33. Kapitel

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Wie eine Wahnsinnige rase ich durch den stockdunklen Morgen. Mein Glück ist, dass es bis jetzt noch nicht einmal diesen Winter geschneit hat und die Straßen einwandfrei befahrbar sind. Doch selbst wenn sie vereist wären, läge meine Aufmerksamkeit nicht darauf gerichtet. Es ist noch lange vor Unterrichtsbeginn und ich bin auf dem Weg in die Schule.

Flashbacks des gestrigen Gesprächs mit Marlon blitzen vor mir auf.

Herr Engel und ich? Bist du jetzt völlig übergeschnappt? Er ist unser Lehrer!", spie ich Marlon entgegen und gehe in Angriffshaltung. Bereit es weiter abzustreiten.
„Ich wünschte ich wäre es!", antwortet Marlon und zieht scharf die Luft ein. „Zu Beginn war ich mir auch nicht sicher, aber jetzt, wo du vorhin so hochsensibel auf dieses Thema reagiert hast bin ich mir sicher."
„Das ist doch absoluter Schwachsinn. Ich fand es nur so absurd, dass ist alles!", streite ich seine Anschuldigungen ab und rücke so weit weg von Marlon, wie es mir mein Bett erlaubt. Mit dem Rücken an dem Kopfstück meines Bettes und verschränke ich meine Arme vor der Brust, um zu verdeutlichen, wie lächerlich das alles ist. Zusätzlich bemühe ich den Blickkontakt so gering wie möglich zu halten.
„Absoluter Schwachsinn? Warum musst du dann unsere Eltern anlügen, dass du immer bei Thea wärst? Warum dürfen sie nichts von dem "Boulderfreund" erfahren? Und was für ein Zufall, dass du Silvester in Köln verbracht hast, genauso wie Herr Engel?"
All meine Bemühungen sind umsonst, denn in diesem Moment bröckelt meine Fassade und droht wie ein Kartenhaus zu zerfallen.
„Wo-woher weißt du, dass Herr Engel in Köln war?", stammle ich und kann nicht glauben, was Marlon eben von sich gegeben hat. Mein Herz droht mir aus der Brust zu springen, ich spüre es deutlich dagegen dröhnen. Marlon zieht seine Augenbrauen kraus. „Du es hast es mir gerade verraten. Du sitzt mächtig in der Scheiße, wenn das Mama rausfindet seid ihr beide am Arsch."

Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich hätte wissen müssen, dass Marlon nicht wissen konnte, dass Nick ebenfalls dort war. Woher auch? Wir haben das erst in der letzten Stunde vor den Winterferien besprochen. Ich könnte mir selbst in den Arsch beißen. Marlon hat mir eine fiese Falle gestellt und ich bin voll drauf reingefallen. Verdammte Scheiße.

Endlich ist die Schule in Sichtweite und ich steuere direkt darauf zu, auf meinen üblichen Parkplatz. Direkt neben Nicks Auto. Das eines der einzigen Fahrzeuge zu dieser viel zu frühen Uhrzeit ist. Es ist gerade mal 6:45 Uhr. Vor halb 7:30 Uhr, sollten keine Schüler hier sein.

Ich sammle meine Sachen von meinem Beifahrersitz zusammen, die durch meinen rasanten Fahrstil aus der Tasche gefallen sind und steige aus. Ein prüfender Blick über das Gelände der Schule, dass mich keiner sieht und ich setze zum Gehen an Geradewegs in die Richtung von Nicks Büro. Die Flure sind Menschenleer und bisher nur schwach beleuchtet. Das einzige Licht, dass mich meinen Weg erkennen lässt, kommt durch die vereinzelten angelehnten Türen, der Klassensäle, in denen schon Licht brennt. Lautlos versuche ich durch die Flure zu eilen. Nicht das einer der bereits anwesenden Lehrer auf die Idee kommt, nachzusehen wer sich hier um diese Uhrzeit herumirrt. In meinem Kopf ploppen tausende Szenarien auf, in denen noch mehr Menschen über unsere Beziehung erfahren. Für eine plausible Antwort, warum ich über eine Stunde vor Unterrichtsbeginn mich hier aufhalte, habe ich nicht.

Erfolgreich, ohne von jemanden entdeckt zu werden, komme ich vor Nicks Büro an. Ich nehme einen letzten Atemzug, bevor ich ohne zu klopfen einfach die Tür ausreiße und hinter mir verschließe.

„Toni", kommt erstaunt von Nick und blickt von seinem Laptop vor sich auf und das Lächeln, dass bis eben noch auf seinen Lippen zu finden war, schwindet bei meinem Anblick. Die letzte Nacht, war alles andere als erholsam für mich und tiefe Augenringe zieren meine Augen. Immer wieder bin ich in Gedanken durchgegangen, wie ich Nick von Marlons Wissen informieren soll. Immerhin war ich diejenige, die es ihm im Endeffekt verraten hat. Es ist zum Haareraufen.

Es muss ein Geheimnis bleibenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt