Kapitel 28

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Tut mir Leid für das lange Warten....


„Wer spricht da?", wollte ich wissen und schaute überall hin.

„Wir sind die heiligen Hexen, Wächter der Zeit und Hüter der bewundernswerten Seelen.", sagten die Stimmen gemeinsam. Gleichzeitig fielen zahlreiche Sterne vom dunklen Himmel. Ihr Leuchten wurde heller bis plötzlich vor meinen Augen mehr als fünfzehn weiß bekleidete Hexen standen. Sie trugen alle eine goldene Maske, die ihr Gesicht versteckte. Sie strahlten eine angenehme Wärme, die irgendwie meine Ängste und Sorgen unterdruckte. Sorglosigkeit und Hoffnung waren die ersten Gefühle, die ich seit meinem Erwachen fühlte. Das waren also die heiligen Hexen. Ich habe sie mir einwenig anders vorgestellt.

„Sprich deine Gedanken aus junge Hexagonistin.", forderte einer von ihnen mit einer einladenden Handgeste.

„Wo bin ich? Und wie habt ihr gewusst, dass ich hierher kommen werde? Warum kann ich mich nicht genau erinnern und wie bin ich überhaupt gestorben?", schnaufte ich am Ende meiner langen Fragenliste.

„Alles ist gut Liebes.", sagte jemand der ganz hinten rechts stand. „Du hast einen langen Weg hinter dich und es erwartet dich noch ein kleiner Weg vor dir.", sprach nun ein anderer ganz links.

Ich betrachte die heiligen Hexen verwirrt und zugleich ungeduldig. Warum sprachen sie in gebrochenen Sätzen und wechselten sich jedes Mal ab?

„Fangen wir an mit deiner letzten Frage.", ich nickte abwartend zu der Menge, die wieder gemeinsam sprach. „Du wurdest von einem sehr alten und manipulierbaren Zauber vergiftet. Die zwei Hexen, die es dir angetan haben, werden wir nie verzeihen können. Sie haben zu viele Verbrechen begonnen für einen Grund, der nur zu bemängeln ist. Diese zwei Hexen werden von Lust, Gier und Egoismus getrieben. Eine Hexe herrscht nicht über andere. Sie lebt mit ihrer Magie in Harmonie und nutzt sie, um anderen zu Helfen oder die Wahrheit ans Licht zu bringen. Leider haben viele Hexen unsere alte Lebensweise vergessen."

„Was hat dieser Zauber genau mir angetan?"

„Nun junge Hexe, dir muss klar sein, dass wenn eine Hexe stirbt geht ihre Seele direkt zu den Strömen des Lebens, die zum Himmel führen. Dort kann ihre Seele in Frieden ruhen. Die Seele vergisst nie wer sie war. Ihre Identität bleibt für die Ewigkeit mit ihr."

„Wie ihre Erinnerungen...", murmelte ich vor mich hin. „Also hat der Zauber meine Identität gestohlen?", fragte ich mit zittriger Stimme.

„Nein, mehr als das. Dieser Zauber zerstört nicht nur den Körper, sondern auch die Seele. Ein Körper kann zerstört werden indem man ihn verbrennt. Allerdings um die Seele zu zerstören muss man erst den Kontakt zum Körper trennen, dann die Erinnerungen zerstören und schließlich die Magie entziehen."

„Schmerzhaft.", sagte ich nur und erinnerte mich an den lauten Schrei, den ich gehört habe. Es war mein Schrei!

„Schätze dich jedoch glücklich junge Hexe.", ertönte eine Frauenstimme von der Mitte. „Der Zauber wurde in der Mitte gebrochen. Deine Seele ist nicht zerstört. Deine Magie hast du nie verloren. Deswegen bist du auch ein Geist."

„Aber wie ist es möglich?", erweiterten sich meine Augen verblüfftet. Der Chor stellte sich aufrecht. „Weil die Perlenkette um dein Hals bzw. die aufbewahrte Gegenstände haben dich Beschützt. Bevor deine Magie von dir entzogen werden konnte, verband die Feder der Wahrheit dich mit uns, während der Armband und das Amulett ihre ganze Magie für das erhalten deiner Seele aufgaben. In anderen Worten ihre Magie hat sich mit deiner fusioniert und den tödlichen Zauber gebrochen."

„Was mit meinen Erinnerungen? Warum kommen manche Sachen langsam zurück und andere nicht?"

„Weil ein Teil deiner Erinnerungen mit deiner Magie verknüpft sind. Der andere Teil, der große Teil ist für immer verschollen."

„Heißt es ich werde die Ewigkeit als Geist auf Erden verbringen ohne zu wissen wer ich wirklich bin?"

„Das ist was passiert als der Zauber gebrochen wurde."

„Das ist furchtbar!", regte ich mich auf. Die Wut kochte in mir und ließ mein Kleid hin und her schwingen. „So ein Leben ist einsam! Vorallem diese ganze unbeantworteten Fragen, die in meinem Verstand auftauchen und eine Antwort verlangen! Wenn ich schon tot bin, dann will ich auch glücklich sterben und diese Erde verlassen und mich zu den anderen gesellen! Aber nicht so! Ein Tod durch Folter ist schon besser als das!", deutete ich auf meine durchsichtige Form. „Nicht so!", wiederholte ich schnaufend und schaute überall hin. Die heiligen Hexen betrachteten mich durch ihre Maske. Es irritierte mich, dass ich ihre Gesichter nicht sehen konnte. Fanden sie diese Situation amüsant? Hatten sie Mitleid? „Warum bin ich hier eigentlich? Soll es etwa meine Therapiestunde über meinen Zustand sein?"

„Nein, wir bitten dir zwei Möglichkeiten an.", schüttelten sie synchronisch ihren Kopf. „Erste Möglichkeit, wir werden deinen Geist begnadigen und damit wirst du in Frieden ruhen können ohne ziellos durch die Gegend zu schweben."

„Und die Zweite wäre?"

„Wir geben dir deine Erinnerungen und dein Körper zurück."

„Wo ist der Hacken? Warum würdet ihr so etwas tun?"

„Ich habe euch gesagt, dass sie nur ihre Erinnerungen verloren hat. Nicht ihren Verstand!", erklangen zwei Frauen. Wie toll! Sie dachten ich wäre dumm.

„Nun", krächzten sie alle zusammen, „Du bist die einzige, die diese zwei Hexen aufhalten kann. Du musst uns versprechen, dass du sie für ein und alle Male besiegst und verhinderst, dass sie den Thron erlangen."

„Welchen Thron?"

„Das erfährst du nur, wenn du zustimmst. Jedoch können wir dir eins sagen. Sollten sie den Thron erlangen ist es unser Ende. Von allen!", fügten sie schnell hinzu.

Ich schüttelte kurz meinen Kopf. „Da gibt es nicht viel nachzudenken! Ich will mein Leben wieder haben!" Dafür sprachen einfach zu viele Gründe. Ich wollte wieder mein Leib haben, den Menschen den ich nah bin wieder umarmen, die Einsamkeit in mir ersticken und mich rechen! Was fällt diesen Hexen ein mir das anzutun? Sie werden es bereuen. Oh ja, ich hatte schon zahlreiche, kleine Ideen, die mir Spaß bereiten werden. Wartet es nur ab, wenn ich meine Erinnerungen und mein Körper wieder habe.

„Bist du dir sicher?", holten mich die heiligen Hexen aus meinen finsteren Gedanken heraus.

„Ja.", sagte ich selbstbewusst und schaute direkt in ihre Augen.

„Wenn das dein Wusch ist, dann soll es so sein.", sprachen sie wieder eins nach dem anderen, „bevor wir dir jedoch deine Erinnerungen und Körper zurück geben, müssen wir dich über den Thron aufklären."

„Ich höre."

„Wir werden dir nicht die Geschichte erzählen, sondern du wirst sie mit deinen eigenen Augen erleben.", sprachen sie wieder im Chor.

Bevor ich meine Verwirrung aussprechen konnte wurde ich wieder einmal von einem Loch verschluckt. Das Loch spuckte mich in einem Wald aus. „Wo bin ich jetzt gelandet?"

„Willkommen in die Vergangenheit junge Hexagonistin."

Die Hexagonistin 3 - Im Rande des LichtesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt