7 | Warum bin ich hier?

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Warum ist es in Arthurs Flur eigentlich so dunkel? Oder ist es einfach überall dunkel, wo er nicht ist?
Wie geht es dann anderen Menschen?

Je mehr ich darüber nachdenke, umso klarer wird mir, dass ich mich nicht ansatzweise an andere Menschen erinnern kann.
Der einzige Mensch, den ich sofort bildlich vor Augen habe, ist Arthur Moore.
Im Prinzip reicht mir das auch, denn Arthur ist für mich eindeutig der schönste Mensch, den es gibt, aber dennoch zerbreche ich mir den Kopf darüber, warum ich nichts von anderen Menschen weiß.

Oder von meiner eigenen Telefonnummer.
Oder davon, dass ich ein Telefon in meiner Tasche habe.

Ich ziehe das besagte Gerät wieder hervor und wie vorhin leuchtet das Display auf, als ich daraufblicke.
Ich öffne die Kontake und sehe, dass ich keine habe. Unter den Anruflisten finde ich genau einen Eintrag und da dieser Anruf vor etwa fünf Minuten stattfand, weiß ich, dass es Arthurs Nummer ist.

Habe ich irgendwas vergessen? Warum kenne ich niemanden außer Arthur?

Verzweifelt öffne ich mein E-Mail-Postfach, in der Hoffnung, darin irgendeinen Hinweis zu finden, doch das Einzige, was ich sehe, ist eine Nachricht in meinem Spam-Ordner von einem Absender mit dem Namen Shooting Star.

Du bist jemandes wahrgewordener Traum

steht dort als Betreff und aus irgendeinem Grund löst dieser Satz etwas in mir aus.

Ich bin jemandes wahrgewordener Traum.
Der einzige Jemand, den ich kenne, ist Arthur.

Und Arthur hatte gestern Geburtstag und sich etwas gewünscht. Er hat mir zwar nicht verraten, was er sich gewünscht hat, aber was, wenn ich die Erfüllung seines Wunsches bin?

Ohne lange zu überlegen, drücke ich erneut auf den Klingelknopf und trippele aufgeregt mit dem Fuß. Ich bin nicht nervös, eher ungeduldig, denn nun habe ich eine Antwort auf die Frage, warum ich hier bin.

Arthurs eilige Schritte sind hinter der Tür zu hören und dann stehe ich wieder im Licht.

Inzwischen sind seine Haare gestylt und er scheint etwas Parfum aufgelegt zu haben. Außerdem trägt er einen hellgrauen Anzug und dazu ein weißes Hemd.

Fasziniert starre ich ihn an, während er mich ebenfalls verwundert mustert, sein Handy noch an seinem Ohr.

„Felix?", macht er.

„Arthur", begrüße ich ihn zum wiederholten Mal. „Ich weiß es jetzt!"

„Was weißt du?"

„Warum ich hier bin."

Er lacht wieder dieses unbeholfene Lachen und sagt: „Ich hab zwar überhaupt keine Zeit, aber schieß los."

„Wegen dir."

„Hast du das nicht gestern schon gesagt?"

„Nein", lache ich. „Also... doch, aber ich meine es so. Wegen dir. Wegen deinem Wunsch."

„Was für ein Wunsch?"

„Die Sternschnuppe."

„Ich habe dir doch gar nicht gesagt, was ich mir gewünscht habe."

„Das brauchtest du auch gar nicht, denn jetzt bin ich ja hier", strahle ich ihn an.

„Brad", sagt er in den Hörer, ohne seinen Blick von mir zu nehmen. „Wir sehen uns im Büro."

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