Zwölf

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Ein Bote war schnell unterwegs. Kieran sah es schon kommen und so wunderte er sich keinesfalls über die harten Zeilen von Katharinas Vater. Seufzend legte er den Brief wieder beiseite und lief hinunter auf eine der Terrassen. Katharina und Vincent hatten sich oft dort niedergelassen und geplaudert, während sie noch immer die Schönheit der kleinen Schlucht bewunderten. Katharina trug immer blaue Kleider und hatte begonnen, einen kleinen Schutzgeist zu sticken. Immerzu saß sie mit Nadel und Faden da und ließ die Gestalt eines Babys erscheinen, welches zwischen Zweigen und Blättern Schutz unter den Göttern bot.

Wie immer hatte Katharina den jungen König schon früh mitbekommen. Freudig drehte sie sich zu ihm um und schmunzelte. „Komm her! Wir sprachen gerade über deine Schwester und unseren Bruder!" meinte sie und so rückte Vincent mit seinem Stuhl etwas zur Seite. Kieran setzte sich zu den beiden und stieg kurz in das Gespräch mit ein, doch Katharina merkte, dass etwas nicht stimmte. „Vincent, würdest du mir etwas zu trinken holen?" fragte sie ihren jüngeren Bruder und so ließ er die beiden allein. Kieran sagte nichts, er musterte nur die Stickerei und seufzte. „Vater hat dir geschrieben?" hakte sie nach. „Er weiß, dass du hier bist." murmelte er traurig. Katharina legte ihre Stickerei auf den kleinen runden Tisch und nahm eine von Kierans Händen. „Danke, Kieran! Du hast uns hier aufgenommen, obwohl auf uns ein Kopfgeld ausgesetzt ist! Dafür stehe ich ewig in deiner Schuld!"

„Katharina, ich lasse dich nicht zurück zu deinem Vater! Und Vincent auch nicht! Ihr seid aus gutem Grund von dort geflohen, da liefere ich euch nicht aus!" sprach Kieran und hinderte Katharina daran, wieder ins Schloss zu gehen. Sein Griff an ihrem Handgelenk löste kleine Stromschläge in ihr aus, das hatte sie so noch nie gefühlt. Erstarrt sahen beide auf ihre Hände und schluckten schwer. Kieran löste sich als erstes und straffte seine Schultern. "Ich lade deinen Vater hierher zu Verhandlungen ein. Ihr solltet ihm dann vielleicht trotzdem aus dem Weg gehen." sprach der junge König und war schon wieder verschwunden. Katharina sah sich um, als hätte sie Angst, jemand hätte diesen kurzen Moment der Empfindungen zwischen den beiden Adligen sehen und fehlinterpretieren können, doch dabei war sie sich selbst deren Bedeutung unsicher.

Des Königs verhasste KinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt