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"Hey, es ist doch gar nicht so schlimm. Das sieht gut aus."

"Meine Haare sind weg!"

Leicht überfordert sehe ich Liam durch den Spiegel an und kratze mich am Hinterkopf. "Naja, du hast sie dir auch abrasiert. Natürlich sind sie dann nicht mehr so lang. Hast du es dir anders vorgestellt?", frage ich meinen besten Freund, aber er schüttelt den Kopf.

"Wo ist dann das Problem? Ich verstehe es nicht so ganz."
Eine Antwort auf meine Frage bekomme ich aber nicht. Vielen Dank auch.

Liam dreht sich zu mir um und wir haben einen Moment lang Augenkontakt. Seufzend setze ich mich auf den geschlossenen Toilettendeckel. Mein Blick gleitet über den Boden, der mit seinen abgescherten Haaren benetzt ist. Dafür, dass er das selbst gemacht hat, sieht sein Schnitt total gut und gleichmäßig aus. Ich glaube, ich würde das nie hinbekommen. Habe ich aber auch nicht vor.

Mit verschränkten Armen sehe ich zu ihm hoch. Noch immer starrt er mich an, wirkt dabei so, als wäre er weit weg und tief in seinen Gedanken versunken.

"Meinst du nicht, dass du etwas übertreibst?"

Er schnauft und sieht mich beleidigt an: "Lass mich doch."
Entschuldigend hebe ich meine Arme, muss bei seinem Gesichtsausdruck aber lachen. Der arme Kerl. Ich stehe auf und lege meine Hände fest auf seine Schultern.

"Es sieht wirklich gut aus, Lima." Sanft drehe ich ihn, sodass ich nun hinter ihm stehe und wir beide in den Spiegel sehen können. "Die Frisur steht dir, okay? Es ist vielleicht ungewohnt, aber du siehst gut aus. Wer oder was auch immer dich so verunsichert, hör nicht darauf. Hör auf dein Herz."
Um meine Worte zu unterstreichen, klopfe ich ihm auf die Brust, hinter der sich das eben genannte Organ befindet.

Ein unsicheres Lächeln bildet sich auf seinen Lippen und er umarmt mich. Zufrieden erwidere ich die Umarmung und wir wippen leicht hin und her. Sobald wir uns lösen, strahlt er mich an. Und das freut mich sehr. Ihn traurig zu sehen ist nichts Schönes, da er es eh nie wirklich leicht hatte. Ich freue mich außerdem sehr, dass er endlich diesen Schritt gewagt hat. Sein Gemecker wegen seiner Haare war nun wirklich nicht mehr zum Aushalten.

Doch das behalte ich jetzt lieber für mich. Stattdessen grinse ich ihn breit an. "Was willst du heute noch machen? Oder sollte ich nur dafür herkommen?"

Liam überlegt, während er ein paar Haarbüschel aus dem Waschbecken pickt und in den kleinen Mülleimer rieseln lässt. Er dreht seinen Kopf zu mir. "Wie wäre es mit shoppen?"

Mein Grinsen verblasst. Stattdessen gebe ich ein genervtes Geräusch von mir.
"Muss das sein? Fällt dir nichts Besseres ein?", beschwere ich mich bei ihm, wobei er böse lacht.

"Jetzt will ich erst recht shoppen gehen. Immerhin brauche ich Sachen, die zu meiner neuen Frisur passen", argumentiert er nun, was ich schlecht gelaunt abwinke. Ich habe doch eh keine Wahl, also wieso klage ich überhaupt?

"Na schön. Davor entsorgst du aber die ganzen Haare hier am Boden. Deine Mitbewohner meckern sonst nur wieder."
Diesmal rollt er mit den Augen, macht aber das, was ich ihm aufgetragen habe.

~

Ich bereue es, zugesagt zu haben. Ich bereue es abgrundtief.

Meine Beine und Füße schmerzen, genauso wie meine Finger und Handgelenke, um die ich die ganzen Taschen tragen muss. Die Träger bohren sich in meine Haut und werden bestimmt Rot leuchtende Schwellungen hinterlassen. Am liebsten würde ich alles fallen lassen und mich auf den Boden schmeißen. Passieren wird es nur nicht, weil dieser mir dann doch eine Spur zu schmutzig ist.

Liam hingegen ist mir ein paar Schritte voraus und hüpft munter durch die Gegend. Er scheint kein bisschen erledigt zu sein oder gar Schmerzen zu haben, was meines Erachtens unerklärlich ist. Wobei man auch sagen muss, dass er viel weniger als ich gekauft hat.

anagapesis - larry stylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt