Neun

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„Nun komm schon!" rief Katharina. Vincent umarmte Michael und ließ ihn nicht mehr los. „Ach Kleiner, ich bin doch immer hier! Du kannst mich jederzeit besuchen kommen!" sprach sein großer Bruder und fuhr ihm durch sein blondes Haar. „Aber ich hab dich doch gerade erst wieder!" meinte der junge Prinz. Er löste sich widerwillig und sah in die smaragdgrünen Augen seiner großen Geschwister. "In zwei Monden kommen wir allerspätestens wieder!" meinte Katharina und so knickte Vincent ein.

Zu dritt ritten die Adlingen aus der Stadt und weiter in den Osten. Nach zwei Tagesritten hatten sie die Grenze überschritten und ließen die Flusslande hinter sich. "Da sind wir also, die Wälder!" meinte Vincent etwas traurig. "Also ich weiß ja nicht, aber die freie Fläche sieht mir nach einer guten Strecke aus!" meinte Katharina schmunzelnd. Es war eine weite Ebene aus trockener Erde und wenig Grünzeug. Vincent wusste nicht, was daran gut sein sollte. Fragend sahen ihre beiden Begleiter sie an, doch dann verstand es Kieran und grinste ebenfalls. "Wer zu erst an der alten Eiche ist, verliert!" sprach er und wollte gerade anzählen, da ritten die Geschwister schon mit voller Kraft los. Er schüttelte schmunzelnd den Kopf und trieb sein Pferd voran, bis sie sogar fast auf einer Linie waren.

Katharina beugte sich weiter nach vorn und flüsterte ihrer Stute etwas ins Ohr. "Hey, das ist unfair!" protestierte Vincent, als seine Schwester tatsächlich an Geschwindigkeit zunahm. Sie schnellte als erstes an der knöchernen Eiche vorbei und bremste ihre Stute danach etwas ab. Kurz dahinter kamen auch Vincent und Kieran zum stehen. "Du Pferdeflüsterin!" meinte Vincent lachend. "Ich konnte schon immer gut mit Pferden!" erklärte Katharina Kieran und band ihre Stute an dem Baum an. "Oder es liegt daran, dass Eelie schon immer das schnellste Pferd war!" Fragend sah Katharina erst Kieran und dann das Pferd an. "Es ist die Stute meiner Schwester." sprach er und schmunzelte.

Nach einer unbequemen Nacht in einem Wirtshaus kamen die drei endlich in den finalen Wald. Kieran beteuerte immer wieder, dass seine beiden Begleiter schon bald seine Heimat sehen würden, doch die Geschwister sahen sich nur fragend an. Außer Bäumen sahen sie nichts, weit und breit nur Wald. „Links runter und dann sind wir schon da!" erklärte Kieran schmunzelnd. Vincent ritt sofort los und bog an der Gabelung links ab, doch Katharina musterte den jungen König noch einen Moment länger. "Danke, Kieran!" sprach sie und so trafen sich die Blicke der beiden. Ein Moment verstrich und nur der Wind zwischen den Bäumen und das Zwitschern der Vögel war zu hören. Katharina bekam Gänsehaut und wandte errötet den Blick wieder auf den Weg vor ihnen.

Langsam ritten Katharina und Vincent neben Kieran her und bestaunten das Schloss des jungen Königs. Es gab einen breiten Fluss, der an einer plötzlich auftauchenden Klippe in einen Wasserfall überging. Die Schlucht war mitten im flachen Wald, nie im Leben hätten die Geschwister hier mit Felswänden und einem Wasserfall gerechnet. Das Schloss war riesig, es kletterte beinahe die komplette Felswand hinauf. Auf einer Terrasse spielten Kinder, weiter oben saß ein Maler, der eine wunderschöne Frau vor dem nahem Wasserfall auf die Leinwand brachte. Am Fuße des Schlosses war eine große Stadt um den Fluss herum gebaut. Überall strahlten Blumen, sie schienen an jeder Ecke zu wachsen, in allen Farben! Die Geschwister konnten sich kaum sattsehen, es war alles so unglaublich und wunderschön, dass man es kaum in Worte fassen konnte!

Eine Gruppe Soldaten kam den drei Reitern entgegen, doch als sie ihren König erkannten, geleiteten sie die drei nur sicher ins Schloss. "Wir haben definitiv etwas verpasst!" meinte Katharina, als sie durch die Stadt ritten. "Warum sind wir nicht schon früher hier hergekommen?!" fragte Vincent freudig. Kieran schmunzelte nur und nahm eine einzelne Rose eines Blumenverkäufers an, der sie ihm entgegenreckte. Einen Moment roch er an der gelben Rose, bevor er sie Katharina reichte. Dass auch sie die Bedeutung gelber Rosen in einer guten Freundschaft kannte, wusste Kieran. Früher einmal hatte er sie mit dem Gärtner in ihrem Schloss gesehen, wie sie über Rosen geredet hatten. "Spaß, Freundschaft und Dankbarkeit!" hatte ihr der alte Gärtner geantwortet, als sie von ihrem Bruder eine ähnliche gelbe Rose bekommen hatte.

Des Königs verhasste KinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt