𝗇𝖾𝗎𝗇;

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So ging das bis Donnerstag, sogar in den Mittagspausen hockte Hoseok bei mir.
Er war zwar nicht so nervig wie erwartet, aber trotzdem ging mir die pausenlose Gesellschaft auf den Sack.

Zugegeben - er war netter als ich gedacht hatte. Zwar hätte ich es vorgezogen, alleine zu sein, aber er brachte mir sogar zwei Mal einen heißen Kaffee mit, den ich dann etwas verlegen annahm. Eigentlich wollte ich nicht in ein freundliches Geben-und-Nehmen-Verhältnis rutschen und auch keine kleine Aufmerksamkeiten seinerseits, aber der Kaffee war zu verlockend.

Außerdem meinte Hoseok, er selbst würde ihn eh nicht trinken. Also wäre es ja schade das gute Zeug zu verschwenden, nicht?
Im Unterricht nervte er mich aber tatsächlich. Manchmal hielt er seine Klappe, aber viel zu oft beugte er sich zu mir herüber, begann ein Gespräch oder malte kleine Smileys auf den Rand meines Blockes.
Da hatte ich keine Gnade, das letzte, was ich gebrauchen konnte, war ständige Ablenkung im Unterricht.

Also bekam er jedes Mal einen giftigen Blick von mir, wenn er im Unterricht störte.
Als dann unsere Bio-Lehrerin Donnerstag in der 6. Stunde während der Einzelarbeit ihr Buch vor uns auf den Tisch knallte und uns etwas ungehalten aufforderte, endlich ruhig zu sein, reichte es mir.

"Yoongi, ich dachte eigentlich nicht, dass du so den Unterricht störst. Das muss ganz schnell aufhören, meine Lieben", hatte die eigentlich ziemlich nette Refrendarin mit tadelnder Stimme gesagt.

Meine Verteidigung, ich hatte doch überhaupt nichts geredet, prallte bei ihr auf Granit.

Die restliche Stunde ignorierte ich Hoseok noch härter als sonst und auch er schien etwas eingeschüchtert durch unsere Lehrerin, er hielt endlich mal seine Schnauze.

Nach der Doppelstunde dann beschloss ich, dem Drama ein Ende zu setzen.
Ich konnte es überhaupt nicht haben, wenn mir jemand ins Werk pfuschte, und Hoseok hatte mich jetzt endgültig angekotzt.
Ich hätte mich vor dieser Stunde beinahe so weit aus dem Fenster gelehnt zu denken, dass ich ihn mittlerweile vielleicht ein bisschen leiden konnte.

Aber das gerade ging einfach nicht, ich konnte es nicht ausstehen, im Unterricht gestört zu werden!

Energisch schulterte ich meinen Rucksack und stapfte aus dem Klassenzimmer, Hoseok klebte an meinen Fersen.
An meiner Bank im hässlichen Teil des Schulhofs drehte ich mich um und blitzte ihn wütend an.

"Mir reicht's. Samstag?"
Verwirrt blickte Hoseok mich aus seinen großen Rehaugen an.

"Hä?" Seine Stimme klang ehrlich nichts ahnend, was meine Rage aber nicht abkühlte. Ich war schon sauer auf ihn, und das sollte er auch merken.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du dein komisches Spiel so ernst nimmst und durchhältst. Ich hab jetzt die Schnauze voll davon, weißt du?! Ich kann's echt nicht gebrauchen dass mich ständig jemand vom Unterricht ablenkt und mir dann auch noch Ärger einhandelt."

Hoseok zog seine wohlgeformten Augenbrauen zusammen.
"Aber...", begann er, doch ich würgte ihn einfach ab.

"Nichts aber. Verstehst du es nicht? Mir ist es wichtig, aufmerksam im Unterricht zu sein. Denk was du willst, aber ich kann dich da nicht gebrauchen."
Autsch, das hatte ich jetzt hart gesagt. Hoffentlich nahm er es nicht zu sehr zu Herzen... Moment, nein.
Er sollte es zu Herzen nehmen, wäre ja noch besser wenn ich jetzt auch noch Mitleid mit ihm hätte.

Ich durfte mich echt nicht von ihm einwickeln lassen.

Mit gerunzelzer Stirn betrachtete er mich, bevor er antwortete.
"Und jetzt?"

Frustriert seufzte ich.
"Kurz: Ich nehme deinen Deal an. Du lässt mich im Unterricht in Frieden und wir treffen uns am Samstag."
Scheiße, eigentlich hatte ich da so keine Lust darauf...
Aber was hat man nicht alles, um wenigstens in der Klasse seine Ruhe zu haben.
Sofort hellte sich Hoseoks Miene auf.

"Echt jetzt?", für meinen Geschmack klang er etwas zu begeistert.

"Ich schätze du lässt mich nicht gratis in Frieden, also ja."
Unerweichlich verschränkte ich die Arme vor der Brust.

"Richtig kombiniert, kleiner Sherlock", grinste der Braunhaarige mich zufrieden an.
"Ich bin nicht sehr viel kleiner als du", murmelte ich verärgert.
"Okay, okay. Ich will ja auch nicht dass du deine Meinung jetzt noch änderst weil ich dir doch zu sehr auf den Keks gehe", lachte er, "Also Samstag? Soll ich dich zuhause abholen?"

Abholen, damit er genau wusste wo mein Haus war und unaufgefordert dort aufkreuzen konnte? Nein Danke, ich verzichtete.
Außerdem hatte ich keine Lust, ihn womöglich zu uns hereinbitten zu müssen.

"Ich komme um 15 Uhr zu dir. Zwei Stunden, dann geh ich nach Hause."
Lieber zu kalt als zu freundlich klingen, er sollte nicht denken ich würde gerne Zeit mit ihm verbringen.

"Nur zwei Stunden? Och Yoongi."
"Zwei Stunden." Unerbittlich hob ich eine Augenbraue.

"Na gut, vielleicht kann ich dich ja auch doch noch überreden... wir werden sehen", schelmisch grinste er mich an.
Beinahe wäre mir auch ein Grinsen entwischt, ich schaffte es aber rechtzeitig, meine Mundwinkel zu kontrollieren.

"Dafür lässt du mich aber auch im Unterricht in Ruhe, verstanden?"
"Natürlich, das ist der Deal. Sehe ich für dich wie ein reudiger Bescheißer aus?", er lachte, wobei seine Augen diese typische Halbmondform annahmen.

"Schon", murmelte ich, musste tatsächlich ein wenig grinsen.
Hoseok schien zu merken, dass mein Groll langsam verflog und lächelte zufrieden.
"Keine Sorge, ich halte mich dran. Wenn du es auch tust."

"Okay", schulterzuckend kramte ich ein Hustenbonbon aus der Jackentasche.
Er beobachtete, wie ich es aus dem Papierchen wickelte.

"Hast du Husten?"
Ich schüttelte den Kopf und schob mir das Bonbon in den Mund.
"Nur bisschen Halzschmerzen, so ein leichtes Kratzen."
Kritisch betrachtete er mich, also versuchte ich, einen Herzinfarkt zu überspielen.
"Sicher?"
Ich konnte mir ein kleines Lachen nicht verkneifen.
"Ziemlich sicher, alles okay!"

Im nächsten Moment klingelte es zum Pausenende, und wir gingen getrennte Wege. Hoseok hatte Psychologie, ich Kunst.

Während ich in Kunst konzentriert mit der Radiernadel eine Ruine ins Plexiglas ritzte, wanderten meine Gedanken immer mal wieder zu Hoseok.
Eigentlich war er ja ganz nett. Aber was war an mir so interessant?

Ich verstand immer noch nicht, was er wollte. Aber irgendwie... manchmal in den Pausen hatte es mir sogar ein wenig Freude bereitet, jemanden zu haben, mit dem ich mich unterhalten konnte.
Denn eigentlich war Hoseok (wenn er mich nicht gerade zuquatschte) echt eine angenehme Person, irgendwie hatte ich ihn immer anders wahrgenommen.

Durch unseren Deal jetzt ließ er mich in der Schule wohl ganz in Ruhe, oder? Dann hatte ich den Schulalltag wieder für mich.
Seltsamerweise freute ich mich nicht so sehr darüber, wie ich es erwartet hätte.





𝖻𝗈𝗇𝗃𝗈𝗎𝗋 𝗆𝖾𝗌 𝖺𝗆𝗂𝗌
𝗇𝗈𝗍 𝗆𝖾 𝗐𝗋𝗂𝗍𝗂𝗇𝗀 𝗍𝗁𝗂𝗌 𝖼𝗁𝖺𝗉𝗍𝖾𝗋 𝖽𝗎𝗋𝗂𝗇𝗀 𝗆𝗒 𝖼𝗁𝖾𝗆𝗂𝗌𝗍𝗋𝗒 𝗈𝗇𝗅𝗂𝗇𝖾 𝖼𝗅𝖺𝗌𝗌 𝗅𝗈𝗅.
𝖽𝖺𝗇𝗄𝖾 𝖿𝗎̈𝗋𝗌 𝗅𝖾𝗌𝖾𝗇 𝗎𝗇𝖽 (𝗏𝗂𝖾𝗅𝗅𝖾𝗂𝖼𝗁𝗍) 𝖿𝗎̈𝗋 𝗄𝗈𝗆𝗆𝖾𝗇𝗍𝖺𝗋𝖾 𝗎𝗇𝖽 𝗏𝗈𝗍𝖾𝗌! <3

𝘂𝗻𝗽𝗿𝗲𝗱𝗶𝗰𝘁𝗮𝗯𝗹𝗲 ; 𝘀𝗼𝗽𝗲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt