Kapitel 25

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Meine Füße befanden sich im salzigen Wasser. Obwohl es dunkel war, empfand ich das Meereswasser angenehm. Der weiche, helle Sand fühlte sich sanft unter meinen Füßen. Meine Schuhe, mein Mantel und meine Handschuhe lagen irgendwo hinter mir auf dem trockenen Sand. Das Wetter war überraschend mild. Die warme Briese spielte mit meinen Haaren. Ich atmete die frische Luft ein. Mit jedem Atemzug überfühlte mich die Melancholie. Dieser Ort hier war verwurzelt mit meiner Vergangenheit. Alles was ich hier sah erinnerte mich an die Menschen und Sachen, die ich verloren habe. Die guten Erinnerungen waren verschwommen. Ich vergas die Gesichter, die Namen, deren Stimmen aber nie ihre Vorliebe und ihre Leidenschaft bezüglich dieser Insel. Meine Heimat in der ich meine ganze Kindheit verbracht habe. Obwohl ich hier niemanden mehr habe und hier nichts anderes als Ruinen verblieben sind, kehrte ich immer wieder hierher zurück. Dieser Ort war verankert in meinem Herz und in meiner Seele. Es war der einzige Ort in dem ich mich verborgen und in sicher fühlte. Kein Ort auf dieser Welt erlaubte eine Hexe ihre wahre Natur auszuleben wie hier auf der Insel von Dria. Ich blickte zum Horizont wo Meer und Himmel sich umarmten. Man konnte langsam orangene Streifen in der Ferne erkennen, die sich mit dem Nachthimmel vermischten. Oben funkelten die Sterne in ihrer glanzvollen Pracht, während langsam die Sonne die Welt begrüßte. Mit jedem Sonnenstrahl sah ich die zahlreiche Ereignisse vor meinen Augen. In Kamillas Keller habe ich die zauberhafte Feder gekauft; das Gespräch mit Seath über mein langweiliges Leben und meine Sorgen; Der Angriff auf unserem Haus; Die Flucht auf diese Insel wo ich Zeos, Kalem und Seath heilen musste; Meine Aktion mit Mam herauszufinden ob der weiße Kreis korrumpiert war; Seaths Reise nach Europa; Mamutzu und ich finden heraus, dass Hexen zahlreiche Minister vom weißem Kreis umgebracht haben und ihre Identität gestohlen haben; Unsere kleine Verfolgungsmission, um mehr über Felix Branden herauszufinden; Emanuelas magische Spinnetze, die jeden kontrollieren und hypnotisieren könnten; Meine Infiltrationsaktion als Laura Bex , um mehr über die Hellwood Schwestern zu erfahren und alles was damit verbunden war: Das stehlen von tödlichen Artefakte, das geheime Zauberbuch wo ich eine andere Hexagonistin getroffen habe, der Kampf gegen Valerio, das Kontrollzentrum, Vanessas und Emanuelas Plan die Schattenwandler und Vampire zu vernichten, die Kontrolle über die Hexenschüler; Unsere Aktion die Schattenwandler und Vampire im Plais de la Paix zu retten und die Hexenschüler zu befreien; Vanessa und Emanuela haben den Friedensvertrag geändert; Urbos und Seaths beleidigende Worte. Ich blinzelte mehrfach, da die Sonne nun mich blendete. Ich blinzelte einpaar Mal um mich an das starke Licht zu gewöhnen. Die Realität brachte mich zum Boden. Seath hatte Recht. Ich war naiv und unerfahren. Ich hätte besser nachforschen sollen und nicht überheblich handeln. Hätte ich mich genauer mit der Geschichte des weißen Kreises und des Hexenrates beschäftigt, würde ich wahrscheinlich ihren wahren Plan sehen. Was war eigentlich der Thron von Tabor? Warum musste man es beschützen? Seath wusste von diesem Thron und den Hellwood Schwestern und hat mir nie davon gesagt! Kein einziges Wort und ich habe mein Leben auf dem Spiel gesetzt! Was hätte ich aber machen sollen? Ich habe so gehandelt, weil es keinen anderen Weg gab. Wir standen unter Zeitdruck und ich musste so schnell wie möglich ein Gesamtbild von der Situation erstellen. Und außerdem selbst wenn er von ihrem Plan wusste und Gegenmaßnahmen getroffen hat, dachte er wirklich er wäre in der Lage gegen zweihundert Hexen kämpfen zu können ohne Verletzte und Opfer? Um alle heiligen Hexen, sie hatten tödliche Artefakte und Arsenal von verbotenen Zaubersprüchen! Nur der Bogen, den sie gezwungen war zu stehlen, konnte einen Vampir oder ein Schattenwandler das Leben nehmen. Selbst die Vampirgeschwindigkeit oder der harte Muskelpanzer der Schattenwandler würde nicht den Pfeil aufhalten können! Also trugen alle die Schuld oder auch nicht. Vanessa konnte in die Zukunft sehen und alles voraussehen, selbst vielleicht diese kleine Aktion. Der Sand verdeckte bereits meine Füße. Seufzend lief ich zu meinen Sachen. Ich hob sie auf und ging langsam zu meinem alten Haus, bzw. von dem was übrig blieb. Reste von Mauern und Wände lagen zertrümmert auf dem Boden. Die Natur hat sich in den Ruinen eingelebt. Vögel hatten ihr Nest in kleine Mauerlöcher gebaut während Pflanzen mit ihren grünen Blättern und bunten Blumen die wackligen Steinmauern befestigten. Ich setzte mich auf dem Marmorboden, der eins ein Teil unserer Terrasse war. Von dort aus hatte man einen Blick auf dem Meer. Meine Gedanken wanderten wieder zu den Hellwood Schwestern. Was war ihr Plan? Wo waren sie? Wo war der Thron von Tabor? Was war so besonders an ihm? Warum haben sie darauf bestanden, dass die Vampire und Schattenwandler mit ihrem Blut den Vertrag unterschreiben? Warum für eine Kurze Zeit konnte sie nur die Auren von Vanessa und Emanuela erkennen und nicht von den anderen? Die Müdigkeit in meinen Muskeln und die starke Kopfschmerzen zwangen mich meine Augen zu schließen. Wenn ich kurz meine Augen schließe, um meine Kräfte aufzutanken, wird es wohl in Ordnung sein. Immerhin hat man mir befohlen mich raus zu halten, nichts zu tun und warten bis alles vorbei sein wird.

***

Ich konnte dieses Gefühl nicht erklären. Ich hatte das Gefühl beobachtet zu werden. Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Die Sonne stand hoch im blauen Himmel. Mein Blick glitt über die Ruinen auf der Suche nach den Augen, die mich fixierten. Jedoch entdeckte ich niemanden. In meinem noch verschlafenen Zustand nutzte ich meine zweite Sicht. Eine fatale Entscheidung. Ich wurde von einer dunkel, blauen Aura umzingelt. Ich konnte nicht einmal die beruhigende grüne Leere durch die flammende Aura sehen. Die Aura strahlte eine gewisse Kälte, Zorn und Frust aus, die mich zittern ließ. Die Aura verkleinerte immer mehr ihren Umfang und schlang sich um meine Beine, Arme und Bauch. Der Kontakt brannte auf meine Haut und paralysierte meine Glieder. Die Aura brannte ihren Weg durch meinen Körper. Schmerzhaft schloss ich meine Augen zu, die langsam anfingen zu tränen. Die Aura betäubte meine Muskeln, meine Nerven und meine Sinne und jedes Mal wenn sie ein Teil von mir verschlang, fühlte es sich als ob jemand mir tausend Nadeln in den Körper hauen wurde. Irritiert über diesen Angriff, versuchte ich die Lage zu begreifen. Jedoch der unerträgliche Schmerz, hat jeden Gedankenprozess unterbrochen. Mein Verstand flüchtete langsam aus meinem Körper und meine Augen selbst fingen an zu brennen. Quälend versuchte ich langsam meine Augen zu öffnen um einen Ausweg zu finden. Irritiert und beängstigt stellte ich fest, dass meine Sicht langsam verschwand. Ich konnte nichts sehen. Ich war blind. In dem Moment, wo mir bewusst wurde in der tiefen Dunkelheit, dass mein Körper von meinem Verstand getrennt war, und dass alle meine Sinne nicht mehr funktionierten, tauchten zwei Stimmen in meinem Kopf.

Sie lachten.

Laut, teuflisch, gespenstig. So hörte es sich an. Aber es waren nicht meine Ohren, die dieses Lachen aufnahmen, sondern mein Verstand. Mein Geist!

„Arme Aurora Felco! Du wirst uns jetzt nicht aufhalten können.", erkannte ich Vanessas Stimme.

„Du bist diesem Zauber bereits gefallen bevor du es verstehen konntest.", hallte Emanuelas Stimme in der Dunkelheit.

Ich wollte brüllen, schreien, weinen und gleichzeitig ihnen den Kopf vom Leib abreißen. Verzweifelt wollte ich die Worte laut aussprechen, die mir auf der Seele saßen. Was war das für ein verflixtes Zauber, das sie gegen mich benutzt haben? Was für eine schreckliche Weise zu sterben! Wie haben sie mich hier gefunden?

„Wir werden dir etwas beichten Aurora.", hörte ich wieder Emanuela sprechen. Ihre Stimme klang amüsiert, begeistert, zufrieden. Alles was ich gerade überhaupt nicht empfand. „Kurz nach dem du diese pathetische Hexenschüler befreit hast, haben Vanessa und ich dich vergiftet mit unserer Magie. Diesen Giftzauber haben wir uns Zwei extra für dich entworfen. Ich hoffe es gefällt dir. Wir können nun problemlos weiter machen ohne, dass du dich einmischst! Wer hätte gedacht, dass die größte Schwäche der Hexagonistin ist ihr gutes, goldenes Herz. Ihre Gutmutigkeit anderen zu helfen, macht sie blind für Fallen!" In diesem Moment prallte eine starke Magiewelle gegen mich. Ich hätte nie geglaubt, dass die Dunkelheit um mich herum noch dunkler werden konnte. Ich wollte atmen, jedoch dieser Zustand in dem ich schwebte erlaubte es mir nicht. Ich wollte mich bewegen, die Augen öffnen, die Welt sehen, flüchten...alles war unmöglich. Ich war eingesperrt in einem Käfig. Mein Geist war gefangen in einem fatalen Zustand zwischen Leben und Tod.

„Bis nimmer wieder sehen.", lachte nun Vanessa und mit einem letzten Magieschlag riss sich mein Geist in tausenden Stücken.  

Die Hexagonistin 3 - Im Rande des LichtesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt