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Stumm betrachte ich die hellen Fliesen vor mir. Gleichmäßig sind sie aneinandergereiht und in manchen zieht sich ein dünner Sprung durch. Wasser tropft aus dem Wasserhahn in die Wanne. Meine Socken sind nass.

Der dünne Badewannenrand drückt unangenehm in meinen Hintern, aber wenn ich mich nochmal bewege, werde ich von Niall wieder einen Schlag auf den Kopf kriegen. Dieser massiert mir nämlich pfeifend Öl in die Haare. Er meinte, er hat vor Ewigkeiten gelesen, dass das gegen getrocknete Farbe im Haar helfen soll. Ich war zwar duschen, habe mir auch gründlich die Haare gewaschen, aber ganz weg wollte die Farbe nicht.

Meine Haut ist im Gegensatz dazu nicht mehr weiß, sondern rot. Das kräftige rubbeln und kratzen, damit ich den Mist herunterbekomme, hat sie ordentlich gereizt. Und wenn ich den Ausschlag richtig deute, scheine ich auch zusätzlich noch eine Allergie gegen die Wandfarbe zu haben. Mich juckt es und ich möchte mich kratzen. Stattdessen sitze ich einfach nur da und starre vor mich hin.

"Wie gehts deiner Hand?", erkundigt sich der Ire bei mir und klopft mir rhythmisch zum Pfeifen, das er nun wieder fortführt, auf den Kopf. Mein Blick senkt sich auf meine pulsierende Hand. Der Verband ist zu eng und zu übertrieben. Ich kann meine Finger kein bisschen bewegen und man sieht nur meine Fingerkuppen durch den Berg aus Verband hervorschauen.

Niall hat die ganze Verbandsrolle um meine Hand gewickelt. Mir ist zu spät aufgefallen, dass er ungewöhnlich viel verbraucht, also habe ich ihm mitgeteilt, dass das bei weitem reicht. Er hat mit den Schultern gezuckt und gesagt, dass er aber keine Schere zum Abschneiden hat. Ich sagte ihm, dass er es einfach abreißen kann, doch es ist ihm nicht gelungen. Mich wollte er es nicht machen lassen, da ich ja immer noch der "schwer Verletzte" bin. Dabei weiß ich ganz genau, dass er einfach nur den selbstständigen Arzt spielen wollte und immer noch will. Sollte das Öl helfen, reicht es an den betroffenen stellen. Er aber war der vollen Überzeugung, mir das Öl am ganzen Kopf zu verteilen. Und wer wäre ich bitte, wenn ich mich über eine Kopfmassage beschwere?

"Die Fingerspitzen sind schon ganz blau", murre ich als Antwort und schon wird mein Kopf zur Seite gerissen. Beinahe verliere ich mein Gleichgewicht, aber Nialls Körper hinter mir rettet mich vor weiteren schlimmen Verletzungen.

"Was!?"

Seine ölige Hand umfasst mein Handgelenk, um sich den Verbandshaufen selbst genau anzusehen.

"Das war ein Scherz", teile ich ihm amüsiert mit und er lässt mich los. Mein Hinterkopf lehnt gegen seinen Bauch. Während ich grinsend zu ihm hochsehe, blickt er mich grimmig von oben an. Ich muss lachen. Das Lachen vergeht mir jedoch, als ich seine Öl-Finger an meiner Ohrmuschel spüre. Erschrocken winde ich mich aus seinen Berührungen, nicht ohne ihn laut anzumeckern.

Angeekelt bestätige ich den Hebel und schon spuckt der Wasserhahn eine Menge Wasser aus. Vorgebeugt wasche ich mir mein Ohr aus. Es schüttelt mich. Ekelhaft.

Meine Socken sind vollgesogen mit dem Wasser. Auch das ist ekelhaft.

Niall lacht teuflisch hinter mir und ohne darüber nachzudenken, lasse ich meinen Handrücken gegen seinen Schritt sausen. Schmerzerfüllt stöhnt er auf und krümmt sich. Das teuflische Lachen hat sich auf mich übertragen. Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Er stützt sich am Waschbecken ab und verzieht sein Gesicht. Ich drehe mich um. Meine Socken ziehe ich aus und ich spüre die weiche Badematte unter meinen Füßen. Zufrieden stehe ich auf.

"Wir sehen uns im Wohnzimmer", flöte ich vor mich hin und klopfe ihm am Vorbeigehen auf die Schulter. Im größten Zimmer der Wohnung bücke ich mich nach dem Umzugskarton. Ich krame mir ein neues Paar Socken hervor, ziehe sie an und nehme am Sofa Platz. Im Schneidersitz warte ich auf meinen Kumpel.

anagapesis - larry stylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt