine Nasenspitze war nur wenige Zentimeter von mir entfernt und ich spürte sein warmen Atem auf meinem Gesicht. Mein Herz raste immer noch und ich hatte wohl komplett vergessen wie man Atmete. Nie sollte dieses Augenblick vergehen, betete ich an Gott, an den ich nicht glaubte.

„Bitte versprich mir", flüsterte mein Wuschelkopf "dass du nie mehr wegen mir weinst." Automatisch begann ich zu Nicken, aber spürte, wie sich wieder eine Träne auf dem Weg nach Unten machte. „Na na", flüsterte Tooru und wischte sie mit dem Daumen weg. „Komm wir gehen jetzt zur Schule", murmelte er und hielt sich noch immer an mir fest.

Nach Ewigkeiten, kamen wir zwei angehumpelt. Alle hatten sich schon vor der Sporthalle versammelt und die Trainer kamen uns besorgt entgegen gerannt. „Oikawa was ist passiert?", rief sein Trainer und nahm ihn mir ab. „Mir ist die Kniescheibe rausgesprungen", antwortete er. Dann wurde er in ein Auto gesetzt und ins Krankenhaus gefahren.

Satzball | OikawaxReader FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt