Kapitel 5

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Defnes Sicht

Ich öffnete meine Augen und sah mich um. Wiedermal war ich im Krankenhaus. Weshalb hatte ich schon wieder meinen Anfall gehabt?

'5 Tote. Irem Kılıç. Alp Kılıç.'

Als die Worte in meinem Kopf hallten, bekam ich wieder Tränen in den Augen und fing an zu weinen und zu schreien. Die Sauerstoffmaske half mir etwas zu atmen, aber trotzdem hatte ich etwas Probleme mit dem Atmen, doch es war mir egal. Ich versuchte mich von den Kabeln, der Infussion und der Sauerstoffmaske zu befreien, was nicht so leicht war. Währenddessen schrie ich meine Wut und meine Trauer raus. Wie sollte ich ohne meine Eltern leben? Plötzlich wurde die Tür geöffnet und mein Bruder, Frau Gencer und eine Krankenschwester kamen rein. Levent abi kam auf mich zu und umarmte mich. Ich umarmte ihn zurück und weinte. Man konnte nur mich weinen hören. Er löste sich von mir, ging in die Hocke und sah mich an. Er sah so kaputt, so fertig aus.

"Böyle yapma. Was, wenn du deinen Anfall bekommst? Ben sensiz ne yaparım? Beni yanlız bırakma bu dünyada. Benim senden başka kimsem yok. Bırakma beni burda." (Mach nicht so. Was soll ich ohne dich tun? Lass mich auf dieser Welt nicht alleine. Ich habe keinen außer dich. Lass mich nicht alleine hier.)

Ich weinte leise weiter und schloss ihn dann in meine Arme.

"Abim. Bırakmam seni." (Ich lass dich nicht.)

Eine Weile blieben wir so, bis mein Bruder sich von mir löste. Er wischte seine und dann meine Tränen.

"Hadi yat uyu sen şimdi." (Los leg dich schlafen.)

Ich nickte und legte mich schlafen und schlief gleich ein.

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"Wie ist das passiert?"

"Das Flugzeug ist abgestürzt."

"Başınız sağolsun." (Mein Beileid.)

Langsam öffnete ich meine Augen, die wieder mit Tränen gefüllt waren. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Meine Eltern, mein ein und alles, waren gestorben. Sie waren weg. Für immer. Ich würde sie nie mehr sehen. Nie mehr.

"Ah Defne. Du bist ja wach."

Ich nickte und versuchte nicht zu weinen, was nicht leicht war.

"Defne wir müssen heute die Tests durchführen."

Ich sah sie fragend an. Wieso das? Ich hatte keine Lust auf Tests.

"Die Beerdigung ist am Samstag und wir fliegen morgen."

Ich sah zu meinem Bruder und er sah auf den Boden. Dann sah ich wieder zu Frau Gencer und nickte. Ich sah aus dem Fenster und die Tränen liefen stumm meiner Wange entlang. Es war schrecklich zu wissen, dass ich meine Eltern nicht mehr sehen würde. Sie nicht mehr sagen könnte, wie sehr ich sie liebte.

"Wollen wir anfangen? Ich werde versuchen dich nicht zu sehr anzustrengen."

Ich sah sie an und nickte. Ich wischte meine Tränen weg und stand auf. Sie ging kurz raus.

"Ich gehe nach Hause, wenn du fertig bist ruf mich an. Ich hole dich ab."

Mein Bruder kam auf mich zu, drückte einen Kuss auf meine Stirn und ging. Eine Krankenschwester kam mit Frau Gencer rein und sie half mir mich von den Kabeln zu befreien.

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"So, ich muss nur noch deinen Blut abnehmen, dann hast du es geschafft."

Ich nickte, sowie die vergangenen zwei Stunden. Wir gingen in ihrem Zimmer und, als ich es betrat, sah ich ihren Sohn. Halluzinierte ich schon oder was? Ich schloss kurz meine Augen und öffnete sie wieder, doch der Junge war immer noch dort, auf dem Stuhl und sah mich leicht lächelnd an.

Ich setzte mich auf die Liege und versuchte meinen Herzschlag und meinen Atem unter Kontrolle zu bringen, was mir nicht so gelang. Warum reagierte mein Körper so, wenn er in meiner Nähe war?

"Anne wann bist du fertig?" (Mama)

"Ich habe noch einen Patienten nach Defne. Kann noch etwas dauern oğlum." (mein Sohn)

Er nickte und versuchte mich unauffällig anzuschauen, worin er scheiterte. Frau Gencer kam auf mich mit drei Spritzen zu und nahm meinen Blut ab.

Als sie damit fertig war und ich aufstehen wollte, wurde es mir schwindelig und ich setzte mich wieder hin.

"Ich habe dich doch zu sehr angestrengt."

Ich nickte und versuchte etwas Kraft zu sammeln.

"Ömer, kannst du Defne nach Hause bringen?"

Ich sah geschockt zu Frau Gencer und dann zu ihrem Sohn, der anscheinend Ömer hieß. Bitte sag nein, bitte!

"Tamam anne." (Okay Mama.)

Er stand auf und zog sich seine Jacke an.

"Mein Bruder wollte mich abholen."

Er sah mich etwas enttäuscht an. Wieso? Oh mein Gott, was war nur los?

"Es ist besser, wenn Ömer dich fährt. Dein Bruder hat bestimmt zu tun."

Ich nickte und verfluchte innerlich meinen Herzen und meinen Atem. Langsam versuchte ich aufzustehen, was diesmal auch gelang.

"Yarın görüşürüz." (Wir sehen uns morgen.)

Ich nickte und wir verließen das Krankenhaus. Wir liefen auf seinem Auto zu und er öffnete mir die Tür. Ich nickte, als ein Dankeschön und stieg ein. Er knallte leicht die Tür zu und stieg dann auch ein. Dann fragte er mich wo ich wohnte, ich sagte ihm die Adresse und er fuhr los.

Defne & ÖmerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt