Kapitel 38

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Defnes Sicht

"Defne, ihr werdet sicherlich auch Kinder haben wollen, nicht wahr?"

Ich sah auf den Boden und wurde knallrot. Gerade Meltem teyze fragte mich danach!

"Wahrscheinlich schon."

"Defne ich werde Klartext reden: Wir wissen nicht, ob deine Krankheit vererbbar ist. Wir wissen auch nicht, ob es deinem Kind in der Schwangerschaft schaden wird oder nicht."

Ich sah schlagartig hoch. Nein oder? Das war doch nur ein Witz?

"Also sollen wir keine Kinder zeugen?"

Ich bekam Tränen in den Augen. Es war mein Traum Kinder zu bekommen! Durfte ich das jetzt nicht wahr werden lassen?

"Ich wünschte, ich hätte eine Antwort dafür."

Sie sah auf ihren Kugelschreiber und spielte damit. Ich holte tief Luft. Nicht weinen. Nein, nicht weinen.

"Rede mit Ömer darüber. Vielleicht wird das keine Nachteile haben. Ihr könnt ja auch mal zum Frauenarzt gehen. Wie gesagt: Es ist nur eine Vermutung von mir."

Ich nickte und stand auf.

"Nimm diesen Spray. Das wirst du an deiner Henna Abend brauchen."

Ich nickte gezwungen lächelnd und nahm es aus ihrer Hand. Schnell ging ich aus dem Sprechzimmer raus und tat den Spray in meine Tasche rein. Ich lief aus dem Krankenhaus raus. Ein paar Schritte später, drehte ich meinen Rücken der Wand zu und rutschte nach unten.
Kein Kind. Eine Ehe ohne einen Kind. Was würde Ömer dazu sagen? Würde er mich noch wollen? Ja oder? Eine Träne kullerte meiner Wange entlang und ich schluchzte laut auf. Immer musste meine Krankheit alles vermasseln! Aber es war doch eine Vermutung. Es war ja nicht sicher, dass es auch so sein würde.
Die Tränen kullerten nach und nach meiner Wange entlang. Meine Hände legte ich auf meinen Gesicht und versuchte positiv zu denken, was mir aber nicht gelang. Ich merkte schon, wie ich schlecht Luft bekam, doch ich machte keine Anstalten den Spray rauszuholen.

"Defne!"

Ich schenkte der Stimme meine Aufmerksamkeit nicht und weinte weiter. Es war Ömer, jedoch war ich zu sehr zerstört, sodass ich in derselben Position blieb.

"Defne, was ist passiert?"

Ich merkte, wie Ömer sich zu mir hinkniete und aus meiner Tasche den Spray rausholte. Meine Atmung wurde immer schlimmer und schlimmer. Ich entfernte meine Hände aus meinem Gesicht, öffnete meinen Mund und er sprühte ein paar mal in meinem Mund hinein. Meinen Kopf nach hinten an die Wand lehnend, versuchte ich nach Luft zu schnappen, was mir nach und nach immer mehr gelang. Ich beruhigte mich etwas, jedoch hielt es nicht lange an.

"Defnem, was ist passiert?"

Er sah mich besorgt an. Man! Er sollte mich nicht so ansehen! Ich würde vielleicht niemals Kinder zeugen können! Ihn nie mit der Nachricht, dass ich schwanger war, glücklich machen können!

"Ömer -"

Meine Stimme versagte und ich fing wieder an zu weinen. Schnell umarmte er mich und flüsterte mir beruhigende Sachen zu.
Es war einfach erniedrigend, dass ich meinem zukünftigen Mann keine Kinder schenken könnte! Wie hielten das die anderen Frauen aus? Oder die Männer? Verließen sie die Frauen deshalb? Auch wenn sie das tun würden, Ömer würde es nicht tun! Nicht umsonst hatte er um mich gekämpft!
Als ich mich zum zweiten mal beruhigt hatte, sah ich wieder in seine Augen.

"Würdest du mich verlassen, wenn ich keine Kinder bekommen könnte?"

Er sah mich fragend, doch auch etwas wütend an.

"Wieso fragst du das? Denkst du wirklich, dass ich das tun würde?"

Ich wusste es nicht. Würde er das tun? Er hatte viel um mich gekämpft, also nein. Aber was, wenn doch?

Ömer stand auf und lief, ohne etwas zu sagen, ins Krankenhaus rein. In nicht mal fünf Minuten kam er wieder raus. Er kam auf mich zu und packte an meiner Hand und unter meinen Knien, sodass ich plötzlich auf seiner Schulter landete.

"Ich weiß ganz genau, dass du keine Lust und Kraft hast mir hinterher zu laufen, also wehr dich nicht."

Er hatte recht. Diese Gedanke, dass ich niemals Kinder bekommen würde, machte mich einfach fertig.

Er lief schon seit ungefähr zehn Minuten, mit mir auf seiner Schulter, und mir kam es nicht so vor, als würden wir bald ankommen.

"Ömer lass mich runter. Ich bin bestimmt zu schwer für dich."

Er hörte nicht auf mich und lief einfach weiter. Ich seufzte. Obwohl irgendwie wollte ich auch, dass er mich nicht runterließ, da ich eh keine Lust hatte zu laufen. Ich war ein komischer Mensch mit komischen Gedanken, ich weiß.

Ich spürte wieder den Boden unter meiner Füßen und sah mich um. Hier war ich noch nie. Wir befanden uns auf einer riesigen Wiese und in der Mitte davon gab es einen riesigen See. Man sah es hier schön aus!

Ich lief auf den See zu und blieb davor stehen. Der See spiegelte meinen Bild ab und ich sah mich an. Ich, Defne Kılıç, konnte keine Kinder zeugen. Ich schüttelte leicht meinen Kopf und atmete tief durch. Es war nur eine Vermutung, nicht die Realität.
Ömer umarmte mich von hinten und plazierte seinen Kopf auf meinem rechten Schulter. Ich legte meine Hände auf seine, die auf meinem Bauch waren und lehnte meinen Kopf etwas nach hinten.

"Würdest du es tun Ömer?"

Erst sah er mich fragend an, doch dann sah er nach vorne. Ömer wusste ganz genau, dass ich die vorherige Frage erneut fragte. Er sah nachdenklich aus. Dachte er im allen ernstes nach, ob er gehen würde?

"Defnem, ich würde es nie tun okay? Auch, wenn wir nie Kinder bekommen könnten, ich würde dich niemals verlassen. Wir können doch adoptieren, wenn du gerne Kinder willst. Oder Therapien machen. Ich weiß nicht was genau wir machen können, doch wir können alle Methoden versuchen, die es gibt. Außerdem ist es nicht sicher, was meine Mutter sagt. Also kopf hoch Prinzessin, sonst fällt deine Krone runter."

Er lächelte mich an und ich musste automatisch auch lächeln. Ich drehte mich um und umarmte ihn fest sowie er mich. Ich zog mir seinen Geruch ein.
Sein Geruch war einfach unbeschreiblich schön. Sowie seine Augen. Und seine Haare. Sie waren so weich! Wenn ich ehrlich sein sollte, war alles an ihm unbeschreiblich schön.
Womit hatte ich diesen Jungen eigentlich verdient?

Defne & ÖmerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt