⁰⁸

177 15 3
                                    

»Rückblende auf 2012«

Ein blassblonder Junge lief die Straße entlang. Seine rechte Hand war zu einer Faust geballt. In seinen Augen glitzerten salzige Tränen. Wut und Trauer sprühten aus seinen Augen.

Die Gedanken des Jungen purzelten wild durcheinander. Sein Herz hatte sich scharf zusammengezogen und stach.

Der Junge schniefte leise und wischte sich hektisch seine Tränen weg. Er rannte in eine Straße, die er nur zu gut kannte. 

Hier lebte der Junge, den er einst als seinen besten Freund bezeichnete. Der Junge, den er über alles zu hassen gelernt hatte.

Der blonde Junge trocknete sich die Tränen und setzte sein schönstes Lächeln auf. Auch wenn es ein falsches war.

Er klopfte an der ihm nur zu bekannten, schokoladenbraunen, hölzernen Fronttür.

Das hohle Klopfen hallte durch die verlassene, ins Dämmerlicht getauchte Straße. Es war beinahe schon gruselig, wie verlassen es dort war.

Schon den ganzen Nachmittag hatten sich graue, dunkle, schwere Regenwolken zusammengezogen und nun begannen kleine Regentropfen vom Himmel zu fallen.

Immer stärker prasselten die Regentropfen auf die inzwischen glitschige, glitzernde, bunt gepflasterte Straße.

Mitten in alle dem stand der blonde Junge.

Der Regen durchnässte sein blasses Haar, lief seine beinahe farblosen Wangen hinab.

Das Oberteil des Jungen tropfte auf die ohnehin schon von Pfützen bedeckten Stufen vor dem Haus seines einstig besten Freundes.

Die Tropfen flossen die nackten, bleichen Arme des Jungen entlang, da dieser nur seine durchnässte Hose und ein T-Shirt trug.

Der Junge stand in dem Regen und genoss es tatsächlich. Es passte perfekt zu seiner Laune.

Sein Blick glitt durch die verlassene Straße. Ein paar Meter von ihm entfernt lag eine Zeitung auf dem Boden.

Die graue Zeitung klebte an den Pflastersteinen, völlig durchweicht. Man konnte gerade noch so das Titelbild erkennen. Ein Schwarzweißbild eines alten, grinsenden Mannes. Er hatte mehrere Zahnlücken und obwohl es ein altes, verbleichtes Bild war, konnte man sehen, dass er seine Zähne nie gut gepflegt hatte.

Auch das Haar des Mannes war sehr ungepflegt. In fettigen, zerzausten - beinahe zerrupften - Strähnen hing es an seinem Gesicht hinab und rahmte dieses ein.

Der blonde Junge ließ seinen Blick nur einen Moment auf dem Bild des Mannes ruhen. Er kannte dessen Geschichte. Die Zeitung war bereits mehrere Tage alt.

Doch das war zu dem hiesigen Zeitpunkt nicht relevant.

Der Junge schaute wieder zur Tür. Diesmal hämmerte er gegen das Haus und schrie einen Namen.

ℭ𝔞𝔩𝔩𝔢𝔡 𝔓𝔰𝔶𝔠𝔥𝔬ʷᵒᵒˢᵃⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt