Zwanzig

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Katharina hatte nichts mehr gehalten, weinend war sie von ihrem Pferd gestiegen und rannte auf Kieran zu. Sie stolperte ein paar mal fast, zum einen wegen dem Kleid, zum anderen verschleierten ihre Tränen die Sicht. Sie ignorierte Maximilian und fiel nur neben dem jungen König zu Boden. Vorsichtig nahm sie sein Gesicht in die Hände, drehte seinen Kopf und strich über seine verletzte Wange. "Kieran, komm, bitte! Bleib bei mir!" schluchzte sie und schlug ihren Bruder, der sie von ihm wegziehen wollte. "Verschwinde! Hau ab!" krächzte die junge Königin und rüttelte wieder an dem Körper ihres Mannes. Sie hatten sich doch erst die Gefühle gestanden, wie konnte das jetzt nur vorbei sein?

Es waren zwei Reiter, die in Windeseile durch den Wald jagten und den Boden zum Beben brachten. Sie tauchten an der Lichtung auf und schon sahen sie den Schlamassel. Wimmernd sah Katharina auf, ließ jedoch nicht von Kieran ab. "Was? Wie- Wie kann das sein?" murmelte Maximilian und ließ perplex sein Schwert fallen. Michael stieg von seinem Pferd und lief auf seinen Zwilling zu. "Bist du noch ganz bei Trost?" fuhr er den älteren an, welcher sich auch sogleich eine schallende Ohrfeige einhandelte. "Du lebst?" fragte Maximilian und musterte seinen Bruder irritiert. "Ja sicher lebe ich! Ganz im Gegenteil zu deinem besten Freund!" schrie Michael, doch bei diesen Worten wachte sein Bruder aus der Starre auf. "Das ist nicht mein Freund!" Katharina weinte noch immer und begann nun, Kierans Wunden etwas zu versorgen. Sie zerriss ihr Kleid und band ihm einige Verletzungen ab. Auf andere Wunden drückte sie drauf und rief nach Vincent.

"Vater hat dir das Hirn gewaschen! Du glaubst sicher auch, dass Katharina Schuld an alledem ist! Was ist bloß los? Vater hat das alles doch veranlasst! Wo ist er überhaupt? Dann kann er dir gleich erzählen, was er mit Mutter gemacht hat!" fuhr Maximilian an. "Wage es ja nicht, so über unseren Vater zu sprechen! Du hast ihn schon verraten, jetzt musst du sein Andenken nicht auch noch mit deinen widerlichen Lügen beschmutzen!" keifte der Zwilling nun. Es dauerte nicht lang, bis beide ein Schwert führten und sich duellierten. "Du bist ein Verräter! Genauso wie unsere Schlampe an Schwester!" schrie Maximilian weiter.

Er wollte gerade noch etwas sagen, da verstummten seine Worte. Michael zog erschrocken das Schwert zurück aus dem Körper seines Bruders, doch es war schon zu spät. Das Blut quoll aus seinem Bauch und auch die Kraft verließ ihn. Michael fing ihn auf und legte ihn vorsichtig auf der Lichtung ab. Er sah seinem Zwilling entschuldigend in die Augen. "Ist gut, alles wird gut, hörst du? Ein Heiler kommt gleich, ja?" sprach er und so nickte der Sterbende, glaubte die Worte seines Bruders, welche dieser nicht einmal selbst annahm. "Micha-" kam es noch leise krächzend vom Ältesten der sechs Geschwister, doch er spuckte Blut bis seine Hand schlaff von der Wunde im Bauchraum auf den Boden sackte. Traurig schloss Michael seinem Zwillingsbruder die Augen.
So hatte er sich ein Wiedersehen mit seinen Geschwistern ganz und gar nicht vorgestellt.
Tiefe Trauer erfüllte ihn, doch der Schmerz war unumgänglich gewesen.

Des Königs verhasste KinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt