Ein Jahr neigt sich dem Ende

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Keiner in Hogwarts kannte jetzt die Wahrheit über das Geschehen in der Nacht, als Sirius, Seidenschnabel und Pettigrew verschwanden, außer Harry, Ron, Hermine, Dumbledore, mir und den Zwillingen. Das Schuljahr ging nun rasch dem Ende zu und ich hörte die unterschiedlichsten Theorien über das, was wirklich geschehen war. Doch keine kam auch nur ansatzweise an die Wahrheit ran.
Draco war wütend wegen Seidenschnabel. Er war überzeugt, Hagrid sei es irgendwie gelungen, den Hippogreif in Sicherheit zu bringen, und er schien außer sich vor Zorn, dass ein Wildhüter ihm und seinem Vater ein Schnippchen geschlagen hatte. Percy unterdessen hatte einiges zur Flucht von Sirius zu sagen.
„Wenn ich es schaffe, ins Ministerium zu kommen, werde ich denen mal erklären, wie man in der Zaubererwelt Recht und Ordnung durchsetzt!", erklärte er dem einzigen Menschen, der zuhören wollte – seiner Freundin Penelope.
Das Wetter war herrlich, alle waren bestens gelaunt, Ich wusste, dass wir das fast Unmögliche geschafft und Sirius zur Freiheit verholfen hatten – und doch hatte ich dem Ende eines Schuljahres noch nie so niedergeschlagen entgegengesehen.
Offensichtlich war unsere Clique nicht die Einzige, die es schade fand, dass Lupin gegangen war. Alle, die bei ihm Verteidigung gegen die dunklen Künste gehabt hatten, waren über seine Kündigung bestürzt.
„Ich frag mich, wen sie uns nächstes Jahr vorsetzen", murmelte Seamus beim Mittagessen mit düsterer Miene.
„Vielleicht einen Vampir", meinte Dean fast schon hoffnungsvoll.

Am letzten Schultag bekamen wir endlich die Prüfungsergebnisse. Harry, Ron, Hermine und ich hatten es tatsächlich in jedem Fach geschafft. Ich war ein wenig überrascht davon selbst Kräuterkunde bestanden zu haben und von meiner Bestnote in Wahrsagen war ich am meisten verblüfft.
Percy hatte seinen UTZ geschafft, Fred und George um Haaresbreite eine Hand voll ZAGs. Wir Gryffindors unterdessen hatten, vor allem dank der Aufsehen erregenden Leistung im Quidditch-Cup, das dritte Jahr in Folge die Hausmeisterschaft gewonnen. So war die Halle beim Abschlussfest ganz in Scharlachrot und Gold geschmückt und an unserem Tisch ging es bei der Feier natürlich am lautesten zu. Selbst Harry schaffte es, die Rückreise zu den Dursleys, die am nächsten Tag anstand, zu vergessen, und er feierte, redete und lachte ausgelassen mit uns.

Als der Hogwarts-Express am nächsten Morgen aus dem Bahnhof fuhr, konnte Hermine mit einer erstaunlichen Neuigkeit für Harry, Ron und mich aufwarten.
„Heute Morgen kurz vor dem Frühstück habe ich mit Professor McGonagall gesprochen. Ich habe beschlossen, Muggelkunde sausen zu lassen."
„Aber du hast doch die Prüfung mit dreihundertundzwanzig Prozent geschafft!", sagte Ron.
„Ich weiß", seufzte Hermine, „aber noch ein Jahr wie dieses halte ich nicht aus. Dieser Zeitumkehrer hat mich ganz verrückt gemacht. Ich hab ihn zurückgegeben. Ohne Muggelkunde und Wahrsagen hab ich endlich wieder einen ganz gewöhnlichen Stundenplan."
„Ich kann immer noch nicht fassen, dass du uns nichts davon gesagt hast", grollte Ron. Ich verdrehte die Augen. „Wo wir doch angeblich deine Freunde sind."
„Ich habe versprochen, es niemandem zu sagen", sagte Hermine streng. Sie wandte sich Harry zu, der aus dem Fenster sah, wie Hogwarts hinter einem Berg verschwand.
„Aach, Kopf hoch, Harry!", sagte Hermine besorgt.
„Mir geht's gut", sagte Harry rasch. „Ich denk nur an die Ferien."
„Ja, daran hab ich auch gedacht", sagte Ron. „Harry, du musst uns besuchen kommen. Ich red erst mal mit Mum und Dad und dann ruf ich dich an. Ich weiß jetzt, wie man ein Feleton benutzt."
„Ein Telefon, Ron", sagte Hermine. „Ehrlich mal, du solltest nächstes Jahr Muggelkunde belegen..."
Ron überging das.
„In diesem Sommer ist die Weltmeisterschaft im Quidditch! Wie wär's, Harry? Komm ein paar Wochen zu uns und wir gehen hin! Dad kriegt meist Karten übers Büro."
Der Vorschlag verfehlte seine Wirkung nicht und heiterte Harry kräftig auf.
„Jaah... ich wette, die Dursleys sind froh, wenn sie mich los sind ... besonders nach dem, was ich mit Tante Magda angestellt hab ..."
Auch ich sah ein wenig unsicher den Ferien gegenüber. Durch all das was passiert war hatte ich nicht mehr die Chance gehabt Molly eine Eule zu schicken doch ich wollte und konnte die Ferien auf keinen Fall bei Severus verbringen. Was er getan hatte war nicht nur falsch gewesen, es hatte mir weh getan. Ich konnte einfach nicht.
Erst am späten Nachmittag erreichte uns etwas was uns alle auf andere Gedanken brachte.
„Harry", sagte Hermine plötzlich. Sie sah an ihm vorbei aus dem Fenster. „Was ist das eigentlich da draußen?"
Ich wandte mich um. Etwas Kleines und Graues hüpfte vor dem Fenster auf und ab. Ich erkannte eine winzige Eule, mit einem Brief im Schnabel, der viel zu groß für sie war. So klein war die Eule, dass sie heftig am Trudeln war und im Fahrtwind des Zuges immer wieder gegen die Scheibe klatschte. Schnell zog Harry das Fenster herunter, streckte den Arm hinaus und fing sie ein. Vorsichtig holte er sie ins Abteil. Die Eule ließ ihren Brief auf Harrys Sitz fallen und begann im Abteil herumzuflattern, offenbar hochzufrieden, dass sie ihre Aufgabe geschafft hatte. Hedwig, mit würdevoller Miene, klapperte missbilligend mit dem Schnabel. Krummbein und Flöckchen erwachten aus dem Schlaf, setzten sich auf und folgten der Eule mit großen Augen. Ron, dem das nicht entging, fing die Eule ein und barg sie in der Hand.
Harry nahm den Brief an sich.
„Da stehen unsere Namen drauf", sagte er mit einem Blick zu mir. Ich sah auf die Rückseite des Briefes. In geschwungenen Buchstaben stand ein einziges Wort dort: Tatze.
„Von Sirius!"
„Was?", sagten Ron und Hermine begeistert.
„Lies ihn laut vor!", forderte ich aufgeregt.

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt