Motiv

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Das Abendessen an war wirklich herrlich. Saßen Harry und ich die letzten Wochen immer alleine im Raum so waren wir heute mehr als genug Leute. Tom hatte uns im Salon drei Tische zusammen geschoben und so futterten nicht nur Harry und ich uns durch fünf Gänge köstlichen Essens sondern auch sieben Weasleys und Hermine. War es sonst recht still im Salon zu dieser späten Stunde so hätte man nun meinen können eine Party hätte statt gefunden schließlich war bei einem so großen Essen auch das übliche Weasley Chaos vorprogrammiert.
„Wie kommen wir morgen eigentlich nach King's Cross, Dad?", fragte Fred als er, George und ich uns grade über eine riesige Schüssel mit Schokoladenpudding her machten.
„Das Ministerium stellt ein paar Autos zur Verfügung", antwortete Arthur. Verwundert sah ich auf. Auch die anderen hoben verwirrt die Köpfe und sahen ihn an.
„Warum?", fragte Percy neugierig.
„Nun, weil wir kein Auto mehr haben", sagte Arthur und griff nach einer Tasse Tee. „Und weil ich dort arbeite, tun sie mir einen Gefallen."
Er sprach in lässigem Ton, doch mir entging nicht, dass seine Ohren rot angelaufen waren.
„Das ist auch ganz gut so", sagte Molly gut gelaunt. „Ist euch klar, wie viel Gepäck ihr alle zusammen mitschleppt? Da hätten die Muggel in ihrer U-Bahn was zu gucken ... Ihr habt doch alle schon gepackt, oder?"
„Ron hat noch nicht alle seine neuen Sachen im Koffer", sagte Percy mit leidgetränkter Stimme. „Er hat sie auf meinem Bett abgelegt."
„Dann gehst du jetzt besser und packst ordentlich, Ron, denn morgen früh haben wir nicht viel Zeit." Mit diesen Worten hob Molly die Runde auf. Ron starrte Percy missmutig an.
Nach dem Abendessen fühlten wir uns alle proppenvoll und schläfrig. Einer nach dem andern ging nach oben in sein Zimmer, um die Abreise am nächsten Tag vorzubereiten. Ron und Percy hatten das Zimmer neben Harry. Da ich meinen Koffer schon gepackt hatte blieb ich bei ihm um ihm bei seinem zu helfen. Er hatte seinen Koffer gerade zugemacht und abgeschlossen, als zorniges Stimmengewirr durch die Wand drang. Verwirrt gingen wir hinaus, um nachzusehen, was los war.
Die Tür zu Nummer zwölf stand offen und ich hörte Percy laut rufen.
„Es war hier, auf dem Nachttisch, ich hab es zum Polieren abgenommen!"
„Ich hab's nicht angerührt, klar?", brüllte Ron zurück. Ich hob eine Augenbraue und linste in das Zimmer hinein.
„Was ist los?", fragte Harry.
„Mein Schulsprecher-Abzeichen ist verschwunden", sagte Percy und wandte sich Harry zu.
„Und Krätzes Rattentonikum auch", sagte Ron und warf seine Sachen aus dem Koffer, um nachzusehen. „Vielleicht hab ich's unten vergessen."
„Du gehst nirgendwohin, bis du mein Abzeichen gefunden hast", polterte Percy.
„Wir können es holen gehen", schlug ich vor. „Wir haben schon gepackt."
Ron nickte mit einem missmutigen Blick auf Percy und so machten Harry und ich uns auf den Weg zurück zum Salon. Wir waren grade in der Mitte des Durchgangs zur Bar, die jetzt stockdunkel war, als ich vom Salon her ein weiteres Paar zorniger Stimmen hörte. Gleich darauf erkannte ich sie als die von Arthur und Molly. Wir wollten schon weitergehen, denn wir wollten nicht, dass die Weasleys mitbekamen, dass wir ihren Streit gehört hatte, als unsere Namen fiel. Wir hielten inne und näherten uns langsam der Tür zum Salon.
„Es hat keinen Zweck, es ihnen zu verschweigen!"x rief Arthur mit erhitzter Stimme. „Harry und Lucy haben ein Recht, es zu erfahren. Ich hab versucht mit Fudge zu reden, aber er muss sie ja unbedingt wie ein kleine Kinder behandeln. Sie sind immerhin dreizehn!"
„Arthur, die Wahrheit würde ihnen fürchterliche Angst einjagen!", erwiderte Molly schrill und für einen Moment sah ich sie vor mir, die Hände in die Hüften gestemmt und mit Zornesröte im Gesicht. „Willst du die beiden etwa mit dieser schweren Last in die Schule schicken? Um Himmels willen, sie können von Glück reden, dass sie nichts wissen!"
„Ich will nicht, dass es ihnen schlecht geht, ich will nur, dass sie auf sich aufpassen!", gab Arthur zurück. „Du weißt doch, wie Harry und Ron sind, sie streunen zusammen in der Gegend rum, sie sind sogar im Verbotenen Wald gelandet! Und auch Lucy streift dauernd mit Fred und George durch die Gegend! Aber das kommt dieses Jahr für die beiden nicht in Frage! Wenn ich überlege, was Harry hätte passieren können in dieser Nacht, als er von zu Hause weggelaufen ist! Wenn der Fahrende Ritter ihn nicht aufgelesen hätte, wär er tot gewesen, bevor das Ministerium ihn gefunden hätte, da wette ich mit dir!"
Ich hörte wie Harry neben mir schluckte.
„Aber er ist nicht tot, es geht ihm gut, also was soll..."
„Molly, es heißt, Sirius Black sei verrückt, und vielleicht ist er es auch, aber er war gerissen genug, um aus Askaban zu entkommen, und das ist angeblich unmöglich! Das ist jetzt einen Monat her, und wir haben nicht die leiseste Ahnung, wo er steckt, und egal was Fudge ständig dem Tagespropheten erzählt, eher erfinden sie den selbstzaubernden Zauberstab, als dass wir ihn fangen. Wir wissen nur, wem Black auf den Fersen ist!"
Sirius? Was hatte das alles jetzt auf einmal mit Sirius Black zu tun?
„Aber die beiden sind in Hogwarts völlig sicher!"
„Wir glaubten ja auch, Askaban wäre vollkommen sicher. Wenn Black aus Askaban ausbrechen konnte, kann er auch in Hogwarts einbrechen!"
„Aber keiner weiß wirklich genau, ob Black hinter Harry und Lucy her ist!"
Hinter... uns...? Ich warf einen schnellen Blick zu Harry doch auch er schien völlig überrascht von dieser Nachricht zu sein.
„Molly, wie oft soll ich es dir noch sagen? Sie haben es nicht in der Zeitung gebracht, weil Fudge es geheim halten wollte, aber Fudge ging noch in der Nacht, als Black verschwand, nach Askaban. Die Wachen haben ihm berichtet, dass Black schon eine ganze Zeit im Schlaf geredet habe. Immer dieselben Worte... ›In Hogwarts – in Hogwarts.‹ Black ist geistesgestört, Molly, und er will Harry und Lucy umbringen. Wenn du mich fragst, glaubt er, dass er mit dem Mord an den beiden Du-weißt-schon-wen an die Macht zurückbringt. Black hat alles verloren in der Nacht, als sie die Macht von Du-weißt-schon-wem gebrochen haben, und er hat zwölf Jahre allein in Askaban hinter sich, in denen er darüber brüten konnte..."
Schweigen trat ein. Harry und ich pressten die Ohren an die Tür, um ja kein Wort zu verpassen.
„Nun, Arthur, du musst tun, was du für richtig hältst. Aber du vergisst Albus Dumbledore. Ich bin sicher, dass Lucy und Harry in Hogwarts nichts passieren kann, solange Dumbledore dort Schulleiter ist. Ich nehme an, er weiß alles über diese Geschichte?"
„Natürlich weiß er Bescheid. Wir mussten ihn fragen, ob er etwas dagegen hat, wenn sich die Wachen von Askaban an den Eingängen zum Schulgelände aufstellen. Er war nicht besonders erfreut darüber, aber er war einverstanden."
„Warum eigentlich?", fragte Molly überrascht.
„Dumbledore hält nicht besonders viel von den Wachen in Askaban", antwortete Arthur mit schwerer Stimme. „Und wenn du mich fragst... ich auch nicht... Aber wenn du mit einem Zauberer wie Black zu tun hast, musst du manchmal deine Kräfte mit denen von Leuten vereinen, die du sonst meidest."
„Wenn sie Harry und Lucy beschützen..."
„... dann werd ich nie wieder ein Wort gegen sie sagen", sagte Arthur mit müder Stimme. „Es ist spät, Molly, wir gehen besser nach oben..."
Wir hörten Stühle rücken. So leise wir konnte, huschten wir durch den Gang in die Bar und verschwanden in der Dunkelheit. Die Salontür ging auf und ein paar Sekunden später hörte wir Arthur und Molly die Treppe emporgehen.
Die Flasche mit dem Rattentonikum lag unter dem Tisch, an dem sie gesessen hatten. Harry wartete, bis er die Zimmertür der Weasleys zugehen hörte, dann schnappte er sich die Flasche und zusammen machten wir uns mit der Flasche auf den Weg nach oben.
Fred und George kauerten im dunklen Flur und krümmten sich vor Lachen, während sie Percy lauschten, der drinnen das Zimmer auf der Suche nach dem Abzeichen auseinandernahm.
„Wir haben es", flüsterte Fred Harry zu. „Wir haben es ein wenig überarbeitet."
„Großsprecher", hieß es jetzt auf der Plakette.
George sah mich prüfend an und wirkte stiller als sein Bruder. Er spürte, dass etwas vorgefallen war.
Ich wünschte Harry eine gute Nacht, zog die Zwillinge mit mir und verschwand mit ihnen in meinem Zimmer. Sirius Black war also hinter uns her... Das erklärte einiges. Fudge war so großzügig mit Harry gewesen, weil er so erleichtert war, dass er überhaupt noch lebte. Harry hatte ihm versprechen müssen, in der Winkelgasse zu bleiben, wo es genug Zauberer gab, die ihn im Auge behalten konnten und mich ebenso. Und er schickte zwei Dienstwagen seines Ministeriums, um uns morgen alle zum Bahnhof zu bringen, so dass die Weasleys nach uns sehen konnten, bis wir im Zug fahren...
In Kurzfassung erzählte ich den Zwillingen was passiert war und was wir gehört hatten. Eine Zeit lang wussten nicht mal die Zwillinge wie sie darauf reagieren sollten und so herrschte eine unangenehme Stille im Raum.
„Wir lassen nicht zu, dass er dich tötet", sagte George irgendwann grimmig, trat zu mir und schlang seine Arme beschützend um mich.
„Definitiv nicht!", sagte auch Fred ernst. Müde blickte ich in die Gesichter meiner besten Freunde. Ich hatte einiges zum nachdenken bekommen. Ich konnte mir nicht erklären warum Sirius uns umbringen wollen würde. Ich rief mir die kalten leeren Augen ins Gedächtnis die ich schon so unzählige Male gesehen hatte, seine kratzige Stimme die voller Panik nach Hilfe rief. Nein, ich konnte nicht einfach so glauben, dass Sirius uns umbringen wollte. Das alles machte einfach überhaupt keinen Sinn. Und da war auch nicht dieses Gefühl der drohenden Gefahr die ich letztes und vorletztes Jahr gespürt hatte.
In dieser Nacht schliefen die Zwillinge bei mir. George und ich hatten uns zusammen in das kleine Bett gekuschelt während Fred auf einer kleinen Couch schlief. Mit den Zwillingen an meiner Seite fühlte ich mich unglaublich geborgen, so dass ich schnell in einen tiefen Schlaf fiel...

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt