Das Finale

114 8 3
                                    

Unter einer Flutwelle tosenden Lärmes betraten wir das Spielfeld. Drei Viertel der Zuschauer trugen scharlachrote Bandschleifen, schwangen scharlachrote Fahnen mit dem Gryffindor-Löwen oder hielten Spruchbänder in die Höhe. ‚SIEG FÜR GRYFFINDOR' und ‚LÖWEN FÜR DEN CUP' hieß es da. Hinter den Torstangen der Slytherins jedoch saßen mindestens zweihundert Zuschauer ganz in Grün; die silberne Schlange der Slytherins glitzerte auf ihren Fahnen, und Snape, ebenfalls grün gewandet, saß in der ersten Reihe und lächelte grimmig.
„Und hier kommen die Gryffindors!", rief Lee, der wie immer das Spiel kommentierte. „Potter, Potter, Bell, Johnson, Spinnet, Weasley, Weasley und Wood. Weithin anerkannt als das beste Team, das Hogwarts seit einigen Jahren hervorgebracht hat."
Lees Bemerkung ging in einer Welle von Buhrufen der Slytherins unter.
„Und hier ist das Team der Slytherins, geführt von Kapitän Flint. Er hat einige Änderungen in der Aufstellung vorgenommen und scheint jetzt weniger auf Können als auf Kraft zu setzen."
Wieder buhte die Kurve der Slytherins. Mir kam es jedoch so vor als hätte Lee durchaus recht mit seiner Aussage. Draco war eindeutig der Kleinste im Team der Slytherins, die anderen waren riesig.
„Begrüßt euch, Kapitäne!", sagte Madam Hooch.
Flint und Wood traten aufeinander zu und packten sich an den Händen, so fest, als wollten sie sich die Finger brechen.
„Besteigt eure Besen!", sagte Madam Hooch. „Drei ... zwei ... eins!"
Der gellende Pfiff ging im Raunen der Menge unter und die vierzehn Besen stiegen in die Luft. Nervös stand ich am Rande des Feldes und blickte hinauf zu meinem Team. Draco hatte sich an Harrys Fersen geheftet, welcher sich auf die Suche nach dem Schnatz machte.
„Und jetzt ist Gryffindor im Ballbesitz, Alicia Spinnet mit dem Quaffel, sie fliegt direkt auf die Torstangen der Slytherins zu, sieht gut aus, Alicia! Aaarh, nein – Quaffel abgefangen von Warrington, Warrington von den Slytherins rast jetzt in die Gegenrichtung – autsch! – George Weasley hat da schön mit dem Klatscher gearbeitet, Warrington lässt den Quaffel fallen, er wird gefangen von – Johnson, Gryffindor wieder in Ballbesitz, komm schon, Angelina – hübscher Schlenker um Montague – duck dich, Angelina, da kommt ein Klatscher! – Sie macht das Tor! Zehn zu null für Gryffindor!"
Angelina stieß mit der Faust in die Luft und flog über die Tribünen hinweg; das scharlachrote Meer in der Tiefe tobte vor Begeisterung als...
Marcus Flint stieß mit ihr zusammen und Angelina schleuderte es fast vom Besen.
Knurrend sah ich hinauf.
„'tschuldigung", sagte Flint, als die Menge zu buhen anfing. „Tut mir leid, hab sie nicht gesehen!"
Doch schon hatte ihn Fred mit seinem Schläger auf den Hinterkopf gehauen. Flints Nase knallte gegen den Besenstiel und fing an zu bluten.
„Das reicht jetzt!", sagte Madam Hooch und rauschte dazwischen. „Strafstoß für Gryffindor wegen einer willkürlichen Attacke auf ihre Jägerin! Strafstoß für Slytherin wegen mutwilliger Verletzung ihres Jägers!"
„Das ist doch Unsinn, Miss!", heulte Fred, doch Madam Hooch blies in ihre Pfeife und Alicia flog nach vorne, um den Strafstoß auszuführen.
„Alicia, du machst es!", schrie Lee in die Stille hinein, die sich über die Menge gesenkt hatte. „Ja! Sie hat den Torhüter geschlagen! Zwanzig zu null für Gryffindor!"
Jubelnd sah ich Flint, der immer noch heftig aus der Nase blutete, nach vorne fliegen, um den Strafstoß für Slytherin auszuführen. Wood schwebte mit zusammengebissenen Zähnen vor den Torstangen der Gryffindors. Er sah noch konzentrierter aus als üblich.
„Natürlich ist Wood ein exzellenter Torhüter!", verkündete Lee dem Publikum, während Flint auf Madam Hoochs Pfiff wartete. „Klasse! Sehr schwer den Ball vorbeizukriegen – wirklich ganz schwer – Jaaa! Ich kann's nicht glauben! Er hat ihn gehalten!"
Mein Blick glitt wieder zu Harry. Entscheidend war, dass er Draco vom Schnatz fernhielt, bis wir mit mehr als fünfzig Punkten führten.
„Gryffindor wieder im Ballbesitz, nein, Slytherin – nein! – wieder Gryffindor und diesmal mit Katie Bell, Katie Bell für Gryffindor mit dem Quaffel, sie rauscht das Spielfeld hoch – das war Absicht!"
Montague, ein Jäger der Slytherins, war Katie in die Quere geflogen, und statt den Quaffel zu schnappen, hatte er sie am Kopf gepackt. Katie drehte ein paar Saltos und schaffte es, auf dem Besen zu bleiben, ließ jedoch den Quaffel fallen. Mittlerweile war ich schon auf meinen Besen gestiegen um bereit zu sein sollte jemand von uns ausfallen. Wir alle wussten, dass Slytherin noch nie fair gespielt hatte - vor allem in den Spielen gegen Gryffindor- doch so ein Faulspiel hatte es bisher noch nicht gegeben.
Wieder ertönte Madam Hoochs Pfiff. Sie flog hinüber zu Montague und begann laut mit ihm zu schimpfen. Kurze Zeit später hatte Katie einen weiteren Strafstoß gegen den Hüter der Slytherins verwandelt.
„Dreißig zu null! Was sagt ihr jetzt, ihr dreckigen, falsch spielenden..."
„Jordan, wenn Sie das Spiel nicht unparteiisch kommentieren können, dann...", rief McGonagall dazwischen.
„Ich sag nur die Wahrheit, Professor!", verteidigte Lee sich. Im Stillen gab ich ihm recht.
Ich sah wie Harry mit zwei Klatschern zu kämpfen hatte. Bole und Derrick kamen zangengleich mit erhobenen Schlägern auf ihn zugerast und in letzter Sekunde riss er den Feuerblitz in die Höhe und Bole und Derrick krachten mit einem hässlichen Geräusch zusammen.
„Hahaaaa!", tobte Lee Jordan, während die beiden Treiber der Slytherins, die Hände an den Köpfen, voneinander wegschlingerten, „so ein Pech, Jungs! Da müsst ihr früher aufstehen, wenn ihr einen Feuerblitz schlagen wollt! Und wieder Gryffindor mit Johnson in Quaffelbesitz – Flint neben ihr – stich ihm ins Auge, Angelina! – war nur 'n Scherz, Professor, war nur 'n Scherz – o nein – Flint ist jetzt dran, Flint rast auf die Torstangen der Gryffindors zu – komm schon, Wood, halt!"
Doch Flint hatte getroffen; in der Slytherin-Kurve brach Jubel aus und Lee begann so übel zu fluchen, dass Professor McGonagall Anstalten machte, ihm das magische Megafon zu entreißen.
„Tut mir leid, Professor, Entschuldigung! Wird nicht wieder vorkommen! Also, Gryffindor in Führung, dreißig zu zehn, und Gryffindor in Ballbesitz."
Das wurde allmählich die schmutzigste Partie, die ich je erlebt hatte. Wütend, weil wir so früh in Führung gegangen waren, war den Slytherins rasch jedes Mittel recht, um sich den Quaffel zu sichern. Bole versetzte Alicia einen Hieb mit dem Schläger und versuchte sich damit rauszureden, er habe geglaubt, sie wäre ein Klatscher. George stieß Bole zur Vergeltung mit dem Ellbogen ins Gesicht. Madam Hooch sprach beiden Teams Strafstöße zu und Wood schaffte noch einmal eine Glanzparade – schließlich stand es vierzig zu zehn für Gryffindor.
Malfoy hielt sich weiterhin an Harry, der flog über den andern dahin und hielt Ausschau nach dem kleinen Ball – denn sobald Gryffindor fünfzig Punkte vorne lag...
Jetzt hatte Katie getroffen. Fünfzig zu zehn. Fred und George surrten mit erhobenen Schlägern um sie herum, damit kein Slytherin auf den Gedanken kam, sich zu rächen. Bole und Derrick nutzten das aus, um beide Klatscher gegen Wood zu schmettern; sie trafen ihn kurz nacheinander in die Magengegend, und Wood kippte zur Seite weg und konnte sich gerade noch an seinen Besen klammern.
Madam Hooch war außer sich.
„Ihr sollt den Torhüter nicht angreifen, außer wenn der Quaffel im Torraum ist!", schrie sie Bole und Derrick an. „Strafstoß für Gryffindor!"
Und Angelina verwandelte. Sechzig zu zehn. Sekunden später schmetterte Fred einen Klatscher gegen Warrington und schlug ihm den Quaffel aus den Händen; Alicia packte ihn und trieb ihn ins Tor der Slytherins – siebzig zu zehn.
Die Gryffindor-Fans auf den Rängen schrien sich heiser – Gryffindor lag mit sechzig Punkten vorne, und wenn Harry den Schnatz jetzt fing, hatten wir den Pokal gewonnen. Völlig gefesselt sah ich hinauf, vergaß kurzzeitig sogar zu Atem.
Harry schoss los, er streckte die Hand aus, doch...
Entsetzt sah ich zu der Szene die sich mir bot. Malfoy hatte sich nach vorne geworfen, den Schweif des Feuerblitzes gepackt und zerrte ihn zurück.
„Strafstoß! Strafstoß für Gryffindor! Ein so übles Foulspiel hab ich noch nie erlebt!", kreischte Madam Hooch und schoss in die Höhe, während sich Malfoy auf seinen Nimbus Zweitausendeins zurückgleiten ließ.
„Du betrügerisches Schwein!", heulte Lee ins Megafon und huschte vorsorglich außer Reichweite von Professor McGonagall, „du dreckiges, fieses....!"
Doch Professor McGonagall scherte sich nicht darum, Lee einen Rüffel zu erteilen. Wütend schüttelte sie die Fäuste in Richtung Malfoy, der Hut fiel ihr vom Kopf und sie schrie vor Zorn.
Alicia übernahm den Strafstoß, doch sie war so zornig, dass sie ein paar Meter danebenschoss. Die Gryffindors wurden zunehmend nervös und die Slytherins, entzückt über Malfoys Foul an Harry, schwangen sich zu Glanzleistungen auf.
Als zwei Klatscher Angelina von Besen rissen schoss ich hinauf. Mein ganzer Körper war voller Adrenalin und meine Wut über dieses absolut unfaire Spiel trieb mich an.
„Slytherin im Spiel, Slytherin auf dem Weg zum Tor – Montague trifft", Lee stöhnte auf. „Siebzig zu zwanzig für Gryffindor ..."
Ich flog zu Wood der mir den Quaffel zu warf.
„Lucy Potter holt den Quaffel für Gryffindor, mach schon, Lucy, mach schon!", schrie Lee ins Mikrofon.
Auf meinem Feuerblitz schoss ich nach vorne.
Alle Slytherin-Spieler außer Malfoy flogen auf mich zu, selbst der Torhüter. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Harry den Feuerblitz herum riss, sich so tief bückte, dass er flach auf dem Besenstiel lag, und los flog. Wie eine Kugel schoss er auf die Slytherins zu.
Ich flog einen Schwenker, damit er mich nicht treffen würde. Die Slytherins stoben auseinander, als sie den Feuerblitz auf sich zurasen sahen; ich hatte freie Bahn und warf.
„Sie trifft! Toor! Toor! Gryffindor führt jetzt achtzig zu zwanzig!"
Harry, der fast kopfüber in die Ränge getrudelt wäre, bremste mitten in der Luft ab, machte kehrt und schoss zurück in die Mitte des Feldes.
Ich flog ebenfalls zurück in die Mitte des Feldes, nahm neben George Stellung und wartete auf die Slytherins als Harry seinen Besen plötzlich in die Tiefe riss. Doch nun selbst mitten im Spielgeschehen konnte ich mich nicht auf ihn konzentrieren. Ich sah Flint, mit den Quaffel in der Hand, gradewegs auf mich zu fliegen. Ich nickte George zu, flog ein Stück tiefer während er höher flog, einen Klatscher abpasste und ihn auf Flint lenkte der den Quaffel fallen ließ um dem Klatscher auszuweichen. Geschickt fing ich ihn auf doch zu meinem Torversuch sollte es nicht mehr kommen als Madam Hooch mit einen Pfiff das Spiel beendete. Ich sah hinab zu Harry der den Besen aus dem Sturzflug riss, die Hand mit dem Schnatz in der Luft. Das Stadion explodierte.
Wir rasten alle zu Harry hinab während Alicia und Katie voller Freude brüllten: „Wir haben den Pokal! Wir haben den Pokal!"
Ich sah wie Wood mit Tränen in den Augen sich gegen Harry lehnte. George flog an meine Seite, griff nach meiner Hand. Die vielen Arme zu einem einzigen Knäuel verschlungen, sanken wir unter heiseren Schreien zurück zur Erde.
Welle um Welle scharlachroter Anhänger ergoss sich über die Absperrungen aufs Feld. Hände regneten auf unsere Rücken herunter. Ich nahm verschwommen wahr, wie der Lärm anschwoll und die Körper auf uns eindrangen. Dann waren wir auf den Schultern der Menge. Ich erkannte Hagrid, bepflastert mit scharlachroten Bandschleifen.
„Ihr habt sie geschlagen, ihr habt sie geschlagen! Wartet nur, bis ich es Seidenschnabel erzählt hab!" Percy sprang wie verrückt in die Luft und hatte jede würdevolle Zurückhaltung abgelegt. Professor McGonagall schluchzte noch herzergreifender als Wood und wischte sich mit einer betttuchgroßen Gryffindor-Fahne die Augen. Ron und Hermine kämpften sich zu uns durch. Sie brachten kein Wort heraus. Sie strahlten nur, während wir zu den Rängen getragen wurde, wo Dumbledore mit dem mächtigen Quidditch-Pokal auf uns wartete....

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt