Gesucht - Gefunden

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Sicht Sherlock

Wo sollte ich suchen? Wo konnte er sein? Mein Verstand ging alle Möglichkeiten durch, wo sich John aufhalten könnte. Erste Möglichkeit - Brücke - vielleicht wollte er springen. Zweite Möglichkeit - Bart's - vielleicht wollte er fallen. Dritte Möglichkeit - Schon rannte ich los, getrieben von der Sorge um meinen Blogger. Zwanzig Minuten. Zwanzig Minuten bräuchte ich mit dem Taxi zur Millennium Bridge. Dreißig Minuten mit der U-Bahn. Zu lange. Bis dahin wäre er längst gesprungen. Ich zog mein Smartphone aus der Manteltasche und mobilisierte vier Personen aus meinem Obdachlosen-Netzwerk. Sie würden mir Rückmeldung geben, ob er sich an der Millennium Bridge aufhielt oder nicht.

Ich winkte ein Taxi heran und stieg ein. „Saint Bartholomew's Hospital.", hörte ich mich sagen. Die gesamte Taxifahrt über, konnte ich meine Hände dabei beobachten, wie sie unkontrolliert zitterten. Das war... Angst? Sorge? Auf jeden Fall fühlte es sich sonderbar an. Mein Herzschlag war schnell und ich nahm kaum etwas in meiner Umgebung war. Wir hielten an einer roten Ampel und ich sah aus dem Fenster, versuchte die vorrübergehenden Passanten zu deduzieren. Alles woran ich denken konnte war John und wo er sich gerade aufhielt. Ob es ihm gut ging.

Wir hielten vor einem riesigen Gebäude. Dem Bart's. Der Ort, an dem wir uns das erste Mal begegnet waren. Wo alles begonnen hatte. Seit dem Moment, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte er mich auf sonderbare Weise fasziniert. Natürlich war er ein Idiot, aber er war anders als all die anderen Idioten. Aufhören! Ich musste klar denken, um ihn zu finden - um ihn zu retten.

Mit schnellen Schritten lief ich durch die Gänge des Krankenhauses zu meinem Labor. Ich öffnete die Tür, sah mich um, konnte ihn aber nirgends finden. Ich hastete weiter, die Treppen hinauf bis ich schließlich die kalte Luft spürte und ich auf dem Dach des Krankenhauses stand. Drei Jahre war es nun her. Drei Jahre - seit meinem Fall. Es hatte mich innerlich zerrissen John verlassen zu müssen, aber ich hatte es tun müssen, um ihn zu schützen. Verdammt. Diese Erinnerungen lenkten mich von meiner Suche nach ihm ab.

Ich lief das gesamte Dach ab, aber John war nirgends zu finden. Gerade lief ich auf die Stelle zu, von der ich vor exakt drei Jahren ‚in den Tod gestürzt' war, als etwas in meiner Manteltasche vibrierte. Ich zog mein Handy hervor und las die Nachrichten meiner Informanden. Sie hatten in der Zwischenzeit die Millenium Bridge nach John abgesucht, hatten aber keine Spur von ihm finden können. Mindpalace. Ich musste in meinem Gedächtnispalast nach einem Ort suchen, an dem John sich aufhalten könnte. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. „Offenkundig.", flüsterte ich leise zu mir selbst.

Ich rannte die Stufen hinab zum Ausgang des Krankenhauses und winkte ein Taxi heran. Die alte Wohnung! Er war in seiner alten Wohnung! Während der Fahrt dachte ich daran, wie ich ihn vor einigen Tagen halb tot in seiner Badewanne gefunden hatte und schauderte. Hoffentlich ging es ihm gut. Erst jetzt bemerkte ich, wie fixiert ich auf ihn war. Normalerweise interessierte es mich wenig, wie es den Idioten um mich herum ging, aber er war anders. Ich war nicht irgendein Idiot - er war John Watson. Mein bester Freund.

Das Taxi hielt vor seiner alten Wohnung, ich bezahlte den Taxifahrer und stieg aus. Mein Atem stockte. John. Ich sah ihn auf der anderen Straßenseite auf dem Gehweg sitzen. Seine Augen starrten auf den Boden und er zitterte am ganzen Körper. „John...", flüsterte ich während ich mich ihm näherte. „John...", flüsterte ich wieder und kniete mich neben ihn. „John, was ist denn los?" Ich verspürte starke Schmerzen in meiner linken Brust. Verdammte Gefühle. Wären sie nicht gewesen, hätte ich ihn früher gefunden. Sie trübten meinen Verstand - mein Denkvermögen wurde ihretwegen eingeschränkt.

„Sh-Sherlock...", seine Stimme war zittrig. „E-Es tut mir so Leid... Ich wo-wollte dich nicht kü-küssen... Ich bin so ein verdammter Idiot. Ma-Mary ist tot und ich - ich küsse meinen besten Freu-Freund." Er wollte mich nicht küssen? Aber ich hatte es in seinen Augen gesehen. Seine Pupillen waren geweitet und ich hatte sein Herz laut und schnell schlagen hören. Er war ohne Zweifel verliebt in... mich. „Ja du bist ein Idiot.", sagte ich schnell. Ich kniete direkt vor ihm auf dem Gehweg. Er sah hoch und ich konnte direkt in seine Augen sehen. „A-Aber du bist mein Idiot.", flüsterte ich und strich ihm mit dem Daumen über seine Wange. Ich zog ihn an mich und küsste ihn sanft, berührte seine weichen Lippen.

Sicht John

Er küsste mich tatsächlich! Es fühlte sich... unwirklich an. Wie konnte es sein, dass Sherlock so anders zu mir war? Warum verhielt er sich so... sonderbar? War es tatsächlich möglich, dass Sherlock Holmes in der Lage war zu - lieben? Mich zu lieben?

Er löste sich aus unserem Kuss und riss mich augenblicklich aus meinen Gedanken. „Nicht gut?", fragte er sichtlich verwirrt. Wortlos zog ich ihn zu mir und küsste ihn. Meine Hände umfassten seinen Nacken und wanderten hinauf zu seinem Haar, fuhren durch seine dichten Locken. Es fühlte sich unbeschreiblich an. Dieser Moment war perfekt. Sherlock war perfekt. Lange hatte ich mich nicht mehr so lebendig gefühlt, wie in genau diesem Moment. Wärme erfüllte meinen Körper, wich der eisigen Kälte meiner Suizidgedanken.

„John..." Er keuchte, völlig außer Atem. „John, wir sitzen auf einem Bürgersteig, jeder kann uns sehen. Wir wollten das hier vielleicht ins Warme verlegen.." Ich musste lachen. „Die Leute reden sowieso. Meinetwegen könnten wir auch hier bleiben. Solange du bei mir bist, ist alles egal." Er lächelte mich an und wurde rot. „Weißt du, mir wäre es lieber im Warmen zu sein. Mit dir, natürlich."

*Johnlock* Sein letzter SchwurWo Geschichten leben. Entdecke jetzt