Die untergehende Sonne schien direkt in meine Augen. Wir waren gerade in Grenzstadt 14 angekommen. Einer Grenzstadt die ich leider schon kannte und nicht mit den besten Erinnerungen verlassen hatte. Bis auf dem violetten Himmel, waren wir umringt von Braun. Kaputte Häuser überall um uns herum. Meist schlicht gekleidete Händler an so ziemlich jeder Ecke. Auch viele Soldaten in brauner Uniform. Der Boden bestand nur aus hell braunen Sand.
Als ich das letzte Mal hier gewesen war, war mir nie aufgefallen, wie verwest selbst das Stadtinnere war. Wie alles in sich zusammen zu fallen schien. Wie es nach Dreck, Schweiß und noch übleren Sachen roch. Wie in den meisten Gesichtern Verzweiflung stand.
Mein Leben in den letzten Wochen stand in einem direkten Kontrast zu diesem Elend. Damals hatte ich fast perfekt hier hin gepasst. Jetzt zog ich mit meiner sauberen, dunkelgrünen und reichlich verzierten Uniform alle Blicke auf mich. Azad wäre aus dem Scheinwerferlicht verschwunden. Ohne jegliche Spur. In wenigen Sekunden wäre Azad untergetaucht. Azail dagegen badet in dem Blicken. Azail richtet sich auf und schreitet mit hoch erhobenen Kopf durch die Menschenmenge um ihn herum. Jeder soll Azail wahrnehmen.
Ich wollte das Erste, doch Xanders Blick im Nacken bewegte mich zum Letzteren. Also ließ ich die Straße runter zu unserer hiesigen Unterkunft. Dem einen Gebäude aus Stein. Strahlendes weiß in mitten von verwaschenen braun.
Die Unterkunft des ansässigen Statthalter. Dieser wartete schon vor dem Tor seines Anwesens. Er war ein kleiner, fetter Mann. Ohne Haare, aber mit einem Schnurrbart. Seine Kleidung viel zu bunt für die Stadt in der er lebt und die er vertritt.
Xander und ich stoppten kurz vor dem Mann, der mir kaum zu dem Schultern reichte. Neben ihn fühlte ich mich wie ein Riese, ganz besonders da ich in der letzten Zeit nur von großen Personen umgeben gewesen war. Der Mann reckte seinen Kopf zu mir hoch und lächelte mich höflich an. Seine Augen dagegen waren ziemlich schnell zu meinen Narben gewandert, welche er sowohl interessiert als auch leicht verstört zu betrachten schien. Ich selbst lächelte nicht zurück.
"Herr Kofin. Es ist wie immer eine Freude Sie hier zu besuchen", begann Xander und trat hinter mir hervor. Er beugte sich leicht und schüttelte ihm sehr enthusiastisch die Hände.
Es war, als hätte der Mann erst dann Xander bemerkt und blickte ihn an. "Xander, ich hatte nur mit den jungen Herr Mesri gerechnet. Es ist mir eine Freude, dass du auch gekommen bist."
"Der junge Herr kennt sich noch nicht mit seinen Aufgaben aus, weshalb ich ihm vorerst ausreiche. In Zukunft werden Sie jedoch vermutlich nur mit ihm auskommen."
Der kleine Mann dreht seinen Kopf zurück zu mir, als Xander seine kleinen Hände endlich losgelassen hatte. Ich nickte ihn kurz zu. Der Mann musste sich offensichtlich bemühen, sich nicht deswegen zu beschweren. Sein Mund hatte sich für kaum eine Sekunde merkbar nach unten verzogen, doch er schaffte es recht schnell wieder zu lächeln. "Würden die Herren mir folgen. Ich habe extra für Sie ein Festessen vorbereiten lassen."
"Ich habe kein Hunger", log ich. Tatsächlich hatte mein Magen nur wenige Momente vorher leise geknurrt, doch ein Festmahl war das letzte was ich wollte. "Verteile das Essen an die armen Leute da draußen. Die sehen aus, als ob sie bald verhungern. Wir haben wichtiges zu bereden und ich will das hinter mich bringen."
Ich spürte Xanders Blick auf meinem Rücken, als ich an den Beiden vorbei durch das Tor schritt. Ich konnte jedoch Xanders Blicke recht gut deuten ohne sie wirklich zu sehen. Er schien tatsächlich mehr überrascht als verärgert. Wenn ich mich nicht irrte, hörte ich ihn sogar in sich hineinlachen. Der Mann folgte mir direkt und befahl seinen Wachen schnell, das was ich ihm nur kurz vorher befohlen hatte. Irgendwann hatte er mich schließlich eingeholt und brachte mich zu einem großen Büro in dessen Mitte ein Modell der Grenzregion mitsamt der Stadt und dem naheliegenden, mittlerweile recht kleinen Militärlager. Es nahm den gesamten Tisch ein. An den Wänden hingen mehrere Pläne, Berichte, Inventarlisten.

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Lynx&Lion - The Elite
Teen FictionBand 2 der Lynx&Lion- Reihe ________________________ Lucien und Azad verfolgen immer noch den selben Plan: Den Sturz der Elite. Doch sie stehen nun auf unterschiedlichen Seiten. Während Lucien die Rebellion verlassen hat und zur Elite zurückgekehrt...