Drei

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Katharina sah einfach nur aus dem kleinen Fenster, über die Wiesen und Flüsse, einfach hinaus in die Stille der Natur. "Es muss schwierig sein, so ein zerrüttetes Verhältnis zu seinem Vater zu haben!" Katharina erschrak nicht, sie hatte seine Anwesenheit schon längst bemerkt, auch wenn sie mit dem Rücken zu ihm saß. "Der Verlust eines Elternteiles ist schwerer, aber davon brauche ich Euch ja nichts erzählen." seufzte sie mit klopfendem Herzschlag. Erst vor fünf Jahren knapp hatten Kieran und Serephina ihre Eltern verloren. Es gab Krieg mit den südländischen Bergvölkern. Den Krieg hatte er zwar gewonnen, doch seine Gegner hatten das Königspaar hinterrücks erstochen. Niemand wollte so König werden, doch Kieran meisterte seine Aufgabe bestens.

"Ich dachte, dass Ihr Euch mit Eurem Vater gutgestellt habt, gerade nach dem Streit in Lipsanon!" meinte Kieran und setzte sich neben Katharina. Sie schmunzelte beim Gedanken an diesen Streit, was ihren Gegenüber sichtlich irritierte. "Mein Vater war betrunken, er konnte sich den nächsten Tag an nichts mehr erinnern!" erklärte sie. "Nicht einmal an Königin Luise, die neben ihm geschlafen hatte!" flüsterte sie, woraufhin auch Kieran leicht schmunzeln musste. Es war selten, dass er dies tat, weshalb Katharina diesen Moment voll auskostete und den jungen König musterte. Sein kurzes Haar war pechschwarz. Der Bart sah wunderschön weich und sorgfältig gepflegt aus. Seine Wangen schlugen leichte Grübchen, was mit seinem kantigen Kinn verdammt gut harmonierte. Die dunklen Augenbrauen hoben diese wunderschönen Augen hervor, die Katharina schon bei ihrem ersten Treffen total fasziniert hatten. Es war ein strahlendes Blau, nach all der Zeit hatte Katharina immer noch keinen halbwegs passablen Vergleich gefunden. Der kleine, gelbe Ring um die dunkle Pupille herum leuchtete wie die Sonne, doch der Himmel war für sein Blau noch viel zu trüb. Wieder einmal verlor sie sich in seinen Augen, dachte an nichts und ließ die Zeit vergehen.

"Ich dachte, es ist unhöflich, Könige anzustarren!" riss Kieran sie los. "Verzeiht!" meinte sie verlegen und sah wieder aus dem Fenster. "Ihr solltet zurück, man wird Eure Abwesenheit schon längst bemerkt haben!" sprach Katharina und merkte, wie Kieran sich ein zweites Lächeln unterdrücken musste. "Es ist nicht meine Hochzeit, Katharina! Ich bin dort genauso Fehl am Platz, wie du!" Sie hielt den Atem an und merkte, dass Kieran schluckte. Er hatte es auch bemerkt. Zum einen war es das erste Mal, dass er ihren Namen vor ihr aussprach, zum anderen hatte er jegliche Förmlichkeit vergessen. Es klang schön, vertraut, doch er entschuldigte und korrigierte sich sofort. Es war ein Fehler, der nicht hätte geschehen dürfen.

Schweigend saßen beide nebeneinander und suchten nach passenden Worten. "Ich habe Euch noch nie gefragt, ob Ihr tanzt!" bemerkte Kieran schließlich. "Normalerweise nicht!" antwortete Katharina. "Dann seid Ihr mir nun einen Tanz schuldig!" Sie wusste, dass so etwas nun kommen würde, doch sie wollte nicht. Wenn man zwei linke Füße hat, tanzt man nicht mit einem König! "Ihr solltet Euren Vater nicht noch weiter verärgern, ich hab ihn vorhin mit Prinz Johann reden sehen!" sprach Kieran und stand auf. Traurig sah sie ihn an. "Eine Hochzeit ist nicht das Ende vom Leben! Geht und redet mit ihm, dann wird es etwas einfacher!" meinte er und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Katharina nickte dankend und sah ihm noch hinterher, bis er zwischen den Bücherregalen verschwand.

Des Königs verhasste KinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt