Kapitel 12

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Defnes Sicht

"Dışardayım!" (Ich bin draußen!)

Ich knallte die Tür zu und ging raus. Ich lief langsam die Straßen runter und dachte an meinem zwanzig jährigen Leben nach. Ich hatte noch nie Probleme, außer diese Krankheit, und noch nie Liebeskummer gehabt. Ich hatte noch nie, wegen einer Person weinen müssen, außer meiner Freunden. Die Freunden, die mich verlassen hatten, weil sie mit meiner Krankheit nicht klargekommen sind. Und da hatte ich nur einmal geweint und es bereut, da, wie jedes mal, ich meinen Anfall bekommen hatte. Jetzt weinte ich jeden Tag, weil ich nicht mit dem Tod meiner Eltern klarkam. Weil ich nicht wusste, wie ich ohne sie leben sollte. Und es waren erst nur drei Tage vorbei. Wie sollte ich den Rest meines Lebens damit klarkommen?

Ich setzte mich auf einer Bank und sah auf den See vor mir. Der See war so schön wie damals. Damals, als ich mit meinem Vater hier war und wir nur den See angeschaut haben. Wir hatten nichts gesagt, nur den See angeschaut. Nur zugehört, wie die Vögel zwitscherten.

Jemand setzte sich neben mir hin und ich musste meinen Kopf nicht umdrehen, um zu wissen, dass das Ömer war. Denn mein Herz schlug schneller und da ich gewohnt war, dass mein Herz nur in der Nähe von Ömer unnormal schlug, wusste ich, dass er es war.

"Es ist echt schön hier."

Ich nickte.

"Mein Vater hatte diesen Platz mir gezeigt. Als meine Mutter es nicht mehr ausgehalten und geweint hatte wegen mir. Sie meinte, sie komme nicht mehr damit klar und alles und ich hatte alles gehört und wollte wegrennen."

Eine Träne rollte meiner Wange entlang.

"Dann hat mich aber mein Vater aufgehalten und hat mich hier gebracht. Er meinte, dass er immer hier her kam, wenn er Ruhe brauchte, wenn er nachdenken musste und, dass ich, wenn ich will, auch hier her kommen kann."

Er nickte und sah sich den See genauer an. So wie ich es damals getan hatte.

"Ich kenn dieses Gefühl. Dieses Gefühl, wenn überall Erinnerungen hochkommen. Dieses Gefühl, wenn man einfach nicht mehr kann."

Ich sah zu ihm und sah, wie er Tränen in den Augen hatte, sie jedoch weg blinzelte.

"Du musst aber stark bleiben. Du darfst nicht weinen und dich fertig machen. Die Zeit ist gekommen und Allah musste das Leben deiner Eltern nehmen. So wie er es bei dir und bei mir auch tun wird."

Er sah mich an und ich wusste nicht wieso, aber mein Herz zog sich zusammen, als er das sagte.

Warum war ich so? Warum reagierte mein Körper so? Was hatte Ömer mit meinem Herzen zu tun? Warum hatte ich Angst etwas falsches zu sagen und wollte eher schweigen, anstatt reden? Warum wollte ich, aber andererseits nicht aufhören zu reden und ihm alles erzählen? Warum interessierte mich dieser Junge, obwohl bis vor kurzem kein Junge mich interessiert hatte? Mein Kopf drohte zu platzen. Ich seufzte. Es war die Zeit gekommen mit Eylül darüber zu reden.

"Rede nicht so."

"Es ist die Wahrheit."

Er sah wieder auf den See und ich bekam Tränen in den Augen. Ich schüttelte heftig meinen Kopf.

"Deme öyle! Nicht du auch noch!" (Rede nicht so!)

Meine Stimme zitterte und er sah mich an.

"Tamam, ich sage es nicht."

Er rutschte zu mir und nahm mich in seine Arme. Ich umschloss meine Arme um ihn und schloss meine Augen. Ein paar Tränen liefen meiner Wange entlang. Ich fühlte mich geborgen in seinen Armen. Langsam hatte ich Angst vor mir, da ich immer noch nicht wusste, warum ich in seiner Nähe so war. Warum ich nicht wollte, dass er von dem Tod sprach.

Defne & ÖmerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt