Leid

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Sicht Sherlock

Ich wollte gerade etwas erwidern, aber es knackte am anderen Ende der Leitung, bevor das Gespräch dann beendet wurde. Geschockt starrte ich auf das Display meines Smartphones. Das konnte nicht sein. Warum gerade jetzt? Moriarty! Dieser elende Wicht. Er hatte meinen John und er fügte ihm Schmerzen zu. Wut stieg in mir auf. „Mrs. Hudson!", hörte ich mich rufen. „Ja-ha Sherlock - ich komme schon.", rief sie während sie mit schnellen Schritten die Treppen hinauf zu unserem Appartment stieg. Noch während sie die Tür öffnete, sagte ich: „Sagen sie ihre Verabredung ab." „Woher-?" „Ihr Parfüm - es ist ein schwerer Duft, ihr Lippenstift - viel zu auffällig, für einen gewöhnlichen Fernsehabend und zu guter Letzt: Ihr Kleid. Sie tragen es nur zu besonderen Anlässen. Und jetzt los. Sagen sie ihre Verabredung ab - sie passen heute Nacht auf die Kleine auf. Fläschchen finden sie neben dem Bunsenbrenner in der Küche. Ich habe sie bereits schlafen gelegt. Sie ist frisch gewickelt und außerdem hochgradig erschöpft. Es sollte also ein recht entspannter Abend für sie werden.", ich redete schnell, mein Verstand arbeitete wieder auf Hochtouren. „Gütiger Sherlock. Was ist los? Wo ist John?", sie setzte ihren mütterlich-besorgten Blick auf. „Ich weiß es nicht. Und das gefällt mir ganz und gar nicht."

In Windeseile zog ich meinen Mantel an und rannte aus dem Appartment. Vor der Tür stand bereits ein Taxi und ich stieg ein. „St. Bart's Hospital." Meine Stimme war zwar ruhig und monoton, aber in meinem Kopf herrschte Chaos. Ich versuchte mich krampfhaft darauf zu konzentrieren, wie meine nächsten Schritte aussehen sollten, aber alles woran ich denken konnte war John und wie ich ihn hatte vor Schmerzen keuchen hören. Er tat ihm weh. Meinetwegen musste John leiden. Er hatte genug gelitten die letzten Monate. Moriarty sollte nicht ihm wehtun, sondern mir - ich war es doch, den er wollte. John hatte er nur entführt, weil er wusste, dass er mein Druckpunkt war - meine einzige und zugleich meine größte Schwäche. Meine Gefühle für Dr. John Watson. Ohne diese verdammten Gefühle, wäre es Moriarty überhaupt nicht möglich, mich so unter Druck zu setzen. Verdammt. Wie ich es drehte und wendete, immer war ich derjenige, der für das Leid von John verantwortlich war und es ließ in mein ein merkwürdiges Gefühl aufsteigen... Schuldgefühl?

Sicht John

Ich musste würgen. Ein Geschmack von Eisen erfüllte meinen Mund und Rachenraum. Ich spuckte eine warme, rote Flüssigkeit aus. Der Schlag schien mir innere Verletzungen zugefügt zu haben, denn der Schmerz in meinem Brustkorb nahm immer weiter zu - benebelte meine Sinne. Ich musste einen Weg finden, zu flüchten - wenn Sherlock mich fand würde Moriarty ihm etwas antun und das durfte nicht geschehen. Sherlock durfte nichts passieren. Jemand musste sich um die Kleine kümmern und Sherlock hatte mir bewiesen, wie toll er sich als Papa machte. Sebastian holte aus traf mit seinem Schlag meine rechte Wange. Ich spürte jeden der vier Ringe - sie gruben sich für Sekundenbruchteile während des Aufpralls in mein Fleisch. Ein lautes Knacken war zu hören und es hallte wie ein Echo in meinem Kopf nach. Der darauf folgende Schlag auf dieselbe Stelle traf mich mit so unvorstellbarer Wucht, dass mir schwarz vor Augen wurde. Wenigestens hört jetzt der Schmerz auf, dachte ich.

Sicht Sherlock

Hastig stolperte ich aus dem Inneren des Taxis, drückte dem Fahrer etwas Geld in die Hand und stieß die großen Eingangstüren des Krankenhauses auf. Mit schnellen Schritten lief ich die Treppen hinunter zu meinem Labor - ich hatte Molly bereits eine Nachricht gesendet. Ich konnte ihre Hilfe nun gebrauchen - mein Kopf war zu benebelt vor Sorge um John. Durch die Glasscheibe der Tür konnte ich Molly bereits sehen. Sie legte gerade ihre Jacke ab und streifte ihren Kittel über. „Sherlock? Alles in Ordnung? Was ist mit John?" „Es ist doch wohl mehr als offensichtlich, dass nicht alles in Ordnung ist. John ist entführt worden. Ich muss Ihnen wohl nicht erklären, dass ich ihn so schnell wie möglich finden muss, bevor man ihm noch Schlimmeres antut." „Ja - natürlich.", ihre Stimme war leise und zitterte leicht. „Tu-Tut mir Leid, Molly. Ich mache mir große Sorgen um John. Wie es scheint ist Moriarty am Leben und ich habe keine Ahnung, was er mit John anstellen wird, wenn wir ihn nicht in den nächsten 23 Stunden finden." „Verstehe. Wo fangen wir an?"„Moriarty hat von John's Handy aus angerufen. Da ich keine anderen Hinweise von ihm erhalten habe, gehe ich davon aus, dass er es mir einfach machen will. Wir brauchen bloß das Handy zu orten und schon wissen wir, wo er John versteckt hält. Offenbar scheint er zu wollen, dass ich ihn möglichst schnell finde."

Bereits wenige Minuten später, hatte ich das Handy mithilfe einer speziellen Software orten können. Laut der Anzeige befand sich das Handy auf einem stillgelegtem Fabrikgelände etwas außerhalb der Stadt - mit dem Auto etwa eine Stunde entfernt. „Soll ich Greg Bescheid geben? Er könnte Verstärkung anfordern." „Nein bloß nicht. Ich kann keine Polizei gebrauchen. Moriarty will mich. Allein. Sonst hätte er nicht John entführen müssen, dann hätte er auch einfach einen simplen Mord begehen können." Mit diesen Worten machte ich auf dem Absatz kehrt und verschwand aus dem Labor.

„Sherlock? Warten sie!", Mollys Stimme hallte über den Gang. „Soll ich mitkommen? Ich meine, ich könnte ihnen vielleicht irgendwie helfen..." Sie wurde leicht rot. „Nein. Sie bleiben hier. Moriarty verlangt nach mir - sie würden nur zwischen die Fronten geraten. Ich werde ihnen eine Nachricht senden, falls ich ihre Hilfe benötigen sollte, also halten sie sich bereit."

*Johnlock* Sein letzter SchwurWo Geschichten leben. Entdecke jetzt