Kontrolle

299 24 7
                                    

Sicht John

Blinzelnd öffnete ich meine Augen. Um mich herum herrschte Halbdunkelheit. Wenigstens nicht schon wieder im Krankenhaus. Ich lag weich, mein Kopf war leicht erhöht und ich war zugedeckt. Durch die Decke spürte ich, dass eine Hand auf meinem Bauch lag. Gepflegte Fingernägel und lange dünne Finger, es war Sherlocks Hand die dort sanft auf meinem Bauch ruhte. Ich drehte den Kopf zur Seite und spürte, wie Sherlocks dunkle Locken meine Stirn striffen. Unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und ich konnte seine tiefen, ruhigen Atemzüge auf meinen Wangen spüren. Eigenartigerweise fühlte sich die Nähe zu ihm unbeschreiblich gut an. Lange hatte ich keinen Menschen mehr so nah bei mir gehabt – das Gefühl von Geborgenheit erlebt. Mein Herz hämmerte und Blut schoss mir ins Gesicht. Das hier war Sherlock – das absolute Gegenteil von Wärme und Geborgenheit. Ich richtete mich langsam auf und ließ mein Blick durch das Halbdunkel des Zimmers schweifen. Es war mein Schlafzimmer. Sherlock musste mich hinauf getragen haben. Der Gedanke daran, wie Sherlock mich in seinen Armen hielt, ließ mich erröten. Er schien sich tatsächlich um mich zu sorgen. Mehr noch – er kümmerte sich um mich. Ich spürte wie mir erneut schwindelig wurde und ich legte mich wieder zurück auf mein Kissen, das Gesicht noch dichter an Sherlocks. Mein Blick wanderte von seinen dichten Locken, über seine geschlossenen Augen bis zu seinen perfekt geformten Lippen. Wahnsinn, wie wunderschön er aussah, während er schlief. Ich verspürte auf einmal das dringende Verlangen, ihn zu berühren... Durch seine dunklen Locken zu fahren und seine perfekten Lippen zu - Was war los mit mir? Neben mir lag Sherlock Holmes, der wohl arroganteste und ignoranteste Mann, den es gab und ich hatte solche Gedanken. Absurd. 

Ich umfasste gerade seine Hand, um sie neben ihn zu legen, als er plötzlich die Augen öffnete. „John?“ Ich erstarrte. Es musste für ihn so aussehen, als würde ich seine Hand halten wollen. Oh Gott. Seine Augen musterten mich. Ich hielt seine Hand immernoch in meiner. Mein Herz schlug rasend schnell und ich spürte, wie ich rot wurde. Schnell ließ ich seine Hand los und kehrte ihm den Rücken zu. „John?“, seine Stimme klang müde. „I-Ich wo-wollte... E-Es tut mir Leid. Ich wollte bloß... Deine Hand lag auf meinem Bauch und i-ich...“ Sherlock sprang auf und ging hastig zur Tür. Ich konnte erkennen, dass sein Gesicht puterrot angelaufen war. Moment. Sherlock war nie irgendetwas peinlich. Er liebte es den Oberlehrer zu spielen. Vor Gericht hatte er sich deshalb einen Saalverweis eingehandelt. Ihm war absolut nichts peinlich. Aber ich hatte es gesehen – er war rot geworden. Die Tür fiel ins Schloss.

Sicht Sherlock

Für eine Sekunde hatte ich nicht die Kontrolle. Wie unüberlegt von mir. Sonst war doch John der Idiot und nicht ich. Ich spürte wie mein Gesicht heiß wurde. Wurde ich etwa rot? Ich wurde nie rot. Warum auch? Lästige Dinge, wie Gefühle oder gar Scham hinderten mich am Denken - John hinderte mich am Denken.

Er wirkte so zerbrechlich und hilflos.

Ich hatte das starke Verlangen danach ihn zu beschützen, ihn zu berühren, ihn spüren zu lassen, dass ich da war. Nein! Ich ließ mich zu sehr von meinen Gefühlen übermannen. Genau das hatte ich verhindern wollen. Ich musste John meiden, so etwas durfte nicht noch einmal  geschehen. Was, wenn er bemerkte, was ich für ihn empfand? Was, wenn Andere bemerkten, was ich für ihn empfand? Er war meine größte Schwäche. Mein Druckpunkt. Die wichtigste Person. Hastig ging ich in die Küche und setzte mich an mein Mikroskop. Es gab noch einige Fälle, die ich zu lösen hatte. Konzentration auf die Fälle. Keine Ablenkungen. Kein John. 

*Johnlock* Sein letzter SchwurWo Geschichten leben. Entdecke jetzt