Hogsmead

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„Kommst du?", fragte George und streckte seine Hand aus. Lachend lief ich zu ihm und warf mich in seine Arme. Er fing mich auf, wirbelte mich einmal im Kreis um mir den Schwung zu nehmen, ehe er mich wieder runter ließ und meine Hand in die seine nahm.
„Du wirst mir alles zeigen oder?", fragte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Aber natürlich!", antwortete er und salutierte.
„Holde Maid, würdet Ihr mir den Gefallen erweisen und meinen Bruder und mich hinab in das kleine Städtchen Hogsmead begleiten?", fragte Fred grinsend mit einer kleinen Verbeugung. Ebenfalls grinsend ließ ich Georges Hand los und trat zu Fred.
„Es wäre mir eine Ehre von solch schönen und edlen Ritter hinab geleitet zu werden", antwortete ich und machte einen kleinen Knicks. George neben uns lachte so heftig, dass er in den frischen Schnee fiel. Lachend half ich ihm auf und zusammen - untergehakt bei den Jungs - machten wir uns auf den Weg nach Hogsmead.

In Hogsmeade sah es aus wie auf einer Weihnachtskarte. Die kleinen strohgedeckten Dorfhäuser und Läden lagen unter einer Hülle pulvrigen Schnees, an den Türen hingen Stechpalmenkränze und durch die Bäume schlangen sich Kordeln mit Zauberkerzen. Tatsächlich fühlte ich mich dort pudelwohl. Ich trug das Hoodiekleid, dass Fred und George mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatten, darüber einen cremefarbenen Mantel - ebenso lang wie das Kleid - und einen grauen Schal, und kam mir damit vor wie eine Figur in einem Winterwunderland.
Wir gingen die Straße entlang, die Köpfe gegen den Wind geneigt, und George und Fred riefen durch ihre Schals:
„Das ist die Post."
„Dort oben ist Zonko."
„Wir könnten raufgehen zur Heulenden Hütte."
„Oder ins drei Besen auf ein Butterbier!"
„Lasst uns erstmal zur Heulenden Hütte gehen. Ich weiß, dass Ron und Hermine dort hin wollten und Harry sollte auch auf dem Weg dorthin sein wenn er schon hier ist. Wir könnten uns dort alle zusammen treffen und dann ins drei Besen gehen."
Die Jungs nicken und so machten wir uns auf den Weg. Es ging berg hoch und obwohl der Weg nicht allzu weit war hechelte ich fast schon als ich oben ankam. Ich sah Ron und Hermine schon an einem Geländer stehen doch noch bevor ich ein paar Schritte machen konnte sah und hörte ich jemand anderen.
„Lernen wir ihm etwas Respekt vor der Obrigkeit!", giftete Draco Malfoy. Ich zog die Zwillinge hinter einen Baum und beobachtete den Wortwechsel.
„Ich hoffe du meinst damit nicht dich selbst!", giftete Hermine zurück.
„Wie kannst du es wagen, wertloses Schlammblut!", zischte Draco sauer. Das reichte. Ich hatte genug gehört.
„Draco!", brüllte ich rasend vor Wut und trat hinter dem Baum hervor. Erschrocken wirbelte der Ältere herum und sah mich entsetzt an.
„Lucy!", hauchte er noch blasser um die Nase als üblich. „Was machst du hier?"
„Was ich hier mache?", schrie ich und stampfte durch den Schnee auf ihn zu. Vor ihm blieb ich stehen und hielt ihm meinen Zeigefinger anklagend gegen die Brust. „Was machst du hier?"
Schuldbewusst sah er zur Seite. Er setzte zum sprechen an doch sauer wie ich war wollte ich mir seine Erklärungen gar nicht erst anhören.
„Du bist wirklich unverbesserlich Draco Malfoy!", fauchte ich und rammte ihm meinen Finger bei jedem Wort fast schon in die Brust. Draco taumelte ein paar Schritte nach hinten.
„Lucy lass es gut sein", hörte ich George sagen. Er legte eine Hand auf meine Schulter doch ich schüttelte sie ab und drehte mich zu ihm.
„Nein!", sagte ich laut. „Lass mich!"
Ich drehte mich wieder zu Draco.
„Ich weiß echt nicht wer der größere Idiot ist Draco Malfoy! Du oder ich, weil ich wirklich dachte wir könnten Freunde werden!"
Mit diesen Worten wandte ich mich von ihm ab und ließ ihn stehen.
„Luce! Lucy! Warte!", rief er mir hinter her doch ich ignorierte es.
Ich wusste nicht wohin ich lief, wollte einfach nur weg von ihm. Natürlich war mir bewusst gewesen, dass Draco sein Wesen nicht verändert könnte. Das hatte ich, wenn ich ehrlich war, auch nicht von ihm erwartet aber, dass er immer noch so weit ging und solche Sachen sagte verletzte mich. Er wusste, dass auch meine Mutter muggelstämmige Eltern hatte. Wenn er also über Hermine so dachte... Ich biss die Zähne zusammen.
„Lu! Hey Luce, warte mal!", hörte ich Hermine hinter mir rufen. Ich blieb stehen, drehte mich rum und sah sie abwartend an. Sie kam alleine, wo sie Ron und die Zwillinge gelassen hatte wusste ich nicht doch vielleicht war mittlerweile auch Harry bei ihnen angekommen und Hermine hatte ihnen gesagt sie sollten warten. Wenn es so war, dann war ich froh darüber. Hermine war ebenso wie ich ein Mädchen. Ich konnte mir vorstellen, dass die Jungs die Beziehung zwischen Draco und mir nicht verstehen würden aber Hermine schon. Zumindest etwas, verstand ich ja selber nicht was genau das zwischen Draco und mir nun war.
Missmutig und in Gedanken versunken ließ ich mich auf einen großen Stein fallen und starrte in den Schnee als wäre er der Verursacher all meiner Probleme. Hermine kam zu mir und kniete sich vor mich.
„Was war das?", fragte sie sanft. Ich sah die Verwirrung in ihren Augen. Nur allzu verständlich, schließlich hatte ich den anderen nie erzählt was zwischen Draco und mir vorgefallen war. Weder das Treffen und das Gespräch in den Ferien, noch von dem mal wo wir in Hogwarts zusammen gesessen hatten. Sie wussten also nicht, dass wir irgendwie dabei waren uns anzufreunden.
„Ich hatte wirklich gedacht er könne sich ändern", murmelte ich. Hermines Augen blitzten auf.
„Du magst ihn, oder?"
„Nein! Also ja... ach keine Ahnung", rief ich verzweifelt und verwirrt über meine eigenen Gefühlen. „Wir haben uns in den Ferien mehr oder weniger unfreiwillig gesehen und ich dachte vielleicht könnten wir uns anfreunden. Er war so anders gewesen. Freundlich und aufmerksam. Und auch hier hatte sich unserer Beziehung geändert." Ich seufzte. „Natürlich hätten wir nie zugegeben, dass wir Freunde geworden sind aber ich glaube das sind wir."
Ratlos sah ich Hermine an die verstehend nickte und nachdenklich ins Tal hinunter blickte.
„Das scheint wirklich kompliziert zu sein", sagte sie nach einer Weile. „Ich bin definitiv nicht Malfoys größter Fan aber wenn du ihn magst wird er schon kein so übler Kerl sein wie er immer tut."
„Ich weiß nicht", hauchte ich. Ich war definitiv mehr als verwirrt.
„Luce..."
Ich zuckte zusammen und sah auf. Beschützend stellte sich Hermine vor uns als Draco hinter den Bäumen auftauchte.
„Was willst du?", zischte sie ihn an. Seufzend stand ich auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Meine Wut war ebenso schnell verraucht wie sie gekommen war. Ich war verwirrt, traurig und unheimlich müde.
„Lass uns alleine, ja?", bat ich Hermine. Zweifelnd sah sie zu mir.
„Bist du sicher?"
„Er wird nicht reden wenn du hier bist", fügte ich so leise hinzu, dass Draco es nicht hören konnte. Hermine warf mir einen letzten Blick zu ehe sie langsam nickte und mich mit Draco alleine ließ. Ich setzte mich erneut auf den Stein und sah Draco an. Er sah wirklich aus als würde es ihm leid tun.
„Also schön", sagte ich. „Du hast genau eine Minute Zeit."
Draco kam zu mir, setzte sich neben mich und sah in den Schnee.
„Luce ich... es gibt keine Entschuldigung für das was ich gesagt hab und es tut mir aufrichtig leid. Ich... ich bin so erzogen wurden. Ich weiß es ist keine Entschuldigung aber... Meine Eltern... wenn sie erfahren würden, dass ich... mein Vater würde mich verstoßen. Ich... es ist nicht leicht sein Wesen von Grund auf zu ändern aber Luce.."
Er sah wieder zu mir und ich sah die Reue in seinen Augen.
„Bitte Lu, ich würde alles dafür tun, dass du mir verzeihst."
„Alles?", fragte ich und hob eine Augenbraue. Draco zögerte kurz, nickte dann aber.
„Entschuldige dich bei Hermine", forderte ich. „Zeig mir, dass hinter deinen Worten auch Taten stecken." Draco stockte. Ich wusste, dass er über seinen Schatten springen und seinen Stolz hinunter schlucken müsste um sich bei Hermine zu entschuldigen doch genau das wollte ich sehen, wollte sehen ob seine Worte nicht einfach nur das waren was ich von ihnen dachte. Leere Worte.
„Die Minute ist um."
Abwartend sah ich zu dem Blonden hin. Er kämpfte mit sich selber, das wusste ich.
„Also schön", sagte er nach einer Weile. „Ich mag dich wirklich, Lucy, und ich möchte das wieder gut machen. Ich werde mich bei ihr entschuldigen."

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt