Kapitel 16

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Defnes Sicht

Mit zittrigen Händen öffnete ich die Tür und musste erst mal schlucken, bevor ich meine Augen öffnete. Ich ging langsam rein und sah unten vorsichtig nach, ob er da war oder nicht, doch Levent abi war nicht zu sehen. Ich stoppte vor den Treppenstufen und musste mich beruhigen. Wiedermal atmete ich schnell und meine Medikamente zu nehmen wäre nicht so eine gute Idee. Obwohl, in der Türkei hatte ich das gemacht, auch, wenn es nicht gut für mich war, aber es wieder zu riskieren wollte ich nicht. Schon wieder erinnerte ich mich an meinen Eltern und war kurz vorm Weinen. Levent abi, ich brauche dich doch genau in diesem Zustand. Warum tust du so?

Eine Träne lief meiner Wange entlang und ich wischte sie schnell weg. Wenn ich mich nicht beruhigte, würde ich bestimmt meinen Anfall bekommen. Wer weiß, ob er überhaupt zu Hause war. Ich holte tief Luft und lief mit zittrigen Schritten hoch. Vor seiner Zimmertür blieb ich stehen und holte erneut tief Luft, sowie die letzten Male, wo ich in den anderen Zimmern geschaut habe. Ich legte meine Hand auf die Türklinke und schloss meine Augen, bevor ich diese langsam öffnete. Je mehr ich die Tür öffnete, desto mehr machte ich meine Augen auf. Als ich realisierte wie es hier aussah, weiteten meine Augen. Mit meinen Augen suchte ich Levent abi und sah ihn vor seinem Fenster stehen. Ich schluckte. War er so sauer gewesen, dass er alles zerstören musste? Ich lief langsam in seinem Zimmer rein und sah mich um. Sein Spiegel an seinem Schreibtisch war kaputt, all die Sachen auf seinem Schreibtisch waren auf dem Boden, sein Kleiderschrank war zur Hälfte kaputt, sogar seinen Fernseher hatte er zerstört!

"A-abi?"

Er drehte sich nicht um. Er stand immer noch dort und sah raus. Was hatte Ömer nur getan, damit Levent abi so sauer wurde? Ich lief langsam auf ihn zu und war kurz vorm Weinen. Ich hätte auf ihn hören und hier bleiben sollen.

"Bleib stehen."

Ich blieb abrupt stehen und bekam Gänsehaut. Seine Stimme war so kalt. Noch nie hatte er mit so einer Stimme mit mir geredet. Immer war er sanft zu mir gewesen. Immer hatte er mir liebevoll alles erklärt, was ich tun durfte, was nicht. Auch, wenn er sauer war, er hatte sich zuerst beruhigt und hatte danach mit mir geredet. Ich schloss meine Augen und versuchte meinen Atem zu regulieren, was mir nicht so gelang. Ich öffnete sie wieder und sah seinen Rücken an.

"Abi özür dilerim." (Es tut mir leid.)

Er sagte nichts. Sein Blick war auf die Straße gerichtet und er beachtete mich nicht einmal.

"Rede mit mir bitte! Schrei mich an oder tu mir weh, aber ignorier mich nicht!"

Die Tränen liefen nacheinander meiner Wange entlang. Mein Atem wurde flacher und ich verfluchte innerlich diese Krankheit. Warum musste auch ich diese Krankheit haben?

Ich holte die Medikamente aus meiner Tasche, die ich nicht weggelegen hatte und schluckte sie mit dem Wasser aus der Flasche runter. Auch, wenn es mir nicht gut tat, ich wollte mit meinem Bruder darüber reden ohne ohnmächtig zu werden. Ich beruhigte mich etwas und versuchte nicht wieder flacher zu atmen.

"Es gibt nichts zu reden. Ich habe es dir gesagt und du hast mir nicht zugehört."

"Könntest du mir nicht sagen, warum ich das tun soll? Bilmediğin şeyi yaparmıydın sen?" (Würdest du das tun, wovon du nichts weißt?)

"Yapardım. Würde mein Bruder sagen, dass ich etwas nicht tun soll, würde ich es nicht machen." (Ich würde es tun.)

"Du verstehst nicht wie ich mich fühle abi. Ich bin hier so was wie eingesperrt. Immer bin ich zu Hause oder im Krankenhaus. Würde es nicht so etwas wie Eylül geben, hätte ich nicht mal mehr gewusst wo ich wohne oder wie ich in die Stadt gehen könnte! Seitdem Ömer in meinem Leben ist fühle ich mich nicht mehr wie ein Nichtsnutz! Keiner hat mich akzeptiert abi! Außer meiner Familie und Eylül, hatte mich keiner akzeptiert! Meine Freunde, die ich seit dem Kindergarten oder der Grundschule kannte haben mich links liegen lassen! Aber Ömer nicht!"

"Du kennst und verdienst ihn nicht Defne."

"Dann erzähl mir doch wie er ist abi. Und warum sollte ich ihn nicht verdienen? Er ist doch voll nett! Hast du nicht gesehen wie er bei mir war in der Türkei?"

"Du verdienst ihn einfach nicht. Ende!"

"Willst du es wissen was sie verdient, was nicht?"

Mein Bruder drehte sich blitzartig um, sowie ich. Ömer stand da am Türrahmen und sah uns beiden an. Hatte ich ihm nicht gesagt, dass er nicht kommen sollte?

Defne & ÖmerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt