Schockierender Gedanke

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Ich wachte mit dem Kribbeln im Bauch auf, welches ich gestern beim Fallschirmsprung auch spürte, ich hatte von dem Sprung geträumt. Ich legte mich auf die Seite und schaute zu Coco rüber, die noch schlief.

Morgen hatte ich Geburtstag und ich hoffte sehr, dass meine Freunde mich nicht unnötig mit Geschenken zuschütteten oder eine Feier für mich veranstalteten, doch leider hatte Coco schon etwas in die Richtung angedeutet. Jo mit seinen Bildern und Nick mit seiner Versprechung. Und jetzt fiel mir wieder auf, dass ich morgen das magische Muttermal bekam und jetzt wollte ich unbedingt doch mit meiner Mutter sprechen, ich hatte noch einige Fragen an sie zu richten.

Ich zog mich um, wenig später wachte Coco auf und zog sich ebenfalls um, dann gingen wir zum Frühstücksbuffet und setzten uns mit gefüllten Tabletten an unseren Stammtisch wo Nick und Jo schon saßen und aßen.

"Morgen", sagten ich und Coco im Chor. "Gut geschlafen?", fragte Nick mich. Ich nickte und schmierte Butter auf mein Brötchen, dann bemerkte ich, dass die Dekoration auf dem Tisch ein Bauernhof war. "Aha", sagte ich, "Bauernhofbesuch. Gefällt mir." Coco guckte mich begeistert an und wir freuten uns beide sichtlich.

"Juhu", sagte Jo ironisch, "stinkende Tiere." "Du hast ja keine Ahnung", sagte ich zu Jo und schmierte jetzt Marmelade auf mein Brötchen. "Also ich", sagte Nick, "würde ja lieber mal wieder skaten." "Mach's doch", sagte ich zu ihm und biss von meinem Brötchen ab. "Mach ich auch, aber wer weiss bis wann wir da wieder bleiben", sagte Nick, "Ich mach's jetzt schnell." Und zielstrebig brachte er sein Tablett weg und rannte aus der Haupttür. Ich staunte immer wieder über seine Spontanität.

Ich schaute zum Tisch rüber und sah wie Hanna sich gerade genervt und wütend mit Jonny unterhielt. "Da herrscht wohl Ärger im Paradies", sagte ich. Jo und Coco guckten ebenfalls zum Tisch herüber. "Tja", sagte Jo, "Jonny ist richtig genervt von ihr. Wenn ihr mich fragt, ich gebe ihnen noch zwei Tage." Coco machte: "Hmm." Und ich schloss mich stumm ihrer Meinung an.

Wir aßen fertig und ich schlenderte mit Coco zurück ins Zimmer, wir setzten uns beide auf mein Bett und redeten darüber, dass dies der allerletzte Tag in diesem Ferienlager war. Irgendwann holte Coco dann eine Broschüre aus ihrer Tasche und gab sie mir. Vorne war Zaubereiinternat Wellington zu lesen.

"Hier wird ein Zaubereiinternat draus?", fragte ich Coco überrascht, Coco nickte. "Wow", sagte ich und las mir die Broschüre durch. Anmeldung erfolgt bis zur Eröffnung der Schule unter folgender Telefonnummer[...]. "Dazu muss ich meine Mutter überreden", sagte ich, dass dürfte schwierig werden.

Ich überlegte kurz und dachte darüber nach was Lara mal zu mir gesagt hatte, dass sie bereits auf der Liste für die neuen Schüler stand. "Haben deine Eltern dich schon angemeldet?", fragte ich Coco und sie nickte. "Du kommst auch auf die Schule, bestimmt", sagte sie aufmunternd. Leichter gesagt als getan, dachte ich mir und gab Coco die Broschüre wieder.

Bis zum Mittag schlug ich mir die Zeit damit um, mit Coco über alles Mögliche zu erzählen.

Dann holten wir uns Kartoffelsalat mit Würstchen und Toast und setzten uns an unseren üblichen Tisch. Jo kam als erster dazu. "Wo ist Nick?", fragte ich ihn. Er drehte sich um und sagte: "Er war gerade im Zimmer und meinte er kommt noch nach."

Wenig später, als der Saal sich immer mehr füllte kam Nick in den Saal, holte sich sein Essen am Buffet und setzte sich zu uns. "Habt ihr schon ans schwarze Brett geguckt?", fragte ich die Jungs. "Ja", antwortete Jo, "14:00 Uhr Abfahrt." "Okay", sagte ich und aß weiter.

Auf Bauernhof hatte ich in gewisser Weise schon Lust, doch eigentlich wollte ich einfach nur mein Pferd wiederhaben, da bohrte es sich auf einmal wie ein Schwert in meinen Magen- mein Pferd! Wenn ich auf dieses Internat gehen wollte, was mein sehnlichster Wunsch geworden war, dann musste ich mein Pferd verkaufen. Bei dem Gedanken liefen mir Tränen über die Wangen und ich ließ Gabel und Messer auf den Teller fallen, vergrub mein Gesicht in meinen Händen und nun wurde mir schmerzhaft bewusst, dass ich ein Opfer bringen musste.

"Was ist los?", fragte Nick und hörte auf zu essen. "Nichts", sagte ich und schluchzte kurz auf. "Nichts, ich seh's. Warum weinst du?", fragte er eindringlich. Ich fragte mich in dem Moment, wie er so gefühlskalt sein konnte, nahm mein Tablett, brachte es weg und verschwand im Zimmer.

Ich kramte ein eingeramtes Foto von Princess aus meiner Tasche und guckte es an. Inzwischen sammelte sich eine winzige Pfütze aus Tränen auf dem Glas, was das Foto dahinter schützte.

Ich dachte an unsere wunderschönen Ausritte, an ihr schrilles und süßes Wiehern und an ihren wunderschönen, eleganten Galopp. In meinem Kopf spielten sich viele Szenen aus guten und schlechten Zeiten mit ihr ab. Ich wollte meine Prinzessin nicht hergeben, ich legte das Bild zur Seite und weinte in mein Kissen. Wie Coco das wohl mit ihrem Pferd machen würde? Ich schaute aus dem Fenster und wartete auf sie, während mir gelegentlich immer wieder Tränen aus den Augen kamen, die ich nicht beeinflussen konnte.

Irgendwann, nach gefühlten Stunden kam Coco herein und sagte: "Du hast den Bauernhof verpasst!" "Wieso habt ihr mich nicht geholt?", fragte ich sie entsetzt, "Aber egal. Was machst du mit deinem Pferd, wenn du hier auf's Internat gehst?" "Meine Schwester bekommt ihn, so kann ich in den Ferien nach Hause und ihn trotzdem noch reiten. Ach deswegen weinst du! Du musst sie weggeben?", sagte sie und setzte sich ans Fußende von meinem Bett. "Ich werde ich es tun müssen, wenn ich auf dieses Internat möchte", sagte ich zu Coco und setzte mich hin. "Oder du kommst nicht auf dieses Internat", sagte Coco und für mich war es banal. "Ich möchte aber hier her. Jeden Tag mit dir, Nick und Lara verbringen und alles über Zauberei lernen", sagte ich. "Dann wirst du es tun müssen", sagte Coco und schaute zum Boden. "Es tut aber weh, wenn ich daran denke, dass ich sie in die Hände von wildfremden Leuten gebe und sie nie wieder sehen werde", sagte ich. "Natürlich tut es weh", sagte Coco, "aber weisst du was für wunderschöne Pferde es in der Zauberwelt gibt? Einhorn und Pegasus müsste dir ein Begriff sein." "Mag sein, aber ich habe dieses Pferd geliebt, Coco. Aber ich werde es verkraften müssen, auch wenn es weh tut", sagte ich und schaute zum Boden. Mein Gefühlsreichtum fuhr Achterbahn, es war einfach nur nervig.

Lissy Bell - Schreie aus der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt