Das Muttermal

62 7 0
                                    

Ich ging mal wieder nicht zum Abendbrot, weil ich keinen Hunger hatte.

Irgendwann kam dann wieder Frau Wendling in mein Zimmer und fing an zu sprechen: "Lissy.. es sind zwar Arbeitskräfte da die auf euch aufpassen, aber du könntest dich ruhig mal abmelden.. Geht es dir schon wieder nicht gut?.. Willst du doch lieber wieder alleine sein."
Sie nervte mich. Als ich knapp mit "Ja" antwortete sah sie mich noch ein Mal besorgt an, ging dann aber auf die Tür zu. Kurz bevor sie rausging wollte sie noch etwas sagen: "Du kannst dich auch heute und morgen noch an eine der Aufsi-" "Schon gut", unterbrach ich sie, "Sie brauchen sich keine Sorgen machen."

Dann verließ sie mit einem aufgesetzem Lächeln das Zimmer.

Meine Ruhe schien nicht lange anzuhalten, denn im nächsten Moment kam Coco in den Raum und ich fand es schade, dass sie nicht von Nick begleitet war.
Wir zogen uns wortlos um und legten uns in unsere Betten.

Wenig später schlief ich ein.
Ich träumte von der schönen Zeit die ich mit die ich mit Princess verbracht hatte.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war die Tatsache das ich Geburstags hatte, der Grund warum ich so gut gelaunt war.
Komischerweise lag Coco nicht mehr in ihrem Bett.

Ich kümmerte mich aber nicht weiter darum und ging in den Speisesaal. Unser Stammtisch war der einzige Tisch, der noch leer war.
Ich holte mein Frühstück und wollte mich gerade alleine damit auf den üblichen Platz setzen, als ich einen Brief mit der Aufschrift Nur in deinem Zimmer öffnen! auf meinem Stuhk fand.
Ich hob den Zettel auf, setzte mich, legte ihn neben mein Tablett und aß schnell mein Brötchen.

Dann brachte ich das Tablett weg und rannte in mein Zimmer.

Ich setzte mich aufs Bett und öffnete hastig den Brief. Er flog mir aus der Hand und hob sich in die Luft, wo er dann stehen blieb. Das Papier öffnete sich und darauf erschien nun nach und nach der Text. Als wenn ein Unsichtbarer mit einem unsichtbaren Stift, die schwarze Tinte auf das Blatt schrieb.
Ich las: Ich erwarte dich auf meinem Zimmer, Nick. Dann flog der Brief wieder selbstständig in den Umschlag, segelte zu Boden, zerriss sich in tausend Teile und löste sich gefolgt von einer kleinen Rauchwolke in Luft auf. Umständlicher hätte man mir diese Nachricht kaum mitteilen können.

Auf einmal fiel mir auf, dass ich noch in Schlafzeug war. Peinlich, so war ich auch beim Essen.
Also suchte ich mir meine Lieblingsklamotten aus dem Kleiderschrank. Eine schwarze Leggins (damit man die noch vorhandenen Narben auf meinen Beinen nicht sah), mein schönstes Kleid und Ballerinas. Dann kämnte ich noch meine Haare. Die Narben auf meinem Arm waren mit egal, ich wollte jetzt los.

Und so ging ich zügig die Flure entlang zu Nicks Zimmer. Ich klopfte.
Nick machte auf und musterte mich kurz von oben bis unten: "Hübsch. Komm rein!"
Ich trat in das Zimmer und ging leicht verlegen zu seinem Bett und setzte mich.
"Wo sind die Anderen?", fragte ich.
"Wo Jo, Jonny und Coco sind wirst du noch früh genug erfahren. Wo Justin ist weiss ich nicht", antwortete Nick.
Dann holte er ein Päckchen aus seinem Schrank und setzte sich neben mich, dann sagte er: "Habe mich bei Hanna erkundigt, sie hat mir verraten das du ungefähr 11:30 geboren wurdest. Es ist jetzt 11:20 Uhr."
"Ja und?", fragte ich.
"Denk doch nach", sagte er und lächelte, "Dein Muttermal."
"Stimmt!", da schoss es mir schlagartig wieder in den Kopf.
Ich drehte meinen rechten Arm um und schaute auf die Stelle, wo die Blutadern am stärksten zu sehen waren. Oben am Handgelenk, wo auch bei Nick das Mal war.
Natürlich passierte noch nichts, nur meine Nervosität stieg.
Nick hielt das Päckchen in der Hand und schaute auf seine Uhr. Ich starrte weiterhin auf mein Handgelenk.
"Lange wirst du da nicht mehr so ruhig sitzen, glaub mir", sagte Nick.
Ich hob schnell meinen Kopf und blickte zu ihm: "Tut es so weh?"
"Wirst schon sehen", sagte er, dann lächelte ich und wandte meinen Blick wieder auf meinen Arm.

Im nächsten Moment fing die Stelle an zu brennen, immer und immer stärker. Meine Haut rötete sich.
Das Brennen wurde zu einem schmerzhaftem Ziepen und es wurde so stark, dass ich meine Hand zu einer Faust ballen und die Zähne aufeinander beißen musste, um einen Schmerzensschrei zu unterdrücken.
Ich konnte gerade noch so meine Augen offen halten und sah, wie sich ein B in meine Haut schnitt und sich dann etwas dicker und schwarz auf meiner Haut ausbreitete, wie ein Tattoo sah es aus.
Es war ein fürchterlicher Schmerz, doch dann ließ er nach und ich öffnete meine Hand.

"Und jetzt das Symbol", sagte Nick und ich schaute einen Moment zu ihn auf, dann wieder zum Handgelenk.
Jetzt fing es stark an zu zwiebeln und meine Haut hob sich ungefähr zwei Millimeter und formte etwas.
Dann wurde der Schmerz wieder stärker und ich musste wieder meine Hand zusammen ballen und die Zähne aufeinander beißen.
Durch den Schlitz meiner Augen sah ich, wie sich um das B eine Meerjungfrau eingravierte und ebenfalls die schwarze Farbe annahm. Dann ließ zu meiner Erleichterung der Schmerz wieder nach. Ich betrachtete mein Muttermal jetzt nochmal genau.
"Eine Meerjungfrau", sagte Nick staunend und fuhr mit seinem Finger über das Mal. Es schimmerte nun türkis auf und war noch viel schöner.
Wenige Sekunden später nahm es wieder das übliche schwarz an.

"Hier", sagte Nick und reichte mir die Schachtel mit der Schleife, die er schon die ganze Zeit in der Hand hielt.
Mit einem Ruck zog ich die Schleife ab und öffnete die kleine Box.
Es war ein breites, schwarzes Lederarmband, wie Nick es in dunkelbraun hatte.
Ich legte es mir um und verdeckte somit mein Muttermal.
"Danke", sagte ich zu Nick und schaute ihm ins Gesicht. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie nah er meinem Gesicht gekommen war.

Dann legte ich meine Arme auf seine Schultern, er umfasste meine Hüfte und er küsste mich wieder einmal in diesem Zimmer. Wie beim ersten Mal.

Dann nahm er auch wieder einmal meine Hand und führte mich nach draußen. Die Schmetterlinge in meinem Bauch waren erwacht.

Lissy Bell - Schreie aus der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt