Frau Wendlings Tod

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Frau Wendling schluckte und fuhr fort: "Bevor dein leiblicher Vater letztes Jahr gestorben ist, hat er mit mir meinen Sohn bekommen. Mein Sohn war also dein Halbbruder, Liebes.. Und dein Vater, der ist an dem selben Leiden gestorben wie du." Ich saß geschockt da, doch ich hatte keine Zeit es zu verinnerlichen, denn sie erzählte sofort weiter. "Dein Vater hat es viele Jahre, Nacht um Nacht mit jedem Schmerz ausgehalten bis er daran kaputt ging und Selbstmord begann. Mein Sohn hatte es mit 5 Jahren, sehr schlimm, er musste es von seinem Vater haben. -Genau wie du."

Ein Kloß schien in meinem Hals zu stecken und das Brennen meiner Narbe an der Rippe machte mir schwer zu schaffen.

"Liebes, wenn wir diese Narbe nicht sofort behandeln", sagte Frau Wendling, "werden diese Seelen in deinem Körper, die dich flehend darum bitten sie mit deiner Magie zum Leben zurück zu erwecken, dann werden sie dir so schwere Schmerzen hinzufügen, dass du stirbst."

Ich spürte wie ich gerade noch eine Träne halten, dass war doch alles zum Verzweifeln.

"Du musst mir jetzt vertrauen, Liebes", sagte sie, den Blick direkt auf mich gerichtet, "Ich muss versuchen die Seelen in meinen Körper über gehen zu lassen. Sie müssen sehr verärgert sein, viel zu lange schon kämpfen sie schon darum, wieder an die Macht zu gelangen. Wenn sie dann in mir sind, werden sie mich umbringen, sie sind viel zu sauer, um noch länger mit mir zu handeln. Denn wenn jemanden ihnen nicht hilft, dann nehmen sie den jenigen mit in den Tod, dass ist dann das einzige woran sie noch denken können. Diese Seelen sind von schwarzen Magiern, die mal gut in der Macht standen mussten- denn es ist sehr mühsam, eine Seele von sich weitetleben zu lassen, dass gelingt nur durch schwere schwarze Magie. Wenn überhaupt. Das ist der Grund, warum wir sie nicht einfach zurück ins Leben holen können, warum wir kämpfen müssen. Sie würden alles niederreißen, das wäre ein schrecklicher Gedanke. Wir könnten sie nicht mal irgendwo anders einsperren. Ein Mensch muss sterben und dieser Mensch werde ich sein."

"Nein", sagte ich total verstört, "das kann ich nicht zulassen!"

"Ich flehe dich an, vertraue mir, es ist besser so und ich will es! Es ist mein letzter Wunsch und was habe ich schon zu verlieren? Mein Mann und mein Sohn sind weg. Natürlich liebe ich es Menschen zu helfen und sie mit Arznei zu versorgen und Kochen natürlich", sagte sie und lächelte kurz, "Wenn ich zu den Toten kehre meinen Sohn rechen. Nagut, je nach dem, wie das Leben nach dem Tod aussieht."

Etwas in mir wollte diese nette, unschuldige Frau am Leben behalten, doch ein weiterer Teil wollte ihr ihren letzten Wunsch erfüllen.

"Ich mache es", sagte ich und weinte, ging zu Frau Wendling und umarmte sie. "Ich danke dir vom ganzen Herzen, Liebes", sagte sie. Sie sah jetzt irgendwie glücklich und erfüllt aus, was mir gleichzeitig wieder das Herz brach. Coco umarmte sie auch nochmal.

"Also", begann sie, "folgender Plan.." Sie erklärte, dass jeder Denken würde, sie sei an einer bestimmten Krankheit gestorben (nach der ich nicht genauer nachgefragt hatte). Sie sagte uns, wir sollten dann so schnell und unauffällig wie möglich das Haus verlassen.

"Du schließt jetzt deine Augen und lässt jeden Schmerz auf sich zukommen. Befreie dich von allen Gefühlen und Gedanken. Sage jetzt wenn du bereit bist, den nächsten Teil werde ich übernehmen. Wenn die Seelen bei mir angekommen sind, wirst du ohnmächtig werden. Aber keine Sorgen, ich gebe deinen Freunden einen Trank. Sie werden ihn dir verabreichen, er wirkt nach 10 Minuten. Der müsste wirken, um dich zu voller Gesundheit zurück zu bringen. Wenn nicht, wirkt ihr beide einen Zauber. Ich sorge dafür, dass ich sehr lange schlafen werde, damit sie ihre Möglichkeit bekommen mich anzugreifen und meine Seele mit sich zu ziehen. Aber ihr müsst so schnell wie möglich hier weg. Verabreicht mir nur auch noch den Trank, da ich auch in Ohnmacht fallen werde. Er wirkt bei mir aber erst nach 20 Minuten, weil ich alt bin."

Coco und Nick warfen nevöse Blicke zu mir.

"Okay", sagte Frau Wendling, "Tu jetzt das, was ich dir gesagt habe Lissy. Schließe deine Augen und befreie dich von allen Gedanken und Gefühlen. Wenn du dir zu 100% sicher bist, dann sage Jetzt."

Ich schloss meine Augen. Das war eindeutig leichter gesagt als getan. Ich versuchte mich von Allem was in mir schwirrte zu befreien. Es gelang mir nicht immer und oft fing ich von vorne an, doch irgendwann musste der Moment kommen. In einer Sekunde vollkomer Gedanken- und Gefühlskälte sagte sie ich: "Jetzt!"

Es fühlte sich an, als ob sich irgendwas aus mir heraussaugte. Nach und nach wurde es leer in mir, Gedanken und Sinne schwanden. Kälte. Müdigkeit.

Das letzte was ich hörte war ein dumpfer Knall, dann fiel ich mit meinem Oberkörper nach links auf die Couch und das letzte was ich dachte war: Frau Wendling!

Lissy Bell - Schreie aus der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt