𝖺𝖼𝗁𝗍𝗓𝖾𝗁𝗇;

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"Nicht dein Ernst, oder?"
Kritisch beäugte ich das mintfarbene Blech der Vespa.
"Cool, oder?", breit grinsend klopfte Hoseok mit der flachen Hand auf die Sitzfläche.
Es war Samstag, und fast schon wie gewohnt hatte ich mich auf den Weg zu meinem unfreiwilligen Kumpel gemacht, um unser wöchentliches Treffen abzusitzen.

Nachdem der gestrige Abend dann doch überraschenderweise gut, ja sogar schön gewesen war, war ich heute richtig guter Dinge von zuhause aufgebrochen.
Heute war unser viertes oder fünftes Samstagstreffen, und ich hatte mir kaum Gedanken gemacht, was Hoseok dieses Mal geplant hatte. Es brachte ja eh nichts, mir im Vorneherein den Kopf darüber zu zerbrechen.

Auch wenn ich es niemals zugeben würde, so fing ich wirklich an, seine Gesellschaft zu genießen, von mal zu mal mehr. Natürlich zeigte ich es nicht, denn nach wie vor konnte der Braunhaarige unglaublich nervig sein und triumphierte nur zu gern über mich.

Nun allerdings war ich mir mal wieder nicht so sicher, ob ich ihn nicht doch immer noch für rein grenzdebil hielt.
"Jetzt guck doch nicht so kritisch, ich weiß schon was ich tue!"
Lachend verdrehte Hoseok die Augen und reichte mir einen silbernen Helm, den ich offensichtlich aufziehen sollte. Er selbst stülpte schon einen zweiten, passend zum Lack der Vespa mintgrünen Helm über seine glänzenden Haare.

Empört stemmte ich meine freie Hand in die Hüfte.
"Entschuldige mal, aber du gibst mir alles Recht, kritisch zu sein! Kannst du so ein Teil überhaupt fahren?"

Bevor ich reagieren konnte, schnippte er mir mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. Irritiert zuckte ich zurück, was er gekonnt ignorierte. Arsch.
"Für was hältst du mich? Denkst du etwa ich bin ein Gesetzesbrecher und kurve ohne Fahrerlaubnis durch die Gegend?"

"Ich trau dir so einiges zu", knurrte ich und beäugte den Motorroller misstrauisch.

"Also so dreist bin ja nichtmal ich. Ich bin ein guter Bürger!", er schien sich selbst mal wieder ziemlich lustig zu finden, denn seine eigenen Worte brachten ihn breit zum Grinsen.
"Keine Sorge, ich hab einen Motorradführerschein, obwohl ich den für das gute Stück hier gar nichtmal bräuchte."

Aufmunternd nahm er mir den Helm wieder ab und machte Anstalten, ihn mir selbst aufzusetzen.
"Moment, Moment, Moment!", mit beiden Händen stoppte ich ihn über meinem Kopf.
"Wie schnell darfst du damit fahren? Wie gefährlich ist das?"
Er lächelte mich gutmütig an.
Für ihn war das lustig, klar. Aber er schien nicht zu merken, dass mir die ganze Aktion tatsächlich Sorgen bereitete.

Ich war noch nie in meinem Leben auf einem anderen Zweirad als einem Fahrrad gesessen, ich wusste überhaupt nicht, wie ich mich zu verhalten hatte! Zudem waren Motorräder und -roller bekanntlich echt gefährlich... ich wollte mir gar nicht vorstellen, was passierte, wenn wir in einen Unfall verwickelt werden würden.

Selbst wenn Hoseok einen Führerschein hatte, wer sagte denn dass er sicher und angemessen fuhr? Sein aufgeweckter Charakter und die manchmal überschießende Energie... Um Himmels Willen, wie fuhr er denn dann bitte?

Ich war ganz ehrlich, ich hatte schlicht und einfach Schiss.
Sicherheitshalber machte ich zwei Schritte rückwärts von Hoseok und seinem Rollerchen, als würde er mich jeden Moment packen und gegen meinen Willen auf dem Sitz festfesseln.

"Ich weiß nicht", schnell verschränkte ich meine Arme vor der Brust, damit ihm meine Unsicherheit nicht auffiel.
Hoseok griff in seine Jackentasche und kramte einen Moment herum, bevor er einen Geldbeutel herauszog.
Wollte er mich jetzt mit Geld bestechen, oder wie?

Stattdessen zog er aber ein kleines Kärtchen heraus und kam zu mir herüber. Es war tatsächlich ein Führerschein, mit Passbild, rosa-blauem Farbverlauf und einer blauen Europaflagge in der Ecke. Hm, sah ziemlich echt aus.

𝘂𝗻𝗽𝗿𝗲𝗱𝗶𝗰𝘁𝗮𝗯𝗹𝗲 ; 𝘀𝗼𝗽𝗲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt