2. Kapitel

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Eine schlaflose Nacht liegt hinter mir, der Gedanke, dass uns in unserem letzten Jahr nicht Herr Hene durch die Abschlussprüfungen bringen wird, bereitet mir Kopfschmerzen. Wie soll ein Lehrer uns den Stoff so vermitteln, wie er? Herr Hene hat eine so emphatische, aber gleichzeitig eine autoritäre Art an sich, dass ihn jeder respektvoll wahrgenommen hat.

Ich schlurfe durch die Gänge in Richtung des Klassenzimmers, in dem wir die ersten beiden Stunden Deutsch haben. Die Gänge sind bis auf den ein oder anderen Schüler, die nicht in meinem Jahrgang sind, leer gefegt. Die Uhr auf meinem Handy zeigt auch gerade mal 7:20 Uhr an, kein Wunder. Nicht einmal Marlon, der sonst immer früh da sein will, wollte so früh mit mir fahren und nimmt stattdessen einen späteren Bus. Ich kann es ihm nicht verübeln, als ich los bin, war er noch lange nicht mit frühstücken fertig und wollte sich auf keinen Fall sein Rührei nehmen lassen.

Die Tür des Klassenzimmers ist angelehnt. Vorsichtig gehe ich darauf zu und öffne die Tür einen Spalt, um hineinzusehen. Keiner ist hier, bis auf das Klassenbuch, das auf dem Lehrerpult liegt. Auf meinem Platz in der zweiten Reihe am Fenster lasse ich mich nieder. Da ich noch eine gute halbe Stunde Zeit habe, bis überhaupt jemand hier eintrudeln wird, schnappe ich mir meinen Thermobecher mit Kaffee und meine Kopfhörer.

Ich starte meine Playlist, die ich neu erstellt habe und lasse mich von dem Lied „the morning" von The Weekend berieseln.

Gedankenverloren starre ich aus dem Fenster und sehe zu, wie die Sonne den Parkplatz mit Sonnenstrahlen flutet und immer mehr Autos auf dem Parkplatz nach einer freien Lücke suchen. Neben meinem roten Mini, der vorhin noch alleine da stand, hat sich ein weiteres Auto links daneben gestellt. Ein verdammt schicken Auto, das ich zuvor noch nie hier gesehen habe. Die vier silbernen Ringe auf der schwarzen Motorhaube, verraten mir, dass es sich dabei um einen Audi handelt. Es ähnelt dem Auto, das mein Vater fährt. Daher kann ich sagen, dass es ziemlich teuer sein muss und sicherlich keinem Schüler gehört. Seitdem Bruno seinen Führerschein und ein eigenes Auto fährt, nimmt er jedes Auto, das auf dem Parkplatz steht, genaustens unter die Lupe und zeigt mir jedes einzelne. Egal ob es mich interessiert oder nicht.

Die Tür des schicken Audis öffnet sich und ein Kopf mit dunkel blonden Haaren, die im aufgehenden Sonnenschein Gold glänzen, kommt zum Vorschein. Ich lehne mich ein wenig weiter zum Fenster, um den Mann, der aus dem Auto steigt zu identifizieren. Doch aus dem dritten Stock ist das gar nicht so einfach, denn bis auf die Lederjacke, aus dem ein weißer Kragen hervorragt und einer beige Chinohose, kann ich nicht viel erkennen. Sein Gesicht bleibt mir leider verborgen.

Ich werde aus meinen Gedanken zurück in die Gegenwart geholt, als die Tür lautstark aufgerissen wird und meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Zu meiner Überraschung ist es Frau Glanz. Die hat mir an diesem Morgen auch noch gefehlt.

Sie geht auf das Lehrerpult zu und schlägt das Klassenbuch auf, blättert einige Seiten darin und kommt tatsächlich auch mich zu. Sie macht mit ihren Händen neben ihrem Kopf eine affige Bewegung, dass ich die Kopfhörer aus den Ohren nehmen soll. Auch wenn sich alles in mir dagegen sträubt, ihrer Bitte nachzukommen, da der Unterricht noch lange nicht begonnen hat, tue ich ihr den Gefallen.

„Antonia, war schon euer neuer Deutschlehrer hier?", beginnt sie, ohne mich zu begrüßen. Niemand, wirklich niemand außer diese Frau nennt mich noch Antonia. Immer wieder aufs Neue, frage ich mich, wie man zu solch eine Frau bloß Lehrerin werden konnte. Es ist mehr als offensichtlich, dass sie Kinder und Jugendliche nicht leiden kann.

„Guten Morgen", begrüße ich sie, mit einem aufgesetzten Lächeln „Seitdem ich hier bin, war noch keiner hier. Und bis eben wusste ich auch noch gar nicht, dass wir einen neuen Deutschlehrer bekommen." Auch wenn ich es gestern Abend von Marlon erfahren habe, behalte ich das für mich, schließlich ist es ihre Aufgabe, als unsere Klassenlehrerin uns darüber zu informieren.

„Das habe ich gestern erwähnt, anscheinend haben Sie nicht richtig zugehört", blufft sie mich an, dreht mir den Rücken zu und begibt sich wieder aus dem Klassenzimmer.

„Hat sie nicht, diese dumme Gans", sage ich leise und stöpsle mir wieder einen der Kopfhörer ins Ohr. Diesmal nur einen, nicht dass ich noch einmal von ihr überrascht werde.

Ich kann gar nicht nachvollziehen, warum sie gerade mich nicht mag. Ich störe nie ihren Unterricht, habe immer meine Hausaufgaben und schreibe stets gute Noten. Man könnte meinen, ich wäre ihr zu langweilig oder sie kämmt uns Schüler einfach alle über einen Haufen.

„Da haben Sie aber Glück gehabt, dass sie das nicht gehört hat", erklingt eine dunkle Stimme aus Richtung der Tür, gefolgt von einem rauen Kichern.

„Und wenn schon, mehr als uns Schüler zu hassen, kann sie nicht", erwidere ich stur auf mein Handy gerichtet. Es ist noch viel zu früh, um mich in ein Gespräch verwickeln zu lassen. Das Koffein aus meinem Kaffee, das meine Stimmung aufhellen soll, lässt zu wünschen übrig und lässt mich laut gähnen, sodass mir Tränen aus Müdigkeit in die Augen schießen. Ich lege mein Handy beiseite, um mir die Tränen aus den Augen zu wischen und sehe schließlich auf. Der Mann, der eben noch aus dem schicken schwarzen Audi ausgestiegen ist, mit der Lederjacke und dem weißen Hemd, steht nun vor dem Lehrerpult und hält das Klassenbuch in seinen Händen fest.

„Ich verstehe, was Sie meinen, die Klassenbucheinträge von Frau Glanz, lassen ganz darauf schließen." Ein leichtes Zucken seiner Mundwinkel lässt seine weißen Zähne zum Vorschein kommen. „Was hat Ihre Klasse denn der armen Frau angetan?"

Peinlich lange, starre ich den Mann vor mir an, der sich seiner Lederjacke entledigt und sie auf den Stuhl hinter sich hängt und das weiße Hemd vollends entblößt, das seine breiten Brustmuskeln erahnen lässt. Meine Augen scannen den Mann von oben bis unten, über seiner dunkel blonden Haare, die gewollt zerzaust auf seinem Kopf abstehen, die hohe Stirn, seine hellblauen Augen, die in meine Richtung schauen, die vollen Lippen und den muskulösen Körper. Was würde ich dafür geben, ihn ohne das Hemd zusehen?

Erschrocken von meinen eigenen Gedanken, schüttele ich den Kopf und spüre, wie mir die Röte in die Wangen steigt

Schließlich traue ich mich wieder zu ihm zusehen, er sieht mich immer noch fragend an, doch ich habe die Frage vergessen, die er mir gestellt hat. „Tut mir leid, was wollten Sie wissen?", frage ich leise und halte meine Hände vor meine rote Wange, um sie vor ihm zu verbergen, auch wenn mir sein Grinsen verrät, dass er die Röte schon längst gesehen hat.

Er lacht in sich gekehrt.

„Ich wollte wissen, was Sie und ihre Klasse der armen Frau Glanz angetan habt, dass sie solche Klassenbucheinträge schreibt wie: „Klasse treibt mich in den Wahnsinn", „Klasse benimmt sich wie ein Haufen Außerirdischer" und das sind nur die Harmlosen."

„Das schreibt sie wirklich ins Klassenbuch?", ungläubig schaue ich zu ihm und verschlucke mich beinah an meinem Kaffee, von dem ich eben einen Schluck genommen habe.

Der Mann, der meines Erachtens gerade mal Ende 20 sein muss, nickt mir zustimmend zu und setzt sich schlussendlich auf den Lehrerstuhl. Erst in diesem Moment, wird mir klar, dass er der neue Deutschlehrer sein muss, von dem Marlon und Frau Glanz erzählt haben. Oh Gott, bis vor zwei Minuten wollte ich meinen neuen Lehrer ohne sein Hemd sehen. Schnell nehme ich einen weiteren großen Schluck meines Kaffees, um die Gedanken runter zu spülen und um das Gespräch zu beenden.

Noch bevor ich meinen Kaffeebecher abgestellt habe, geht die Tür erneut auf und meine Mitschüler treten ein und ich kann mich endlich von dem attraktiven Mann, vor der Tafel. Ich muss aufhören, so zu denken. Ich bin vergeben und er ist mein Lehrer. Kaum habe ich die Worte im Kopf, streckt Bruno auch schon den Kopf durch die Tür, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und mit zügigen Schritten auf den freien Platz neben mich kommt.

„Mensch Toni, müssen wir immer so weit vorne sitzen?", nörgelt Bruno künstlich und setzt sich neben mich. „Du kannst dich auch gerne nach ganz hinten sitzen, dann kannst du aber nicht mehr bei mir abschreiben", kontere ich widme mich Bruno voll uns ganz.

„Das ist wohl das schwere Los, wenn man mit der Klassenbesten zusammen ist." Bruno legt seinen Arm um mich, zieht mich ein Stück näher zu sich und drückt mir seine feuchten Lippen auf meine und legt seine warme Hand auf meinen nackten Oberschenkel.

Es klingelt zum Unterrichtsbeginn, die Gespräche verstummen und Bruno löst sich aus seinem Kuss von mir, lässt jedoch seine Hand dort wo sie ist. Meinen Jeansrock, der ein wenig nach oben gerutscht ist, ziehe ich unauffällig nach unten, immerhin sind wir immer noch in der Schule.

Unser neuer Lehrer erhebt sich und stellt sich vor sein Pult, lässig lehnt er sich gegen ihn und sieht durch die Runde. Er hat, seine Ärmel nach oben umkrempelt und entblößt so seine Unterarme. Eine silberne Uhr, mit einem braunen Lederarmband, ziert sein Handgelenk.

„Hallo Leute, wie ihr wahrscheinlich bereits wisst, wird Herr Hene, dieses Jahr keine Klasse unterrichten können.."

„Nein, davon wissen wir nichts!", ruft Nico aus der hintersten Reihe und unterbricht unseren neuen Lehrer, der verdutzt in die Runde blickt.

„Nein?", fragt er misstrauisch und sucht meinen Blick. Während ich ihm lautlos zunicke, bejaht die Klasse lautstark.

„Na, wenn das so ist", er fährt sich mit seiner Hand durch seine Haare. Anstatt, dass sie unordentlich werden, sehen sie noch besser aus als zuvor. Verrückt. „Mein Name ist Engel und ich bin euer neuer Deutschlehrer. Ich wurde erst letzte Woche spontan eingestellt, um euren Deutschkurs zu übernehmen. Ich werde mich so schnell wie möglich in den Lehrplan eures alten Lehrers einarbeiten, damit wir gemeinsam die Abschlussprüfung im nächsten Frühjahr erfolgreich schaffen werden." Er überkreuzt seine Hände miteinander und tritt wieder hinter das Pult auf seinem Stuhl und schlägt das Klassenbuch auf. „Aber zuerst, werde ich eure Namen lernen müssen, meldet euch einfach, wenn ich euch aufrufe."

Während Herr Engel die Namen der anderen aufruft, blättere ich durch meinen Block, der vor mir liegt und sehe erst auf, als er schlussendlich bei meinem Namen angekommen ist.

„Antonia Thaler?"

„Hier", zeige ich auf und blicke zu ihm auf. „Aber Toni reicht, danke."

„Alles klar, Antonia", sagt er und nickt mir zu, bevor er unbeirrt seinen Unterricht weiterführt. Verwirrt schaue ich rüber zu Bruno, dessen Blick dem meinen gleicht. „Hat er mich nicht verstanden?", flüstere ich Bruno zu, der mir bloß ein Schulterzucken als Antwort gibt.

„Doch, ich habe Sie verstanden, Antonia", entgegnet Herr Engel von vorne und lässt mich erneut rot werden und in meinem Stuhl so weit einsinken, wie es nur möglich ist.

Na, das kann ja noch was werden.



Den Nachmittag verbringe ich mit Bruno, der es kaum abwarten kann, denn seine Eltern sind heute lange arbeiten und kommen nicht vor 21 Uhr nach Hause. Noch bevor ich meine Schuhe im Flur richtig ausgezogen habe, packt mich Bruno schon, hebt mich hoch und trägt mich die Treppe nach oben.

Vor seinem Bett macht er halt, lässt mich endlich runter und umfasst mit seinen beiden Händen mein Gesicht. „Gott, Toni, du bist so wunderschön", raunt Bruno und verseht meinen Hals mit Küssen, die mich leise aufstöhnen lassen.

Auch wenn er genau das macht, was mich in Stimmung bringt, schaffe ich es nicht, wie letzte Nacht meine Gedankenkarussel abzuschalten, um mich fallen zu lassen und schiebe ihn von mir runter. „Können wir das vielleicht verschieben?", frage ich vorsichtig und weiß jetzt schon, dass Bruno meine Abweisung nicht gefallen wird. Aber die Tatsache, dass Herr Hene wirklich nicht mehr da ist, um uns das letzte Jahr zu begleiten, beschäftigt mich sehr. Ich hätte mich zumindest gerne bei ihm verabschiedet. Und dann auch noch dieser neue Lehrer, von dem ich ehrlich gesagt, noch nicht weiß, was ich von ihm halten soll. Zuerst ist er noch darauf aus, mit mir zu spaßen, im nächsten Moment weigert er sich, mich bei meinem Namen zu nennen. Okay, nicht bei meinem Spitznamen, der sich schon bei allen etabliert hat. Aber das sind alles nur Ausreden für Bruno, weshalb ich auf meine Notlüge zurückgreifen muss.

„Oh Toni, warum denn? Wir sind ganz alleine, niemand kann uns hören", raunt er an meinem Ohr und versucht, mit seinen Fingern unter meinen Rock zu gelangen.

„Ich weiß, aber ich habe meine Tage", sage ich und kann die Enttäuschung in seinem Gesicht erkennen und rollt sich schmollend auf den Rücken. „Wirklich?"

„Ja, komm lass uns die Hausaufgaben machen."

„Na schön", gibt sich Bruno Augen verdrehend geschlagen und holt unsere beiden Taschen von unten nach oben in sein Zimmer.

Meine Englisch-Hausaufgaben habe ich erledigt und wage mich an die Hausaufgaben, die uns Herr Engel aufgegeben hat. Da er noch nicht genau weiß, wie der Lehrplan aussieht, da er erst vor einer Woche erfahren hat, dass er eine Abschlussklasse bekommt, will er uns erst einmal besser kennenlernen und hat uns aufgetragen einen Lebenslauf und unsere Ziele für nach dem Abitur aufzuschreiben. In der Klasse gab es großes Gemurre, doch ich finde die Aufgabe toll. Denn ich weiß genau, was ich will und schaue verliebt zu Bruno, der immer noch an Mathe festhängt.

„Soll ich dir helfen?", biete ich mich an und sehe ihm über die Schulter.

„Nein, immerhin werde ich der Architekt von uns, da brauche ich von einer Juristin keine Hilfe in Mathematik", wedelt er mich mit seiner Hand weg.

„Aber Aufgabe 3,4,8 und 9 sind falsch", kichere ich, reiße mir seinen Block unter die Nägel und streiche mit einem roten Stift die falschen Lösungen aus.

Noch bevor ich mit allen Aufgaben durch bin, nimmt er mir den Block wieder weg und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Wenn du wieder anfängst auf Lehrerin zu spielen, mache ich keine Hausaufgaben mehr mit dir!", droht er mir spielerisch an und versucht seinen ernsten Blick standzuhalten, doch schafft es nicht mal annähernd so lange, wie er sich vorgenommen hat. Ein Kneifen von mir in seine Seite und er knickt lachend ein.

Bruno hält meine Hände fest, dass ich ihn nicht weiter kitzeln an. „Schreib du einfach deinen Aufsatz für Deutsch. Immerhin brauchst du den morgen."

„Du etwa nicht?", frage ich überrascht.

„Nein, ich nehme mir morgen frei", erwidert Bruno und lässt sich auf den Rücken fallen. „Ich würde dich ja fragen, ob du morgen mit mir frei machst, aber ich kenne dich zu gut und weiß, dass du niemals die Schule schwänzen würdest." Ein selbstgefälliges Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. Da hat er leider recht und schon gar nicht in der ersten Woche nach den Ferien.

Auch wenn der Aufsatz für Deutsch nicht bewertet wird, gebe ich mir besonders viel Mühe und sitze noch den ganzen Abend dran, nachdem ich mich von Bruno verabschiedet habe und nach Hause gefahren bin.

Ich nutze meinen Lebenslauf, den ich für mein letztes Praktikum in einer Anwaltskanzlei benötigt habe, nur dass ich meine Lebensziele auf der Rückseite einfüge und ihn aktualisiere.

Es ist schon dunkel, als ich endlich auf Drucken drücke und mir das fertige Exemplar überprüfe und es an meiner Zimmertür klopft.

„Herein", rufe ich und drehe mich auf meinen Schreibtischstuhl um.

Die Tür öffnet sich und meine Mutter streckt ihren Kopf hinein. „Hallo mein Schatz, sitzt du immer noch an deinen Hausaufgaben? Kann ich dir vielleicht helfen?" Sie tritt ein und schließt hinter sich die Tür.

„Ich bin gerade fertig geworden", sage ich und reiche ihr meinen Aufsatz. Besonders auf den Teil mit meinen Zielen bin ich besonders stolz.

Meine Mutter nimmt die Blätter, die ich ihr hinhalte, macht es sich auf meinem Bett bequem und liest ihn sich aufmerksam durch. An der ein oder anderen Stelle rümpft sie ihre Nase. Ich weiß genau welche Stelle sie meint.

„Toni, du weißt aber, dass du in einem Lebenslauf nicht nur deinen Spitznamen schreiben kannst oder?", meine Mutter schaut zu mir auf und sich mich durch dringlich an.

„Das weiß ich natürlich, aber mein neuer Lehrer will einfach nicht verstehen, dass ich nur Toni genannt werden will, er hat mich heute die gesamte Stunde immer Antonia genannt, wie Frau Glanz. Ich will ihm nur deutlich machen, dass er das bitte unterlassen soll", erkläre ich meiner Mutter und unterdrücke ein selbstgefälliges Grinsen. Es ist schon schlimm genug, dass Frau Glanz mich so nennt. Das man mich mit Antonia anspricht, soll nicht zur Normalität werden.

„Ist das der neue Lehrer, von dem Marlon erzählt hat? Wie war sein Name.. Herr Engel?", überlegt meine Mutter und sieht mich fragend an. Ich stimme ihr nickend zu.

„Wie ist er so? Kommt er an Herr Hene ran oder ist er schon unten durch wie Frau Glanz?" Die Fragerei beginnt, nicht nur das meine Mutter Anwältin ist und von Beruf aus, dass meine Mutter alles wissen will. Sie ist auch von Natur aus unglaublich Neugierig.

„Er kommt niemals an Herr Hene dran, dafür ist er viel zu jung." Bei diesen Worten spitzt meine Mutter sofort ihre Ohren. „Er macht einen ganz netten Eindruck, bis er sich weigerte mich Toni zu nennen und so lange er das nicht lässt, ist er wohl unten durch", beruhige ich sie und ihre Haltung entspannt sich wieder.

Meine Mutter hat mir vor ein paar Wochen von einem neuem Fall erzählt, indem es um eine Liebesbeziehung zwischen einem Lehrer und einer Minderjährigen Schülerin ging. Eigentlich ist es kein Fall, sondern eine 17 jährige Schülerin hat sich an sie gewandt um sich beraten zu lassen. Als sie mir davon erzählt hat, hat sie ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass sie es nicht für gut empfindet, jedoch nichts machen kann, da das Mädchen von einem Hypothetischen Ereignis gesprochen hat und meine Mutter der Schweigepflicht unterliegt.

Ihr sind also die Hände gebunden. Das ist etwas, was meine Mutter absolut nicht leiden kann, wenn sie gewisse Dinge nicht selbst in die Hand nehmen kann und eine passende Lösung dafür finden kann.

Es muss ein Geheimnis bleibenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt