3. Kapitel

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,,Hast du überhaupt die Erlaubnis von ihr auf dem Handy rum zu schnüffeln?" fragte Hadi, ein Freund von mir, mich als er Charlie's Handy wieder hinbekommen hatte.,,Sie hat es mir gegeben und ich habe gesagt was ich damit mache." Er klickte auf den Dateien umher und wühlte immer weiter während ich hinter seinem Stuhl stand und mich am Tisch abstützte.,,Geh mal da rauf." meinte ich als ich ein Cover eines Videos sah, wo es ziemlich nach Party aussah.,,Ziemlich alt. Sie scheint das Handy schon lang zu haben." Ich denke, sie weiß nicht mal, dass sie diese Dateien noch auf dem Handy hatte. Manches findet man nicht. Erst wenn man es an einen Computer anschließt findet man viel viel mehr. Vorallem kann man da vielleicht manches wiederherstellen.
Er spielte das Video ab aber es schien, als wurde das Video heimlich gemacht. Eine junge Frau filmte sich wie sie sich mit einem Mann unterhielt.
,,Hast du's?" fragte sie kichernd wonach der Mann zu ihr ins Bild kam.,,Jetzt brauchen wir nur noch Charles." schmunzelte er und nahm ihr das Handy ab um es zu positionieren. Die waren sich aber ziemlich sicher bei der Sache. Vielleicht war das auch nicht ihr Handy sondern wer anders hatte gefilmt und ihr das geschickt?
Die Party ging immer noch weiter bis immer mehr Leute verschwanden. Charlie hatte wirklich ein Glas getrunken, mit dem was nicht stimmen sollte.
Nachher waren sie und ein Mann allein. Er drehte sich kurz zur Kamera.,,Stopp!" Ich klickte auf seine Maus und spulte etwas zurück.,,Was?" fragte Hadi.
,,Ich weiß wer das ist... Der hat sie letztens angefasst! Ein Schwein." Ich machte das Video weiter und verfolgte alles mit.
Sie wollte gehen, weil es ihr nicht so gut ging aber der Typ wollte das nicht. Durch die Musik konnte man kaum ein Wort verstehen.
Er packte sie und schmiss sie auf die Couch. Charlie wollte wieder aufstehen aber er legte sich über sie und begann sie zu küssen.
Die erste Zeit drückte sie ihn immer wieder weg aber nachher ließ sie es zu und ließ es mit sich machen.
,,Halt das an.",,Was ist das für ein Video...?" Das fragte ich mich aber auch... Widerwertig.,,Vielleicht redest du mal mit ihr. Scheint als hätte sie keine schöne Vergangenheit." meinte Hadi voll Mitleid.,,Vergangenheit rechtfertigt kein Verhalten, Bruder.",,Weiß man nicht. Vielleicht will sie einfach keine Freunde haben und ekelt alle weg." Das machte für mich nur ein bisschen Sinn. Warum denn alle? Es gab auch Leute die ihr nichts schlechtes wollen.

Dieses Video zerbrach mir wirklich jeden Tag den Kopf wenn ich sie an der Haltestelle sah. Ja, mein Auto brauchte etwas länger als geplant aber das war okay.
Ich wollte sie eigentlich drauf ansprechen aber auf ihre ekelhafte Art hatte ich keine Lust.
Jedoch hatte ich das Gefühl ihr das sagen zu müssen... Ich musste es tun. Also verschlug es mich ein paar Tage später wieder zur Straßenbahn. Auf dem Rückweg vom Studio gesellte ich mich dann seit langem wieder auf die Bank neben sie.
Diesmal nahm ich ihr die Kopfhörer nicht weg und sah sie einfach nur an. Bitte sei nicht frech...
,,Was willst'?" fragte sie und machte die Musik aus.
,,Ich wollte mit dir reden." meinte ich worauf sie etwas zur Seite rutschte.,,Dein ernst jetzt?" fragte ich sie.,,Tut mir leid. I-",,Erzähl mir nicht, dass es dir leid tut. Ich will mich mit dir unterhalten. Ich will dir was wichtiges sagen und du rutschst einfach weg. Wurdest du überhaupt erzogen?" Sorry, aber irgendwann drehte ich bei sowas durch!,,Tut mir leid! Komm runter! Ich hör dir doch zu!" Ich seufzte verächtlich und sah kopfschüttelnd auf den Boden.,,Warum bist du so? Ich komm da nicht hinter." fragte ich sie bevor ich das ansprach was ich ursprünglich ansprechen wollte.
,,Manche Sachen haben andere einfach nicht zu wissen." sagte sie und sah dabei in meine Augen.
,,Wer weiß es?" fragte ich weiter wonach sie wie hypnotisiert auf den Boden sah. Ihr Blick wanderte langsam wieder zu mir.
,,Niemand. Außer mein Psychiater damals." Bei einem Psychiater zu sein kann einem echt helfen. Wie schlecht musste der denn sein?
,,Du brauchst doch Freunde mit denen Du reden kannst. Was ist mit deiner Familie? Die ist doch sicher auch für dich da.",,Raf! Nein! Du hast keine Ahnung! Halt bitte einfach den Mund!",,Du hast ein unmögliches Verhalten an Dir und egal was Dir jemals passiert ist, das kann das einfach nicht rechtfertigen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Eltern stolz auf dich sind." Kaum eine Sekunde nach meinem Satz fing ich mir eine gewaltige Ohrfeigen ein.
Das war gewaltig gewaltig... Mit großen Augen hielt ich mir meine Wange und starrte erschrocken auf den Boden. Ich fuhr mit meiner anderen Hand durch mein offenes Haar und sah dann zu ihr.
,,Das wollte ich nicht..." murmelte sie.,,Ich mag es nur nicht, wenn jemand so über meine Eltern redet. Ich weiß, dass du das nicht wissen kannst aber das zu hören ist schwer für mich. Und nochmal wegen dem Erziehen... Das wurde ich seit meinem dreizehnten Lebensjahr nicht mehr. Kann sein, dass da viel fehlt..." sagte sie leise.
,,Ich hatte Angst vor dir. Deswegen hab ich mich weiter weg gesetzt. Im Zug ja auch mal... Ich hab auch immer noch Angst vor dir." warte, was? Sowas hatte ich echt noch nie gehört. Nachdenklich und auch etwas aus den Socken gehauen starrte ich in ihre kräftig blauen Augen. Sie war so eine wunderschöne Frau wenn sie nicht so scheiße wäre... Aber es wendete sich gerade echt dem Guten zu.
,,Was ist mit deinen Eltern?" fragte ich und sah zum anfahrenden Zug.
,,Ich hab dir mehr erzählt als jedem anderen. Das muss dir reichen." Sie stand auf aber anstatt auf den Zug zu warten ging sie zu Fuß. Ich musste dieses Gespräch ganz kurz realisieren... Das ging gerade alles viel zu schnell. Mit dieser Seite von ihr hatte ich nicht gerechnet.
Schnell sprang ich auf und rannte ihr hinterher.
,,Ich kann mir denken was passiert ist und das ist bestimmt nicht schön aber das an anderen auszulassen ist auch nicht gerade die beste Variante." fing ich an und streifte wieder meine Haare nach hinten.,,Ich lass es doch nicht an dir raus! Ich will mich einfach mit keinem anfreunden damit ich nicht enttäuscht werden kann. Seit ich siebzehn bin hat sich keiner mehr um mich gekümmert und daran habe ich mich gewöhnt." erklärte sie kurz. Naja, das war auch eine Erklärung...,,Wie alt bist du jetzt?" fragte ich Charlie.,,27 und du?"
,,32. Aber du kannst dich doch bestimmt auf eine Person einlassen wenn du sie magst. Hattest du noch nie so ein Gefühl wenn du jemanden gesehen hast, dass du diese Person weiter hin treffen willst?" Als hätte ich sie mit meinen Worten erneut hypnotisiert starrte sie vor sich hin.,,Ich hatte das Gefühl, glaube ich... Ich bin mir nicht sicher. Ich denk zu viel nach." Sie fuhr mit ihrer Hand durch ihr Gesicht und schluchzte dabei.
,,Schon gut. Mir tut das echt leid wie ich mit dir geredet habe. Und über deine Eltern und so." entschuldigte ich mich. Ich hatte so ein krass schlechtes Gewissen. Diese Sache wollte ich ihr jetzt auch nicht mehr erzählen...
,,Tut mir auch leid... Vielleicht können wir ja nochmal von neu anfangen." Das war doch mal ein Vorschlag.,,Gerne. Komm, vielleicht schaffen wir noch die nächste Haltestelle." Ich nahm sie an die Hand und zog sie hinter mir her.
Man konnte sie auch schon sehen und die Bahn war knapp hinter uns.
Charlie griff fest meine Hand, was mich schmunzeln ließ. Diese kleinen Hände waren so niedlich...
Und gerade als die Bahn stehen blieb, betraten wir die Erhebung.
Charlie sprintete vor mir in einen Wagon und ich ihr hinterher. Ganz knapp, bevor die Türen sich wieder schlossen.
Mit der Annahme, sie würde wieder allein sitzen wollen, setzte ich mich weiter von ihr weg. Anscheinend passte ihr das nicht.
Charlie nahm ihre Tasche und setzte sich neben mich.
,,Keine Angst mehr?" fragte ich sie amüsiert und sah zu ihr.
,,Das ist nicht witzig. Ich habe immer noch Angst vor dir aber es ist nicht deine Schuld." erklärte Charlie. Von ein auf die andere Sekunde war sie einfach ein komplett anderer Mensch... Wahnsinn. Mal sehen was nachher aus uns wird. Diese kleine Auseinandersetzung hatte uns auf jeden Fall sehr gut getan.
,,Was ist eigentlich mit deinem Auto?" fragte sie mich und sah kurz auf ihr Handy was sie dann in ihre Tasche packte.,,Das braucht ein bisschen länger als gedacht aber ich fahre eigentlich doch ganz gern Bahn." sagte ich und setzte meinen Ellenbogen an die dünne Fensterkante um mit meiner Hand meinen Kopf stützen zu können.
,,Achso. Ich hab' mich schon gewundert." lächelnd sah ich zu ihr was sie auch gern bemerken konnte. Tat sie auch. Und sie lächelte selbst... Dieses Verlegene fand ich unheimlich süß. Ich sag ja, ein neuer Mensch.
,,Hast du irgendwann Zeit? Also treffen oder so?" fragte sie mich.
,,Ich bin nur noch diese Woche in Wien. Danach siehst du mich drei Wochen nicht mehr." mit offenem Mund sah sie zu mir.,,Warum?" fragte sie enttäuscht.,,Arbeit." antwortete ich nur kurz.
,,Achso... Arbeitest du noch was anderes?" fragte sie mich weiter.,,Nicht wirklich. Nur nebenberuflich aber das ist nicht wichtig." damit log ich sie ja mal sowas von an... Vorallem wo Mörder jetzt rausgekommen ist, ist es nur eine Frage der Zeit wann sie es mitbekommen würde... Ich konnte mich glücklich schätzen, dass diese Bahn und diese Haltestellen immer ziemlich leer waren. Jedenfalls um diese Zeit. Sonst wäre sicher schon etwas passiert.
,,Musst du jetzt nicht aussteigen?" machte Charlie mich drauf aufmerksam.,,Ich dachte, ich komme kurz mit zu dir." Ich sah nicht zu ihr aber ich wusste, dass sie grinste.

These high walls - RAF Camora FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt