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~Draco POV~

„Draco, sei später ein Schatz und zeig Hermione eines der Gästezimmer!", steckte sie ihren Kopf noch einmal durch die Tür und er kniff sich innerlich selbst für seine Blödheit.
Warum hatte er es nicht früher erkannt?
„Ist schon ok. Ich appariere nach Hause.", lallte Granger ihm zu, nachdem sie ihn mit einem abschätzigen Blick bedacht hatte.
„Klar. Meinst du, du kannst so betrunken noch apparieren, ohne dich in alle Winde zu zerstreuen?", lachte er freimütig.
„Ich schaff das!", sagte sie entschieden und stand auf. Sie schwankte für eine Sekunde und stand dann aufrecht. Ihr Blick suchte seinen und ihre Augen wurde schmaler, als sie seine spöttische hochgezogene Augenbraue sah.

„Sei nicht so gönnerhaft.", knurrte sie leise.
„Warum nicht? Ich falle dann in mein weiches Bett, während du wahrscheinlich immer noch hier stehst und versuchst zu apparieren.", grinste er.
Es tat gut mit ihr zu streiten - das war normal für sie beide.
Sie sagte nichts dazu, sondern ging zum Barwagen und goss sich noch ein Glas Wein ein.
Wie als ob sie ihm sagen wollte: >Jetzt erst recht!<.

„Dir ist klar, was sie vor hat, oder?", fragte sie ihn nach einer Weile.
„Der Gedanke kam mir ungefähr nach dem Dessert.", bestätigte er ihre Vermutung. Und wenn auch Granger es gespürt hatte, dann mussten sie beide auf der Hut sein. Seine Mutter konnte ziemlich ehrgeizig werden und würde nichts unversucht lassen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.

„Deswegen sollte ich wirklich gehen!", sagte sie in den Raum hinein.
„Solltest du.", bestätigte er auch das.
Aber sie bewegte sich keinen Millimeter.
Fast hätte er über sie gelacht. Er sah es ihr an, dass sie gehen wollte, aber ihr Körper schien nicht mitmachen zu wollen. Ein Nachteil am Alkohol, er machte träge. Draco kannte das nur zu gut.

„Komm schon. Ich bring dich ins Gästezimmer.", murmelte er und ging auf sie zu. Ihr alkoholgeschwängerter Blick glitt zu ihm und er blieb stehen.
Da war etwas in ihren Augen.
Etwas das er nicht benennen konnte.
Etwas das er nicht verstand.
Dann schüttelte sie den Kopf und kam langsam in die Gänge. Er beobachtete sie ganz genau, nicht unbedingt um einzugreifen falls sie umfiel, sondern eher weil er ihr nicht traute.

Sie ging hinter ihm her durch das große Haus und bestaunte die Kunst die überall verteilt war, Gemälde und Vasen, Wandteppiche und Skulpturen - er hörte sie immer wieder nach Luft schnappen und >Wow< Murmeln.

Sie kamen auf dem Weg den er eingeschlagen hatte, an dem Saal vorbei, der zu den Kerkern herunter führte. Draco verfluchte sich innerlich selbst, dass er diesen Weg genommen hatte, aber er war selbst nicht mehr ganz nüchtern und hatte nicht darüber nachgedacht. Er war einfach auf dem schnellsten Weg unterwegs.

Sie blieb stehen und Draco fiel es erst auf, als sie schon durch die halb offene Tür getreten war.
„Granger!", rief er und ging ihr hinterher.
Draco überrollte die Erinnerung an diesen Tag mit einem Mal. Aber er mochte sich kaum vorstellen wie es ihr wohl ging.

~Hermione POV~

Das war der Saal.
Der Saal indem Bellatrix Lestrange sie gefoltert hatte.
Als die Malfoys allesamt nur zugesehen hatten. Lucius, Narcissa und auch Draco Malfoy. Sie hatte das Grauen in ihren Augen gesehen, während ihre Schreie durch das Haus hallten. Aber keiner hatte ihr geholfen.

Sie sank zu Boden, genau an der Stelle an der sie damals gelegen hatte. Ihre Hände lagen auf dem dunklen Holz.
„Granger!", Malfoy stand hinter ihr und sie spürte wie hilflos er sich in dem Moment fühlte.
„Bitte Granger. Lass uns gehen.", seine Hand legte sich auf ihre Schulter.

Sie spürte wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Sie konnte nichts dagegen tun.
Das war doch mal Traumabewältigung! Erst ließ sie sich volllaufen und dann ging sie an den Ort zurück an dem ihr so viel Leid zuteil geworden war.
Es fühlte sich zwischen all dem Schmerz sogar etwas befreiend an. Der Saal war sehr viel weniger beängstigend ohne Bellatrix.

„Tut mir leid.", sie lachte und weinte gleichermaßen. Die Situation war einfach zu viel für sie und in ihr Brach ein sorgsam aufgebauter Damm. Die Tränen flossen ungehemmt.
„Granger ...", er kam um sie herum, um ihr ins Gesicht sehen zu können. Er hockte direkt vor ihr und sah sie an. Eine Hand immer noch auf ihrer Schulter.

Durch ihren verschleierten Blick sah sie, dass er sie musterte. Sie war ihm noch nie so nah gewesen. Seine Augen hatten blaue Sprenkel an der Iris und die Betrachtung seiner Augen beruhigte sie zusehends. Die Tränen versiegten und sie atmete angestrengt.

„Tut mir leid.", sagte sie noch einmal langsam.
„Hör auf das zu sagen! Und lass uns bitte gehen, ich hasse diesen Raum!", gestand er leise. Er zog sie auf die Füße und raus aus dem Saal. Die wuchtige Tür fiel hinter ihnen ins Schloss.
Schwer atmend standen sie sich gegenüber.

„Granger ... ich hab es dir nie gesagt, aber es tut mir wirklich leid.", sagte er leise mit dem Blick zur Tür.
Ihre Hand glitt zu ihrem Arm, auf dem die Narbe immer noch leicht erkennbar war.

Mit einem Schlag hatte sich die Stimmung zwischen ihnen geändert.
„Danke.", sagte sie leise.

Sie standen sich immer noch gegenüber und ihr fiel auf wie viel größer er doch war. Sie musste den Blick zu ihm heben um ihm in die Augen zu sehen.
Sie waren beide still und sahen sich in die Augen.

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