[7] Red Jealousy

201 25 103
                                    

Und ein gutes Jahr beginnt man grundsätzlich mit Ryeji.~

Songempfehlung des Tages: Gas me up by Itzy, hehe.
~Cookie

~~~

Lautes Geschrei kündigte die Ankunft der Sportler in der Caféteria an. Wie immer mussten sie die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich ziehen und eine Show präsentieren, über die man nur den Kopf schütteln konnte. Auch ich verdrehte meine Augen. Wenngleich - oder gerade weil - mein Bruder Teil dieser Jungs war, verstand ich keinesfalls den Sinn hinter solchen Auftritten. Dass sie aber mehr Talent im Sport als Grips in der Birne hatten, war unübersehbar.

Die Cheerleaderinnen, die wie jeden Tag bei mir am Tisch saßen, quietschten freudig auf und schauten mit großen Augen verträumt zu den muskulösen Sportlern, welche sich auf uns zubewegten. Als die offiziellen Hauptsportgruppen der Schule verbrachten wir jede Mittagspause gemeinsam, besaßen sogar einen eigenen Tisch, an den sich niemand sonsf setzte. Wie ein eigenes Herrschaftsgebiet, ein Territorium. Und kein Fremder wagte es einzudringen.

Außer Jisu.

"Hey, Mädels. Na, wie ist das heutige Essen so?~", fragte Yeonjun breit grinsend, als er sich an dem Tisch niederließ. Seine Haare waren noch nass, er hatte wohl ebenso wie die anderen Jungs nach dem Sportunterricht gerade geduscht und natürlich musste er sich sofort wieder aufspielen. Aber nicht nur er. Die anderen Sportler taten es auch. Bis auf Hyunjin, der hielt sich vernünftigerweise jederzeit zurück und war wahrscheinlich aus genau diesem Grund der Schwarm der meisten Schülerinnen und Anführer dieser Chaoten. Jisu stupste mich an und zog mich somit aus meinen Gedanken, machte sich mit einer kurzen Augenbewegung über das Verhalten der Jungs lustig. Ich musste grinsen, was ich hinter meiner Hand verbarg, ehe ich ruhig weiteraß.

Die Mittagspausen waren definitiv äußerst interessant. Sie gaben uns das Gefühl, besonders zu sein und unerreichbar, wie die Könige dieser Schule. Und ganz oben an der Spitze saßen mein Bruder und ich. Die Hwang-Geschwister.

"Hyunjin-Oppa, magst du mir Nachhilfe in Englisch geben?" Wonyoungs Stimme war die Einzige, die mir von den eben entstandenen Gesprächen ins Ohr drangen und unauffällig beobachtete ich meinen Bruder und seine Reaktion. Meine Cheerleaderinnen wollten andauernd etwas von ihm, aber immer fand er eine neue Ausrede.

"Ich glaube, da solltest du lieber Felix fragen. Ich bin noch lange nicht so gut wie er", versuchte Hyunjin sie sofort abzuwimmeln. Schmunzelnd stellte ich fest, wie mein Bruder verlegen wurde, unsicher über sein Lieblingsfach. Das war irgendwie niedlich. Ich wusste immerhin ganz genau, wie sehr er es liebte, mit Felix auf Englisch zu reden und diese Sprache zu üben. Kein Wunder, dass er dann lieber ihn empfahl, als selbst den Lehrer zu spielen. Aber er konnte doch dem armen Felix nicht seine Fans antun.

"Oooh, Yeji, ich muss dir noch von etwas erzählen." Ich drehte meinen Kopf zur Seite, als meine beste Freundin mich grinsend anstupste. Sie riss mich mal wieder ganz aus meinen Gedanken und mit Freuden blendete ich die gefälscht freudigen Gespräche und die gezwungene Freundlichkeit aus, damit ich mich auf Jisu konzentrieren konnte.

"Was gibt's?"

"In drei Monaten ist der Sommerball, erinnerst du dich? Passend zum Ende des Schuljahres. Uuund als stellvertretende Schülersprecherin ist mir das Kommando über die Vorbereitungen überlassen worden", erzählte sie aufgeregt, weshalb ich ihr bereits gratulieren wollte. "Aber weil du deutlich besser in sowas bist als ich, überlasse ich dir diese Ehre. Natürlich stehe ich dir für alles zur Verfügung, aber ich wäre dir uneeeeendlich dankbar, wenn du den Ball organisierst."

Für einen Moment blinzelte ich perplex und starrte das unschuldig dreinblickende Mädchen an, als hätte sie mir soeben erzählt, ich müsste mit meinem Bruder ausgehen.

"Ich soll was?"

"Biiiiiitte, Yeji! Deine Geburtstagsfeiern waren immer die schönsten und du hast einfach ein Auge für Details! Ich weiß, du hasst Verantwortung für große Veranstaltungen, deshalb bin ja auch ich im Schülerrat und nicht du. Aber du kannst das! Ganz sicher!", versuchte sie mich mit leuchtenden Augen zu überzeugen. Schwer seufzte ich auf, sie war wirklich eine lebende Katastrophe und wahrscheinlich die faulste Schülersprecherin, die ich kannte. Und trotzdem stimmte ich ihr zu, wohl wissend, dass ich es wahrscheinlich bereuen würde. Andererseits könnte es mich von gewissen Menschen ablenken.

Wenn man vom Teufel sprach, da kam er schon.

Shin Ryujin.

Augenverdrehend beobachtete ich, wie sie sich gemeinsam mit Chaeryeong einen Platz zu suchen schien, als die Sportler plötzlich nach ihr riefen.

"Ryujin.~ Du bist offiziell im Basketballteam, da kannst du auch zu uns sitzen, du musst dich nicht zu den Strebern verziehen!" Dass Chaeryeong eigentlich Cheerleaderin war und normalerweise auch bei uns saß, hatten sie offenbar vergessen. "Na komm, du musst in unsere Insider eingeweiht werden.~"

"Entschuldige, Jungs, aber ich bevorzuge es, mit Chaeryeong allein zu essen. Ist süß von euch, wirklich, aber nein danke", erwiderte Ryujin. Sie trug ein unschuldiges Lächeln auf den Lippen, als sie sich wieder mit Chaeryeong abwandte und zu einem freien, ruhigeren Platz bewegte. Sämtliche Augen waren dabei auf sie gerichtet, denn für gewöhnlich wies niemals jemand ab, wenn er an den Sportlertisch gerufen wurde. Sogleich ging Getuschel durch die Reihen und sie alle starrten Ryujin an, als hätte sie eine heldenhafte Tat vollbracht.

Ich kochte innerlich vor Wut.

Wie zur Hölle schaffte dieser Teufel es nur, die ganze Aufmerksamkeit so problemlos auf sich zu ziehen und wie ein strahlender Engel hinauszutreten? Oh, ich wollte sie fallen sehen, wollte sie verbrennen sehen. Tief, bis in die Flammen des Fegefeuers.

Doch dann stand auf einmal Jisu auf:
"Ich muss wieder zurück, der Schülerrat hat gleich 'ne Besprechung. Danke nochmal für's Übernehmen der Planung, du bist ein Schätzchen. Bis später.~" Fröhlich verabschiedete sie sich bei mir, während ich nur meine Hand hob und kurz lächelte. Sie erwiderte dies grinsend und hob ihr Tablett an, stolperte dabei aber über eine Schultasche und wäre beinahe in voller Länge hingefallen, hätte mein Bruder sie nicht aufgefangen. Die Cheerleaderinnen verfielen schlagartig ins Schweigen und sahen mit ungläubigen Augen zu diesem äußerst interessanten und amüsanten Geschehnis.

Perplex schaute Jisu meinen Bruder an, der direkt rot anlief und ich musste mich stark zurückhalten, nicht anzufangen zu lachen. Damit würde ich sie noch ihr Leben lang aufziehen, oh verdammt, davon hätte ich ein Foto machen sollen. Doch als ich mein Handy ergriff, war es bereits zu spät.

"Du hast gute Reflexe und einen echt festen Griff, Hyunjin. Es wundert mich immer noch, wie du single sein kannst. Bei Yeji versteh ich ja, dass sie hohe Ansprüche hat, aber bei dir?" Kurz blickte sie nachdenklich in die Luft, ehe sie die Tomate, die sich Hyunjin nannte, frech angrinste und dann eilig aus dem Staub machte. Hyunjin hingegen wurde schützend zwischen seine Jungs gezogen und nun musste ich doch leise kichern. Damit war meine Stimmung wohl wieder gerettet.

Doch gerade, als ich mein Tablett etwas aufräumte, um es ebenfalls wegzubringen und mich in den Aufenthaltsraum für Hausaufgaben zu verziehen, vernahm ich meinen Namen und keine Sekunde später auch den von Ryujin. Sofort wurde ich hellhörig und unauffällig lauschte ich dem Männergespräch der Basketballer, die die Lästerstunde der Cheerleaderinnen für sich selbst nutzten.

"Jisu hat nicht unrecht, Yeji ist hart zu kriegen."
"Nicht nur sie. Ryujin ist auch 'ne harte Nuss zu knacken."
"Man will sie auch nicht knacken." Huch, Yeonjun? Interessant... was hattest du denn gegen Ryujin?
"Doch, da hätte ich schon Bock drauf. Wieder dieselbe Wette?"
"Wer sie zuerst im Bett hat?"
"Bin dabei."
"Ich auch."

Mein Bruder konnte wohl von Glück sprechen, dass er sich bei diesem Gespräch nicht beteiligt hatte, sonst hätte es Ärger gegeben. Etwas angewidert verzog ich mein Gesicht und richtete mich schließlich doch auf. Wieso mussten Jungs immer nur so schwanzgesteuert sein? Es war zum Verzweifeln. Und dann wunderten sich tatsächlich noch Schüler, wieso ich niemanden daten wollte. Tja, stell' mir jemanden vor, der auch ohne seinen Schwanz denken kann und kein verklemmter Streber ist.

Augenverdrehend verließ ich die Mensa. Welch' ein Glück, dass dies das letzte Schuljahr war.

Blue Flames ★ RyejiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt